„Wer die Verkehrswende auch auf dem Land will, muss umdenken und neue Wege ausprobieren“ 

Der Pkw dominiert die Alltagsmobilität auf dem Land. Aber auch dort ist deutlich mehr Rad- und Fußverkehr möglich. Städte und Gemeinden wie Warburg, Emsdetten und Pleidesheim zeigen, wie der Umbau funktionieren kann.

vom Recherche-Kollektiv Busy Streets:
7 Minuten
Kinder fahren auf einem Radweg in der Sonne.

Der ländliche Raum ist das Sorgenkind der Verkehrswende. Ohne Auto geht’s dort nicht. 90 Prozent der Haushalte besitzen einen Pkw und nutzen ihn für fast alle Wege. Das hat Folgen. Laut Umweltbundesamt emittiert der Einzelne im ländlichen Raum täglich 60 Prozent mehr CO₂ als in der Großstadt. Allerdings sind sich Wissenschaftlerïnnen und Verkehrsexpertïnnen längst einig: Auch in kleinen Ortschaften und ländlicheren Regionen ist mehr Rad- und Fußverkehr möglich, wenn die Infrastruktur attraktiv und sicher ist.

„Viele der Alltagswege zum Bäcker, dem besten Freund oder der Bushaltestelle im Nachbarort sind auch dort nur wenige Kilometer lang“, sagt Caroline Huth, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Hochschule Wildau im Fachbereich Radverkehr. Oftmals sei die Landstraße als einzige Verbindung in den Nachbarort jedoch eine unüberwindbare Hürde. „Wenn Radfahrende und Autos sich die Fahrbahn teilen, ist das Geschwindigkeitsgefälle zu groß“, sagt Huth. Radfahrende werden mit 70 oder 100 Kilometer pro Stunde überholt. Das kann gefährlich sein und wird subjektiv als nicht sicher wahrgenommen. „Wer auf dem Land, den Anteil des Radverkehrs steigern will, muss den Menschen sichere und attraktive Radwege anbieten“, sagt sie.

Die Stadt Warburg im Kreis Höxter im Osten Nordrhein-Westfalens hat im vergangenen Jahr einen solchen Radweg eröffnet. Die neue 2,5 bis 3 Meter breite Route startet am Sportplatz der Ortschaft Herlinghausen (rund 400 Einwohnerïnnen) und führt über einen neu ausgebauten Wirtschaftsweg einen Bachlauf entlang. Über eine neue Brücke können die Radfahrenden den Bach queren und bis in die 70-Einwohner-Ortschaft Dalheim fahren.

Ortschaften mit guten Wegen verbinden

„Der Radweg ist ein wichtiger Lückenschluss in unserem Radwegenetz“, sagt Jan Kolditz, Mobilitätsmanager der Stadt. Die Verwaltung will die 16 kleinen Ortschaften rund um die Kernstadt per Radweg vernetzen und zudem sichere Radrouten ins Zentrum schaffen. Das lohnt sich. Oft sind die Ortschaften gerade mal drei bis vier Kilometer vom Stadtrand entfernt, die Strecken zwischen den Ortschaften häufig sogar noch kürzer. „Das sind gute Distanzen für Radfahrer“, sagt Kolditz.

Am Straßenrad verläuft ein weißer Strich. An dessen Rand parken Autos.
Der Strich markiert in den Wohnstraßen in Pleidesheim den Gehweg. Das schafft Sichtbarkeit, jedoch keine Sicherheit für Fußgängerïnnen.
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