Frank Wingold „Entangled Music“ Trio

„Blue In Green“, Alte Post Neuss

von Martin Laurentius
2 Minuten
Das Frank Wingold „Entangled Music"-Trio am 19.9. in der Alten Post Neuss.

Nicht leicht zu verstehen: „Entanglement“ bzw. auf Deutsch: „Verschränkung“ ist ein Begriff aus der Quantenmechanik und beschreibt ein physikalisches System, das als Ganzes betrachtet einen definierten Zustand hat, dessen Teilbereiche indes nicht definiert sein müssen, aber dennoch mit- und untereinander korrelieren können.

„Entangled Music“ hat der Kölner Gitarrist Frank Wingold sein Trio mit Robert Landfermann (Bass) und Jonas Burgwinkel (Drums) genannt. Bewusst nimmt er mit diesem Namen Bezug auf den Begriff aus der Quantenmechanik, wie er in einer Ansage beim „Blue in Green“-Konzert in der Alten Post Neuss erläutert: „Auf die Musik bezogen steht der Begriff für die Idee, dass zwei oder mehr Partikel andere beeinflussen und sogar ohne direkte Kommunikation ein verflochtenes System werden.“

Jedenfalls ist die Improvisationsmusik der drei Kölner hochkomplex. Wingold zum Beispiel spielt seine halbakustische, siebensaitige Gitarre nicht mit einem Plektrum, sondern setzt auf die Technik des „Fingerpicking“. Diese Technik erlaubt es ihm, den melodischen und harmonischen Prozess auf seinem Instrument gleichzeitig zu gestalten, in dem er zum Beispiel mit dem Zeigefinger das Thema zupft, das ad hoc die übrigen vier Finger akkordisch grundieren.

Landfermann und Burgwinkel beschränken sich dabei aber nicht auf eine begleitende Funktion. Vielmehr agieren die beiden noch immer recht jungen, aber seit vielen Jahren eng aufeinander eingespielten Musiker gleichsam präflexiv, so als wüssten sie, was gleich passiert, und wären auf Wingolds Impulse von der Gitarre vorbereitet, die sie eigentlich gar nicht kennen können – und vice versa trifft das auch auf Wingold zu. Und damit kommen wir zurück zur Idee von Wingolds „Entangled Music“. Denn es ist die Fähigkeit der drei Musiker zum Präflex, die die verschiedenen Komponenten von Wingolds Musik gleichermaßen autonom ineinander verschränken wie auseinander streben lässt.

Hinzu kommt bei den dreien auch deren unbedingter Wille, im freien Spiel der improvisatorischen Kräfte ad hoc ihre Musik zu formen, sie zu dekonstruieren und die Bruchstücke immer wieder neu zusammenzusetzen, der eigenen Imagination freien Lauf zu lassen, damit intuitiv Dichte und Festigkeit des Klang gewordenen Kunstwerks neu bestimmt und aus den frei flottierenden Partikeln neue Texturen gewebt werden können. Wingold, Landfermann und Burgwinkel folgen dabei ganz einem kammermusikalischen Duktus – so, als wollten sie das Publikum in der Alten Post auf die kaum hörbaren Nuancen ihrer „Entangled Music“ aufmerksam machen.

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