Kreativität aus der Konserve

Wie künstlerisch ist die Künstliche Intelligenz?

vom Recherche-Kollektiv die ZukunftsReporter:
23 Minuten
In dieser Computergrafik formen zahlreiche farbige Pixel eine Denkerfigur.

Computer können Bilder malen und Geschichten schreiben. Doch auf welchem Niveau? Drei Studierende aus Stuttgart machen einen Turing-Test: Können wir die Kunstwerke der Künstlichen Intelligenz noch entlarven? Ein Gastbeitrag von Anna Fritz, Alexander Jacob und Melchior Weinmann

Der britische Mathematiker Alan Turing (1912–1954) gehört zu den Gründervätern der Künstlichen Intelligenz. Ihn beschäftigte die Frage, ob Maschinen denken können. Um diese Frage zu beantworten, erfand er einen Test, der darin besteht, eine Versuchsperson mit einem Menschen und einem Computer chatten zu lassen. Anschließend muss die Versuchsperson entscheiden, welcher Gesprächspartner Mensch und welcher Maschine war. Turing selbst bezeichnete den Test für den Computer als bestanden, wenn sich mehr als 30 Prozent der Versuchspersonen täuschen lassen.

Heute ist Künstliche Intelligenz längst mehr als ein Modewort, und ein Großteil der als KI bezeichneten Technik erhält diese Bezeichnung ausschließlich aus PR-Gründen. Der Begriff der Intelligenz ist schon für Menschen nicht geklärt. Wie soll er da auf Computer angewendet werden?

Als intelligent bezeichnen wir die Fähigkeit, abstrakt und vernünftig zu denken. Vorausgesetzt wird sowohl die Fähigkeit, Wissen zu transferieren, als auch, aus Gedanken zweckvolles Handeln abzuleiten.

Letztlich sind KI-Systeme nichts weiter als Algorithmen, die mathematisch Probleme lösen oder Lösungswege finden. Das geschieht aber erst, wenn der Mensch Informationen eingibt. Ohne vorgegebene Beispiele kann eine Künstliche Intelligenz derzeit noch nicht selbst lernen. Es handelt sich also um algorithmisch getriebene Datenverarbeitung, wobei heutzutage neuronale Netze eine beliebte Methode sind. Diese sind flexibel und beinahe universal einsetzbar. Neuronale Netze orientieren sich an biologischen Gehirnfunktionen und deren Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten.

Neuronale Netze sind eine abstrakte Nachbildung der Informationsverarbeitung von Neuronen im organischen Nervensystem und heute eine der meistgenutzten KI-Technologien, welche meist in Form von Deep Learning auftritt.

Die heutigen KIs sind kritisch betrachtet höchstens eine Vorstufe der Wunschvorstellung eines tatsächlich intelligenten Systems. In Zukunft hofft man, Systeme entwickeln zu können, die fähig sind, durch universelle Intelligenz auch unbekannte Probleme zu lösen. Dies würde man als starke Künstliche Intelligenz bezeichnen.

Die heutige KI ist hingegen durchweg schwach. Obwohl anzuzweifeln ist, dass Maschinen wirklich intelligent sind, können sie aber schon heute komplexe Sätze bilden und in vielen Bereichen täuschend echt die Leistung eines Menschen simulieren. Wir, drei Studierende der Universität Stuttgart und der Stuttgarter Hochschule der Medien, haben daher Turings Test abgewandelt: Wir wollten wissen, wie gut der Unterschied zwischen Mensch und Maschine erkennbar ist, wenn es um Kreativität geht.

Wir haben während einer Kunstvernissage in Stuttgart (Kunschd. Exstase. Techno. 23.11.2019) drei Versuchspersonen Bilder des Berliner Künstlers Roman Lipski, ein Lied (‚Sariel‘ von Two Steps from Hell) und einen Text (geschrieben von einer Sechstklässlerin) vorgeführt. Zur Gegenüberstellung ein Kunstwerk, das eine von Lipski genutzte KI auf Basis seiner Werke generiert hat, ein Lied aus der Feder einer KI (‚Free Spirit’ von aiva.ai) und einen Text, geschrieben von der KI GTP2, sprachlich auf Mittelstufen-Niveau. Die letztgenannte Software kann von Internetnutzern kostenlos ausprobiert werden, indem man dem Programm ein paar englische Sätze als Vorlage liefert.

Unsere Versuchspersonen kommen aus verschiedenen Berufen, arbeiten jedoch alle kreativ. Interviewt wurden eine Germanistikstudentin, ein Architekturstudent und ein Nachwuchsregisseur. Ihren Turing-Test haben wir im Video festgehalten.

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