Karin Prien vor Schleswig-Holstein-Wahl: Die streitbare Wissenschaftspolitikerin hat große Pläne

Sie polarisiert und kann austeilen, aber auch einstecken: Für Karin Prien, CDU-Bildungsexpertin und Wissenschaftsministerin von Schleswig-Holstein, geht es bei der Landtagswahl am 8. Mai um viel. Ein Porträt

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Karin Prien, eine Frau mit rotbraunen Haaren steht auf einer Dachterasse mit weitem Ausblick über Kiel. Man sieht zwei Kirchtürme.

Karin Prien steht an diesem Samstag im Januar live am Rednerpult in der Berliner CDU-Parteizentrale. Jetzt kommt es auf jedes Wort an. Ministerin für Wissenschaft, Bildung und Kultur in Schleswig-Holstein ist sie schon seit 2017, seit Jahresanfang auch Präsidentin der Kultusministerkonferenz. Nun will die 56-Jährige in die Führungsriege ihrer Partei, um daran mitzuarbeiten, die Union aus dem Tief nach der Bundestagswahl herauszuholen.

Prien spricht den „lieben Friedrich“ direkt an, um den Blick dann gleich wieder fest in die Kamera zu wenden. Ob sie aus den Augenwinkeln sieht, wie Friedrich Merz ein paar Meter ein Zitronengesicht macht? Für einen Moment legt der „liebe Friedrich“ sogar die geballte Hand vor den Mund.

Prien wirkt in diesen für ihre politische Laufbahn entscheidenden Minuten unerschütterlich sicher. Sie stellt den Gemeinschaftsgeist in der Union in den Mittelpunkt ihrer Rede, ist bestens vorbereitet, konzentriert, präsent – und trotzdem locker. Mit solchen Qualitäten macht sie sich nicht nur Freunde.

Gegenpol zum Rechtsaußen Maaße

Dass Karin Prien an diesem 22. Januar als Stellvertreterin von Friedrich Merz gewählt wird, ist bemerkenswert. Denn sie ist in ihrer Partei eben nicht nur die Bildungsexpertin, die CDU-Frau aus dem Norden blinkt gelegentlich links – anders als der stramm konservative Flügel um den Wirtschaftspolitiker Merz. Prien hat sich in ihrer Partei öfter mal „mit dem ein oder anderen angelegt“. So jedenfalls wird es die ausgebildete Rechtsanwältin nach ihrer Wahl in die CDU-Führungsriege gegenüber dem Hamburger Abendblatt beschreiben.

Ihr Einsatz für den Rauswurf des ehemaligen Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen ist in der Union unvergessen, ihre steten Forderungen nach einer Frauenquote in der CDU sowieso. In der Bildung tritt Prien für Chancengleichheit ein. Diese liberalen Positionen will sie nun eben auch im neuen CDU-Programm verankern. Kann es in Anbetracht dieser politischen und personellen Konstellation an der Spitze die Harmonie geben, nach der sich die CDU so sehnt?

Mit Karin Prien und Friedrich Merz hat die CDU zwei Politiknaturen an ihrer Spitze versammelt, die viele Fragen miteinander zu klären haben. So wird Prien ihr Streben und ihr Verständnis von Bildungsgerechtigkeit in der Merz-CDU erst einmal durchbuchstabieren müssen. Die Instrumente dafür hat sie. Als ausgebildete Mediatorin weiß sie, dass es sich nicht lohnt, „immer Recht behalten zu wollen oder nur um des Recht behalten willens Konflikte auszutragen“.

„Ich bin – anders als mir manche Menschen in der eigenen Partei unterstellen – nicht besonders links“, sagt Karin Prien wie zur Beschwichtigung.

Es lohnt sich nicht, immer Recht behalten zu wollen oder nur um des Recht behalten willens Konflikte auszutragen.

Karin Prien

1965 wird sie als Kind einer jüdischen Migrantenfamilie in Amsterdam geboren. Ihre beiden Großväter überlebten das Nazi-Regime mit Mühe. Der eine rettete sich in der Nazizeit in die Niederlande, der andere überlebte in Prag und floh später vor dem kommunistischen Regime nach Amsterdam. Dort lernen sich Priens Eltern kennen. Sie gehen nach Deutschland, als ihre Tochter Karin vier Jahre alt ist. Über die jüdische Abstammung wird diese lange nicht sprechen. Die Mutter will es so. Erst 2016 macht Karin Prien die Geschichte ihrer Familie öffentlich. Der aufkeimende Antisemitismus trieb sie dazu, sich über das mütterliche Gebot hinwegzusetzen.

Veränderung will Prien in „vielen kleinen Schritten"

„Wenn man wie ich aus einer jüdischen Migrantenfamilie kommt, liegt es nah, dass man nicht möchte, dass politisch über einen bestimmt wird. Man möchte selbst mitbestimmen, ein Land mitgestalten und vor allem will man natürlich alles tun, um Freiheit und Menschenwürde in einem politischen System zu fördern und zu erhalten“, sagt Prien. Mit 16 Jahren tritt sie der CDU bei – und bleibt. Auch dann, als es ihre Parteifreunde nicht besonders gut mit ihr meinen, sie als „zu ehrgeizig“ diffamieren und sie ausbremsen. Als sie 2011 in Hamburg nach dem Vize-Fraktionssitz greift, lassen sie sie durchfallen.

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