Frauenfitnessstudios und Ladys-Bereiche: Überholt oder unverzichtbar?

Man könnte meinen, dass Frauenbereiche im Fitnessstudio und eigene Gyms für Frauen im Jahr 2025 überflüssig sind. Doch besonders in Zeiten, in denen Frauen ständiger Bewertung ausgesetzt sind, sind es wichtige Räume, in denen sie sich sicher fühlen.

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Eine Frau sitzt auf einer Matte und trainiert mit einem Medizinball.

Es hat bestimmt fünf Jahre gedauert, bis ich mich das erste Mal getraut habe, allein den Freihantelbereich im Fitnessstudio zu betreten. Dieser Ort, an dem meist ein hoher Männerüberschuss herrscht, an dem gestöhnt und geschnauft und mit Hanteln geworfen wird, dass es beim Aufprall so richtig rummst. Es riecht strenger nach Schweiß als im restlichen Fitnessstudio, und die Luftfeuchtigkeit ist ebenfalls unangenehm erhöht. Überhaupt habe ich mir diese Orte immer sehr laut vorgestellt, sehr Testosteronaufgeladen und prollig, männlich eben. Das hat mich lange davon abgehalten, Freihantelbereiche zu nutzen, wodurch mir Trainingsmöglichkeiten vorenthalten blieben.

Was soll ich sagen? Es ist genau so, wie ich erwartet habe. Mit der Ausnahme, dass inzwischen mehr Frauen im freien Hantelbereich die Bank drücken oder mit Gewichten hantieren. Doch die toxisch-männliche Stimmung, die dort herrscht, wird in meinem Fitnessstudio durch extra bass-lastige Musik und gedimmtes Licht am Abend noch verstärkt. Irgendwann beschloss ich, mich nicht mehr von dieser Platzhirsch-Atmosphäre einschüchtern zu lassen.

Ungefragte Tipps und wertende Blicke

Trotzdem überkommt mich immer wieder ein unbehagliches Gefühl, wenn ich mal wieder die einzige Frau in einem Bereich im Fitnessstudio bin. Manche Männer versuchen ihre Blicke zu verbergen, doch ich spüre sie auf mir. Ich sehe, wie sie sich nach anderen Frauen umdrehen, mal mit hochgezogenen Augenbrauen, mal mit gerunzelter Stirn.

Andere sprechen mich ganz offensiv an und fragen, ob das in meinem Shaker ein „Super-Girls-Power-Drink“ sei. Ganz schlimm wird es, wenn ich beobachte, dass Männer Frauen Tipps geben, einfach so, ohne dass man sie danach gefragt hätte, ohne dass man eine Beratung eingefordert hätte. Ich kenne Frauen, die aus diesen Gründen den freien Hantelbereich oder Fitnessstudios im Allgemeinen meiden.

Neue Studie zeigt: Frauen erleben häufig Belästigungen im Fitnessstudio

Eine aktuelle Studie im Fachmagazin „PLOS One“ bestätigt diesen Eindruck. Obwohl die Mitgliedschaften in Fitnessstudios zunehmen, sind Frauen weniger aktiv, heißt es darin. Die Forscher:innen befragten 279 Frauen zu ihren Erfahrungen beim Fitnesstraining. Das Ergebnis: Frauen fühlen sich aufgrund ihres Aussehens und ihrer Leistung häufig beurteilt. Dadurch haben sie das Gefühl, um ihren Platz im Fitnessstudio kämpfen zu müssen und darum, ernst genommen zu werden. Gleichzeitig erleben sie Belästigungen und unaufgeforderte Kommentare.

Herrschen im Ladys-Gym andere ungeschriebene Regeln? Eigentlich nicht, aber hier hält man sich eher an sie.

Autorin Patricia Friedek

Ladys-Bereich und Frauenfitnessstudios: Das erinnert zunächst an kleine Hanteln und Handtücher in Pink, an „Bauch-Beine-Po“, an Gymnastikbälle. Aber für mich sind sie vor allem das: eine entspanntere und leisere Stimmung, ohne unterschwellige Aggression. Gewichte werden sorgsam an ihren Platz zurückgelegt, die Geräte desinfiziert, wenn man mit einer Übung fertig ist. Herrschen im Ladys-Gym andere ungeschriebene Regeln? Eigentlich nicht, aber hier hält man sich eher an sie.

Es geht nicht mehr ums Sehen und Gesehen werden, jede konzentriert sich auf sich selbst. Und wenn, dann bewundert man andere für ihre Trainingserfolge. Anfänger:innen fragen mich nach Tipps und wir freuen uns zusammen, wenn ich weiterhelfen kann, ohne Gedanken an Wettbewerb. Auch ich traue mich eher, erfahrenere Sportler:innen nach Ratschlägen zu fragen – nicht, weil mich jemand ungefragt korrigiert, sondern weil ich bewusst Hilfe einfordere.

Geschützte Räume, in die sich Frauen zurückziehen können

Manchmal wirft man sich ein kleines Lächeln zu: Schön, dass du da bist. Die Sorge, dass jemand den Trainingsbereich als Flirtzone missinterpretiert, nimmt ebenfalls ab. Ladys-Bereiche sind geschützte Räume, in die Frauen sich zurückziehen können, wenn sie nicht das Gefühl haben möchten, beäugt oder sexualisiert zu werden. Deshalb braucht es solche Bereiche immer noch, auch wenn man meinen könnte, sie seien überholt – jetzt, wo wir doch alle über Feminismus und Sexismus Bescheid wissen, wo wir „Metoo“ alle mitbekommen haben.

Besonders in Zeiten, in denen Frauen durch soziale Medien sowieso ständig bewertet werden und Körperidealen ausgesetzt sind, sind solche Rückzugsräume wichtig. Dauernd spült ihnen der Algorithmus (echte und unechte) Bilder in den Feed, von pfirsichförmigen Hintern, Waschbrettbäuchen und Sanduhrfiguren. Dass sich der Trend des perfekten Frauenkörpers nun von abgemagert zu „athletisch“ oder „muskulös“ bewegt, hilft da wenig: Umso stärker verspüren Frauen den Druck, im Gym abliefern zu wollen oder nicht genug zu leisten. Der Grat zwischen „zu viel“ und „zu wenig“ ist schmaler denn je.

Zwei Frauen stehen nebeneinander und trainieren mit Hanteln.
Frauenbereiche und -fitnessstudios sind keine überholten Konzepte, sondern Räume, in denen Frauen sich sicher fühlen können.

Einige Männer finden es diskriminierend, wenn Fitnessstudios nur auf Frauen ausgelegt sind, oder sie nicht in die „Girls-Only“-Bereiche dürfen. Eine klassische Reaktion, die in der Debatte um Gleichberechtigung zuverlässig einsetzt. Die Antwort bleibt auch beim Thema Frauen-Fitnessstudios dieselbe: Frauen werden strukturell in der Gesellschaft benachteiligt, auf ihr Geschlecht reduziert und erleben erwiesenermaßen häufiger geschlechtsspezifische Gewalt. Deswegen ist es keine Diskriminierung, wenn sie geschützte Bereiche bekommen, sondern ein Mittel, um auf diese Ungleichheiten zu reagieren. Männer werden durch Ladys-Gyms nicht eingeschränkt – die Übungen können sie schließlich auch in anderen Bereichen ausführen.

Auch Ladys-Bereiche sind sexistisch

Wünschenswert wäre es für alle, wenn es Frauenfitnessstudios und Girls-Only-Bereiche nicht bräuchte. Denn auch die sind nicht einwandfrei, schließlich definiert niemand genau, wer Ladys-Bereiche betreten darf – was ist etwa mit Schutzräumen für non-binäre Menschen? Und auch über die Einrichtung lässt sich streiten, die in mancher Hinsicht zweifelsfrei sexistisch ist. Oder warum gibt es in meinem Girls-Bereich so viele Geräte, die meinen Po trainieren sollen?

Viel mehr würde es helfen, die Bereiche in Fitnessstudios stärker zu durchmischen, sodass jene Gang-Bildung, die man aus den Freihantelbereichen kennt, unterbunden wird. Lieber sollten schwere und leichte Gewichte, Kabeltürme und Gesäßtrainer gleichmäßig verteilt sein. Schummriges Licht am Abend und Gangstermusik helfen jedenfalls keiner Frau dabei, sich sicherer zu fühlen. Und solange es Frauen gibt, die sich beim Training unwohl fühlen, wird es abgegrenzte Räume brauchen, in denen sie ungestört Sport treiben können.

Redaktioneller Hinweis: Mit Frauen sind hier alle gemeint, die sich als solche definieren.

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