Radfahren in der niedersächsischen Südheide: Hier kann man aus der Zeit fallen

Im unbekannteren Teil der norddeutschen Heide sind vierhundert Kilometer teils holprig-sandiger Radwege ausgewiesen. Sie führen zu Heideflächen, die nicht überlaufen sind, in den ausgedehnten Lüßwald und zu bemerkenswerten Industrierelikten

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Heidelandschaft, typische Vegetation, Kutsch- und Wanderweg führt durch die blühende Besenheide (Calluna Vulgaris) mit Birken (Betula) und Wacholder (Juniperus communis), Naturpark Südheide, Lüneburger Heide, Niedersachsen, Deutschland, Europa

In Köln gibt es die „Schäl Sick“, die östlich des Rheins gelegene scheele Uferseite, die traditionell einen schlechteren Ruf hat als die linksrheinische Innenstadt rund um den Dom. In der Metropolregion New York nimmt New Jersey mit seinem rauen Ruf und seiner postindustriellen Prägung diese Rolle ein, im Großraum Paris der Banlieue-Vorort Saint-Denis. Derart ungleiche Geographien gibt es in vielen Regionen der Welt, auch abseits der Städte. Die „Schäl Sick“ der norddeutschen Heide ist die Südheide.

Während sich die bekannten Heidegebiete zwischen Lüneburg und Schneverdingen vor Besuchern kaum retten können und man mitunter Schlange steht, um einen der begehrten Blicke auf die lilafarbenen Callunaflächen zu erhaschen, ist die im Dreieck von Eschede, Unterluess und Hermannsburg gelegene Südheide viel weniger frequentiert. Das Gefühl, beinahe alleine zu sein, stellt sich sofort ein, wenn man zum Beispiel über den quirligen, von Hundertwasser entworfenen Bahnhof Uelzen in das verlassen wirkende Unterlüß kommt und mit dem Fahrrad Richtung Osten loslegt.

Die lila Landschaft ist eine Folge von Überweidung

Der erste Eindruck: Von Heide keine Spur. Schnell gelangt man in den Lüßwald. Das ausgedehnte Gebiet gibt eine Ahnung davon, wie die ganze Gegend früher ausgesehen hat, bevor über Jahrhunderte hinweg Wellen um Wellen von Siedlern Bäume gerodet und derart viele Schafe zum Grasen geschickt haben, dass die heute so beliebte baumfreie Heidelandschaft entstand.

Landkarte der Südkarte, sie liegt nordöstlich von Celle mit den größeren Ortschaften Eschede und Unterlüß.
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Blauer Schmetterling auf rosa Blüten.
Die Heideblüte zieht auch Bläulinge an.
Muskulöse männliche Heidschnucke mit gerollten Hörnern.
Widder können Respekt einflössen.