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Qualität von Krankenhäusern: Was bedeuten die Zertifikate im Bundes-Klinik-Atlas?
Krankenhaus-Qualität im Netz: Wie gut ist der Bundes-Klinik-Atlas inzwischen?
Im neuesten Update zeigt das Portal an, welche aussagekräftigen Zertifikate ein Krankenhaus besitzt. Vergleichende Daten zu Komplikationen fehlen aber nach wie vor.

Ein knappes Jahr nach dem Start hat der Bundes-Klinik-Atlas Ende März sein inzwischen drittes Update erhalten. Das Verzeichnis soll Patient*innen helfen, das für sie passende Krankenhaus auszuwählen und dabei auch die Qualität zu vergleichen. Der Bundes-Klinik-Atlas ist Teil einer umfassenden Krankenhausreform, die derzeit umgesetzt wird.
Beim Launch im Mai 2024 hat die damalige Fassung des Bundes-Klinik-Atlas viel Kritik auf sich gezogen. Was hat sich inzwischen verändert und wie gut erfüllt das Portal seinen Zweck?
Welche Neuerungen es beim Bundes-Klinik-Atlas gibt
In seiner ersten Fassung konnten Interessierte im Bundes-Klinik-Atlas sehr breit nach Diagnosen und Operationscodes suchen. Fachleute bemängelten daran jedoch, dass die Darstellung für Menschen ohne medizinische Fachkenntnisse zu komplex und schwierig zu bewerten sei.
In einem Update im Juni 2024 passte das Bundesgesundheitsministerium die Darstellung radikal an. Seither stehen nur noch ausgewählte Behandlungsanlässe beziehungsweise Eingriffe für die Suche zur Verfügung. Ein späteres Update aktualisierte die Datenbasis.
Nach wie vor zeigt das Portal für den ausgewählten Eingriff die Anzahl der behandelten Patient*innen, also den Erfahrungsumfang. Wenn für die Behandlung festgelegt ist, dass nur Krankenhäuser mit bestimmten Behandlungszahlen den Eingriff vornehmen dürfen (Mindestmenge), ist das auch im Bundes-Klinik-Atlas ersichtlich. Zusätzlich beschreibt der Atlas, wie viel Pflegepersonal das Krankenhaus beschäftigt.
Zertifikate sind im Bundes-Klinik-Atlas zwar schon seit Beginn enthalten. Sie sollen signalisieren, dass ein Krankenhaus bestimmte Kriterien erfüllt. Herausgegeben werden solche Zertifikate von verschiedenen Organisationen. Dazu gehören etwa medizinische Fachgesellschaften oder übergeordnete Institutionen wie die Deutsche Krebsgesellschaft.
Seit der letzten Aktualisierung werden im Bundes-Klinik-Atlas jedoch nur noch Zertifikate und Qualitätssiegel aufgeführt, die das Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) als so aussagekräftig bewertet hat, dass sich Patient*innen darauf verlassen können. Das IQTiG hat verschiedene Aufgaben bei der Qualitätssicherung der medizinischen Versorgung. Für den Bundes-Klinik-Atlas sammelt und prüft es die Daten, die im Portal dargestellt werden.
Was ein Zertifikat aussagekräftig macht
Wenn eine Klinik ein Zertifikat besitzt, bedeutet das nicht automatisch eine hohe Qualität. Denn das hängt davon ab, wie Zertifikate und Siegel im Einzelfall konzipiert sind und wie sie überprüft werden. Negativbeispiele sind etwa Ärztelisten „TOP-Mediziner“. Diese stufte ein Gericht sogar als „irreführend“ ein, weil die Siegel nach Einschätzung des Gerichts nicht sachgerecht geprüft werden und die Kriterien dafür nicht objektiv nachvollziehbar sind. Auch bei Internet-Websites zu Gesundheitsthemen sind Siegel keine Garantie für inhaltliche Richtigkeit.
Aus diesem Grund hat das IQTiG für die Bewertung von Krankenhaus-Zertifikaten eine Liste mit 17 Kriterien erstellt. So dürfen etwa die Anbieter die Zertifikate für längstens drei Jahre vergeben, um zu gewährleisten, dass die Bewertungen aktuell sind. Das Zertifikat soll so gestaltet sein, dass aktuelles medizinisches Wissen aus wissenschaftlichen Studien und Leitlinien die Grundlage bildet. Die Anforderungen für ein Zertifikat sollen zudem im Internet veröffentlicht sein und die zertifizierende Organisation muss eine Liste der zertifizierten Einrichtungen online publizieren. Auch dürfen die Organisationen die Zertifikate nur vergeben, wenn sich unabhängige und qualifizierte Prüfpersonen vor Ort davon überzeugt haben, dass die Anforderungen erfüllt sind.
Dass diese keine trivialen Anforderungen sind, zeigt die Bilanz der ersten Bewertungsrunde: Von 129 geprüften Zertifikaten bewertete das IQTiG nur 57 als aussagekräftig, also weniger als die Hälfte. Dazu gehören etwa die Zentren für verschiedene Krebserkrankungen, die die Deutsche Krebsgesellschaft zertifiziert, aber auch das Zertifikat „Stroke Unit“ für besonders qualifizierte Einrichtungen, die Schlaganfälle versorgen, oder „EndoProthetikZentrum“ für Operationen zum Gelenkersatz an Hüfte oder Knie. Demnächst sollen weitere Zertifikate bewertet werden.
Was Zertifikate nicht aussagen
Im Bundes-Klinik-Atlas finden sich allerdings nur die Zertifikate, die die Kliniken selbst melden. Wenn sie das versäumen, sind die Angaben also unvollständig.
Das IQTiG weist auch darauf hin, dass es Unterschiede gibt, was genau die Zertifikate bescheinigen: Einige konzentrieren sich auf bestimmte Voraussetzungen für eine gute Behandlung, etwa wie viel Erfahrung die operierenden Mediziner*innen haben oder wie gut bestimmte Beratungsprozesse ablaufen. Dass die Kliniken tatsächlich bessere Behandlungsergebnisse erzielen, ist dagegen nicht in allen Zertifikaten und Qualitätssiegeln abgebildet.
Wie andere Krankenhaus-Portale Zertifikate darstellen
Im Bundes-Klinik-Atlas sind die Zertifikate deutlich besser dargestellt als bei anderen Krankenhaus-Portalen. So bilden etwa der AOK-Gesundheitsnavigator und der TK-Klinikführer nur die Zertifikate der Deutschen Krebsgesellschaft ab.
Das Deutsche Krankenhaus-Verzeichnis nennt auch andere Zertifikate, allerdings finden Nutzer*innen die nur sehr versteckt unter einem Link mit der kryptischen Bezeichnung „Teilnahme an sonstigen Verfahren der externen vergleichenden Qualitätssicherung“. Außerdem sind dort Zertifikate und Teilnahmen an sonstigen Maßnahmen zur Qualitätssicherung, etwa Register oder besondere Auswertungen, etwa zu Infektionen bei Operationen, ohne Unterscheidung aufgeführt. Das dürfte für die meisten Patient*innen wenig durchsichtig sein.
Welche Informationen im Bundes-Klinik-Atlas noch fehlen
Nach wie vor fehlen im Bundes-Klinik-Atlas die Angaben zu den Qualitätssicherungsverfahren, zu denen die Kliniken seit vielen Jahren Daten erheben und die in den anderen Krankenhaus-Portalen abgebildet sind. Dazu gehören etwa Informationen dazu, wie häufig bei Brustkrebs eine Nachoperation nötig ist, weil der Tumor im ersten Versuch nicht vollständig entfernt wurde, oder wie häufig ein Hüftgelenk wegen Problemen ausgetauscht werden muss. Ursprünglich sollten diese Daten bereits im 4. Quartal 2024 bereitgestellt werden, aktuell ist von „2025“ die Rede.
In diesem Jahr sollen laut Angaben auf der Website auch weitere Daten in den Bundes-Klinik-Atlas kommen, die im Zuge der Krankenhausreform entstehen: Dazu gehören die Zuordnung der Krankenhäuser zu Leistungsgruppen für bestimmte Behandlungen sowie die Level-Einstufung je nach Ausstattung und Angeboten der Klinik. Weil die Krankenhausreform später als ursprünglich geplant verabschiedet wurde, haben sich allerdings auch die Vorbereitungen für die Leistungsgruppen verzögert. So haben die Bundesländer bis Oktober 2026 Zeit, die Leistungsgruppen verbindlich zuzuweisen. Wann sich die Angaben also tatsächlich im Bundes-Klinik-Atlas finden werden, ist derzeit offen.