Alles so voller Zahlen hier

Die Corona-Krise hat für massives Wachstum gesorgt – nämlich bei den Studien. Damit waren und sind viele Redaktionen überfordert.

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Monitorwand mit Zahlenkolonen

„Wissenschaft, das ist mal die Kraft, die für das Volk das Wissen schafft.“ Der alte Sponti-Spruch aus den 1970er-Jahren gilt noch immer. Erst recht in Krisenzeiten. Denn in diesen Zeiten müssen auch Wissenschaftler sehen, wo sie bleiben. Und entsprechend werfen sie Studie auf den Markt. Als Teil der Politikberatung sind die auch entsprechend nachgefragt. Und so lässt sich zu jeder politischen Entscheidung und zu jeder noch so abseitigen Meinung eine entsprechend verwendbare Studie finden. Dabei gibt es nur ein Problem: Journalisten können in viel zu vielen Fällen damit nicht umgehen.

Im Herbst 2020 war Matthias Daniel, Chefredakteur der Medienfachzeitschrift „Journalist“ einem ganz dicken Ding auf der Spur. Auf Twitter warb er für den Aufmacher seines Blattes: „Die Volontär*innen der ARD sind überwiegend weiblich, wählen grün und haben studiert. Warum ist das so?“

Im Beitrag selbst teilten die drei Autoren dann dem geneigten Leser unter der Zwischenüberschrift „Lieblingsfarbe Grün“ mit, dass die politischen Machtverhältnisse in Deutschland sich dramatisch verschieben würden, wenn bei der nächsten Bundestagswahl nur die Volontärinnen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wählen dürften. Die würden nämlich mit 57,1 Prozent die Grünen wählen. Die Linke käme auf 23,4 Prozent, die SPD auf 11,7, die CDU auf magere 2,6, die FDP auf 1,3.

„92 Prozent für Grün-Rot-Rot“, echauffierte sich daraufhin zum Beispiel Rainer Haubrich in einem „Welt“-Kommentar und schlussfolgerte: „Wenn die ARD so weitermacht, herrscht in deren Redaktionen bald eine Vielfalt wie beim chinesischen Volkskongress.“