Mein Leben im Öko-Untergrund
Kampf den Petunien! Friede den Unkräutern! Wie ich zur Guerilla-Gärtnerin wurde
Mein geheimes Leben als Ökoguerillera begann vor etwa sechs Monaten. Im Jahr zuvor war die Krefelder Studie veröffentlicht worden, die belegte, was jeder, der seine sieben Sinne beisammen hat, eigentlich schon lange geahnt hatte: dass die Insekten verschwinden. Und mit ihnen die Vögel, Reptilien, Fledermäuse, die sich von ihnen ernähren. Bis zu 75 Prozent Rückgang an Biomasse in den letzten 30 Jahren!
Die Krefelder-Insektenstudie traf mich wie ein Schock.
Ich erinnerte mich, dass ich früher, wenn ich über eine Wiese ging, mit jedem Schritt rechts und links die Grashüpfer aufgescheucht hatte. Jetzt, so mein Eindruck, kickte ich höchstens noch ein paar weggeworfene Zigarettenstummel in die Höhe. Und wie lange war es her, dass ich mit Bedauern auf die vielen Motten und Nachtfalter geblickt hatte, die zum kollektiven Selbstmord in die Glühlampen der Straßenlaternen flogen? Heute schwärmt kaum noch etwas im Lichtkegel der Laternen.
Auf einmal wurde mir der Mangel überall schmerzlich bewusst. Wann hatte ich zuletzt einen anderen Schmetterling gesehen als die unverwüstlichen Kohlweißlinge? Wo waren sie, all die Käfer meiner Kindheit? Ich fing an, jede vorbeifliegende Biene oder Hummel mit besorgten Blicken zu verfolgen. Würde sie auch genügend Nahrung finden? Jede noch so nervtötende Stubenfliege wurde nicht mehr mit der Zeitung erschlagen, sondern sorgsam nach draußen befördert: Flieg, Vogelfutter, flieg! Als ich anfing, auch Mücken im Schlafzimmer mit dem Aquarienkescher einzufangen, um ihr Leben zu schonen, begann meine Familie, mich für wunderlich zu halten. Dabei war das erst der Anfang.
Ich machte mir ernstlich Sorgen um die Kohlmeisen und Mauersegler meiner Umgebung, die Rotkehlchen und das Pärchen Klappergrasmücken, das in dem kleinen Park gegenüber brütete – würden sie ihre Jungen überhaupt noch groß bekommen ohne Insekten?
Ich begann, meine Umgebung systematisch nach insektenfeindlichen Strukturen zu scannen. Und wurde überall fündig. Natürlich wusste ich, dass die Hauptursache für das Insektensterben bei der intensiven Landwirtschaft liegt. Sie lässt keinen Raum mehr für die Natur. Ein einziger deutscher Apfel wird von der Blüte bis zur Ernte bis zu 20 Mal mit Insektiziden, Herbiziden und Fungiziden gespritzt, Weintrauben bekommen zwölf, Kartoffeln zehn Pestizidduschen ab. Kunstdünger- und Güllemassen führen dazu, dass zahlreiche Insektenfutterpflanzen auch abseits von Agrarflächen durch schnellwachsende Gräser überwuchert werden.
Aber nicht nur die Landwirte sind verantwortlich für das Verschwinden der Insekten.
Je mehr ich darauf achtete, desto stärker fiel mir auf, wie unendlich aufgeräumt die Gärten und Parks meiner Umgebung sind. Keine Krusch-Ecken, keine Laubhaufen, keine Mäuerchen mit Ritzen. Ein deutscher Garten, das bedeutet gepflegte Rasenflächen und Koniferen, soweit das Auge reicht. Der Deutschen liebste Blumen sind Geranien, Fuchsien und Petunien, und ausgerechnet die sind allesamt völlig wertlos für bestäubende Insekten: Entweder produzieren sie keinen Pollen oder Nektar, oder dieser ist in den hochgezüchteten Blüten so tief verborgen, dass die Tiere ihn mit ihren Rüsseln nicht erreichen können. Zwar blüht es überall in der Stadt, vor allem im Mai und Juni. Doch auf ein paar halb zertretenen Kleepflanzen am Wegesrand tummeln sich mehr Bienen als an einem ganzen Balkonkasten voller handelsüblichen Blumen aus dem Gartencenter.
Und nachdem ich mich selber ein Frühjahr lang mit mäßigem Erfolg abgemüht hatte, auf meinem Balkon Baumarkt-Blühpflanzen mit dem Etikett „bienenfreundlich“ anzupflanzen, musste ich neidvoll feststellen, dass mir vor meiner Haustür auf einer von Autos umtosten Verkehrsinsel ein wahres Bienenwunder die Show stahl: Ein blau blühendes Unkraut namens Natternkopf. Struppig und trocken – doch an den rosa und lilafarbenen Blüten kämpften Dutzende von Hummeln und Wildbienen um die besten Plätze.
Heimische Wildpflanzen, lernte ich, von Gartenbesitzern landläufig Unkraut genannt, sind nicht nur die wichtigsten Nektarlieferanten für Bienen, Wildbienen und Schwebfliegen – sie dienen auch anderen Insekten wie Schmetterlingsraupen oder Käfern als Nahrung. Leider werden sie überall vom Menschen verdrängt, ausgerissen, vergiftet. Und die nächste ernüchternde Erkenntnis folgte auf dem Fuße: Die Globalisierung hat längst auch die Natur erfasst. Die Hälfte der vermeintlichen heimischen Wildpflanzen sind gar keine, sondern verwilderte Gartenpflanzen, die irgendwann einmal vom Menschen aus anderen Weltregionen eingeführt wurden.
Das häufigste „Unkraut“ in meinem Garten, eine Pflanze mit winzigen knopfartigen weißen Blüten, wird auch Franzosenkraut genannt, weil es zur Zeit Napoleons erstmals in deutschen Gärten auftauchte. Und die kanadische Goldrute, die ganze Landstriche rund um Berlin – nun endlich doch – in blühende Landschaften verwandelt, stammt, wie schon ihr Name sagt, aus Nordamerika und wurde im 17. Jahrhundert als Schmuck für die Pariser Gärten eingeführt. Von dort breitete sie sich über Bahndämme und Wegränder in ganz Europa aus. In ihrer Heimat hat sie fast 300 Fressfeinde, in Deutschland bis heute keinen einzigen. Kein Wunder, dass sie sich ungebremst vermehrt und andere, ökologisch nützliche Wildpflanzen verdrängt. Die Evolution, erzählte mir ein befreundeter Biologe, braucht lange, um sich auf Veränderungen einzustellen. Zu lange, als dass heimische Insekten sich an die neue Pflanze als Nahrung gewöhnen könnten.
Mein Entschluss stand fest: Ich musste etwas tun.
Ich wohne in der Innenstadt von Berlin in einem Mehrfamilienhaus, insofern sind meinen gärtnerischen Möglichkeiten enge Grenzen gesetzt. Doch da unsere Wohnung im Erdgeschoss liegt, habe ich das Glück, einen handtuchgroßen Garten mein Eigen zu nennen. Schon vor Jahren hatte ich dort einen Pflaumenbaum gepflanzt: er kränkelte im dunklen Innenhof, aber er war mein ganzer Stolz, den ich hegte und pflegte: mein Schatz. Längst hatte ich meine sechs Quadratmeter von allem Petunienartigem befreit.
Ich pflanzte eine Schlehe, die leider kümmerte und ließ in der Ecke ein paar Brennesseln stehen, in der Hoffnung, dass die Raupen des Tagpfauenauges einziehen würden. Ich säte in Kübeln bienenfreundliche Wildblumen aus, setzte im Hof Astern und Storchschnabel, ließ Taubnesseln und Gundermann stehen, verschenkte an die Nachbarn zum Geburtstag nur noch Balkonkräuter, die auch im Spätsommer noch blühen.
Florfliegenlarven aus dem Internet
Natürlich hängte ich ein Insektenhotel auf: Jedes Tier mit mindestens sechs Beinen sollte mir willkommen sein. Doch was kam, und zwar zu Tausenden, waren Blattläuse. Sie fielen bösartig über meinen Pflaumenbaum her und begannen, ihm das Leben auszusaugen. Sie durch Gift zu bekämpfen, kam natürlich nicht in Frage. Ich bestellte im Internet über einen Nützlings-Versand lebende Larven von Florfliegen, Marienkäfern und Schlupfwespen – allesamt natürliche Feinde der Blattläuse. Listig dachte ich mir: Wenn sie erst ihren Job erledigt hätten, könnten sie immer noch als Vogelfutter dienen.
Zu dieser Zeit, im Juni, fing ich an, meinen begehrlichen Blick über den ganzen Hof schweifen zu lassen, in dem Kirschlorbeer als Sichtschutz und pflegeleichte immergrüne Bodendecker dominierten. Unmerklich begann ich, meine sechs Quadratmeter immer großzügiger auszulegen: Da noch ein Pflänzchen, hier noch ein Blümchen ins Nachbarbeet. Der Gundermann schickte sich an, die Rasenfläche des Innenhofes zu überwuchern. Ich ließ die Brombeerranken am Zaun stehen und tauschte peu à peu das Immergrün gegen Waldmeister und Braunelle aus: Immer nur so viel, dass es nicht auffiel.
Mein Leben im Untergrund begann, als meine Schwester aus der Schweiz zu Besuch kam. Wir gingen im Wald spazieren. Sie zeigte mir ein paar kleine Büsche: Kornelkirsche, ein heimisches Hartriegel-Gewächs mit attraktiven roten Ästen. Diese Pflanze blühe in hübschen gelben Blüten schon ganz früh im Jahr und sei daher für die ersten Insekten eine enorm wichtige Nahrungsquelle. Leider werde statt der Kornelkirsche in den Gärten als Frühblüher immer nur die ursprünglich aus Asien stammende Forsythie gepflanzt. Deren Blüten produzierten keinen Nektar und seien ökologisch völlig wertlos. Die Kornelkirsche biete dagegen so vielen Arten Nahrung und Lebensraum, sagte meine Schwester, dass sie in der Schweiz „Tierli-Baum“ genannt werde.
Ich war elektrisiert. Tierli-Baum!
Schon der Name war Verheißung. Ich ging am nächsten Tag in eine Baumschule und kaufte zehn kleine Kornelkirschen. Zwei setzte ich in Töpfe und stellte sie in den Hof. Ich blickte mich um. Unmöglich konnte ich meine sechs Quadratmeter mit Tierlibäumen zupflanzen. Also nahm ich einen Spaten, wartete auf die Dämmerung und pflanzte die restlichen acht in die umliegenden öffentlichen Parks. Ich passte auf, dass mich möglichst niemand sah – natürlich ist es nicht erlaubt, öffentliche Flächen nach eigenem Gutdünken zu gestalten. Ich tat es dennoch und ging mit einem Hochgefühl nach Hause: Ich hatte den Forsythien und Geranien dieses Landes den Krieg erklärt! Der erste Schritt in die Illegalität war getan.
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Der Paketdienst ließ sich Zeit. Als die Florfliegen- und Marienkäferlarven nach zehn Tagen endlich in kleinen Pappgefäßen ankamen, waren nur noch wenige der Tiere am Leben. Die waren dafür besonders dick. Ein Anruf beim Nützlingszüchter ergab, dass wohl ein Fall von Kannibalismus vorlag. Man würde umgehend neue Tiere schicken. Ich setzte die fetten Überlebenden auf meinen mittlerweile von Blattläusen nur so wimmelnden Pflaumenbaum. Satt und zufrieden, verpuppten sie sich sofort, ohne auch nur eine einzige Laus anzurühren.
Ich tröstete mich, indem ich meine geheime Öko-Guerilla-Tätigkeit fortsetzte. Bei jedem Gang durch den Kiez riss ich jetzt rechts und links am Wegesrand Goldruten aus – unter dem missbilligenden Blick der Nachbarskinder: „Mama, die Frau da macht die Blumen kaputt!“
Der Weg in die Illegalität führt über einen Bauzaun
Schräg gegenüber unserer Wohnung steht ein Supermarkt, an den sich ein unbebautes Grundstück anschließt. Eines Nachts überwand ich, mit einer Harke bewaffnet, den Bauzaun, befreite eine Fläche von mehreren Quadratmetern von Müll und Beifuss und verstreute tütenweise Samenmischungen für bienenfreundliche Blühwiesen. Das gleiche tat ich in drei verschiedenen Parks in der Umgebung. Ich gewöhnte mir an, bei Ausflügen aufs Land meine Taschen stets mit Samen vom Wegesrand vollzustopfen – Samen von rotem und weißem Klee, Wegwarte, wilder Möhre, Leinkraut, Hornklee.
Die ließ ich später in Berlin beiläufig auf Rasenflächen und Brachen fallen. Anfangs versuchte ich noch hier und da, das Insektenwunder Natternkopf auszugraben, das den ganzen Sommer über blüht. Doch es gelang mir nicht: Die Pflanze besitzt eine tiefe Pfahlwurzel. Schließlich bestellte ich bei einer Spezialgärtnerei für Wildpflanzen drei Dutzend kleiner Natternköpfe. Ich fand ein paar trockene und sonnenbeschienene Flächen in meiner Straße – an Straßenbahnschienen, am Fuße von Mülleimern, neben Altglascontainern – wo ich sie einbuddeln konnte.
Meine klandestinen Pflanzaktivitäten notierte ich auf einem Stadtplan
Leider wurde der Sommer 2018 sehr heiß. Meine Tierlibäume in den Parks sahen erbärmlich aus. Ich verbrachte zunächst an den Wochenenden noch viel Zeit damit, mit Gießkannen von Park zu Park zu radeln. Doch irgendwann gab ich auf. Ich hoffte, einige der Büsche würden es vielleicht auch so schaffen.
Die zweite Sendung Nützlinge hatte ganze Arbeit geleistet. Wohl noch nie hatten sich auf sechs Quadratmetern so viele Marienkäfer und Florfliegen getummelt wie in unserem Hof. Die winzigen Schlupfwespen traten dagegen kaum in Erscheinung. Ob sie sich je mit meinen Blattläusen abgegeben haben, habe ich nie erfahren. Meine Nachbarin kam zu mir und beklagte sich, dass sich eines meiner Heimchen unter ihrer Terrasse eingenistet habe. Ihre Tochter, die dort ihr Schlafzimmerfenster habe, könne nachts nicht mehr schlafen.
Ich bemühte noch einmal das Internet: Die Tiere heißen „Heimchen“, las ich, weil sie im nördlichen Europa gerne menschliche Behausungen aufsuchen, vor allem im Winter, wenn es kalt wird.
Ich wurde nervös. 50 Heimchen könnten zu einem Problem werden.
Jetzt fehlten die Geckos, die das Problem im Mittelmeerraum üblicherweise lösen. Doch ich widerstand der Versuchung, meinen Nachbarn einen Gecko zu besorgen. Zumal auch die nachts Geräusche machen. Ich hoffte auf die Vögel. Bis zum Herbst, so meine Kalkulation, sollten sie unter den Grillen aufgeräumt haben.
Mittlerweile ist es Herbst geworden. Drei der Tierlibäume in den Parks sind vertrocknet, zwei sind ganz verschwunden. Der Hausmeister hat zwei meiner liebevoll angelegten Kruschecken im Hof zusammengefegt. Doch trotz der Rückschläge hat sich bei uns etwas verändert. Um uns herum ist längst alles verblüht und vertrocknet, bei uns dagegen blüht es noch – die wenigen noch lebenden Bienen, Wildbienen und Falter, so mein Eindruck, kommen zu uns. Efeu und Blauregen verbinden die Balkone miteinander, und ja, überall summt es leise. Im Garten, und mehr und mehr auch in unserem ganzen Hof, ist ein kleines Refugium entstanden. Auf meiner Brennnessel-Insel entdeckte ich tatsächlich winzige Eier. Von wem, wird sich im kommenden Jahr zeigen.
Mein Baum hat sich zwar von der Blattlausinvasion erholt, doch die Pflaumen haben fast alle Würmer. Nicht dass ich das so toll fände, aber ich sehe sie jetzt mit anderen Augen: Es sind die Larven des Pflaumenwicklers, eines Falters, der zwar unscheinbar aussieht, aber gut als Vogelfutter taugt. Wie seine Larven natürlich auch.
Nächstes Jahr werde ich mich nach passenden Fressfeinden umsehen.
Auf der einzigen Lilie, die in meinem Beet blüht, haben sich Käfer angesiedelt. Ich identifiziere sie als „Lilienhähnchen“ – Insekten, die nur auf Liliengewächsen vorkommen. Ihre Larven tarnen sich gegen Vögel, indem sie sich ihren eigenen Kot auf den Rücken laden. Im Internet diskutiert ein ganzes Gartenforum darüber, wie man die Lilienhähnchen am effektivsten als Schädling bekämpfen könne. Ich dagegen bin begeistert. Eine einzige Lilie in einem Mini-Biogarten inmitten der Steinwüste Berlins – und die Lilienhähnchen finden sie! Es sind wunderschöne rote Käfer mit schwarzen Beinen. Gerührt betrachte ich die wandelnden Kothäufchen, die an den Blättern meiner Lilie nagen.
Neben dem Supermarkt hat sich tatsächlich zwischen alten Cola-Dosen und Hamburger-Schachteln eine kleine Blumenwiese gebildet. Manchmal bleibe ich davor stehen und schaue, ob ich Bienen daran sehe. Allerdings hängt jetzt ein Bauschild am Zaun: In Kürze entsteht hier ein Haus mit attraktiven Eigentumswohnungen. Ich bin jetzt froh, dass ich meine Wunder-Natternköpfe woanders gepflanzt habe. Sie werden ohnehin erst im nächsten Frühjahr blühen. Genau wie die 200 Zwiebeln von Wildkrokussen und Schneeglöckchen, die ich kürzlich überall im Viertel in den Boden gesteckt habe.
Ich werde mich um Nisthilfen für solitäre Wildbienen kümmern.
Ich habe schon einen Platz dafür ausgemacht, an einer sonnenbeschienen Mauer hinter dem Bolzplatz gegenüber. Ich glaube nicht, dass sich die Wildbienen und die Jugendlichen, die dort regelmäßig abhängen, gegenseitig stören werden. Und in unserem Hof will ich eine Regenwassertonne aufstellen, für die Mückenlarven. Alte Schneckenhäuser, habe ich gelesen, soll man liegen lassen, weil darin Pelz- und Mauerbienen ihre Brutzellen anlegen.
Es ist Oktober, und noch immer zirpen die Heimchen unter der Terrasse meiner Nachbarin. Wir trinken wieder ein Bier zusammen. Sie hätten sich mittlerweile daran gewöhnt, sagt sie. Ohne Grillenzirpen, glaubt sie, würde ihre Tochter jetzt gar nicht mehr einschlafen können. Gott sei Dank, jetzt kann ich ihr erzählen, dass auch Lilienhähnchen leise singen.
Von der Mückentonne ist sie allerdings nicht so begeistert.
Ich betrachte aus der Entfernung gedankenverloren das Liliengerippe, das die Käfer in meinem Beet übrig gelassen haben. Im Frühling werde ich meine Nachbarin überreden, ihren langweiligen Kirschlorbeer rauszureißen und stattdessen Tierli-Bäume zu pflanzen. Und dann mit mir nachts loszuziehen, um Tierli-Bäume erst in den Kiez und dann in die ganze Welt zu tragen. Vielleicht merken die Leute dann irgendwann, dass sich an ihren Forsythien keine einzige Biene labt, während an meinen Tierli-Bäumen im ökologischen Sinne der Bär tobt.