Was bringt mehr Radverkehr für den Klimaschutz?

Der Verkehrssektor verfehlt seit Jahrzehnten seine Klimaziele. Eine neue Studie zeigt nun: Das Fahrrad kann beim Emissionssparen einen enormen Beitrag leisten.

vom Recherche-Kollektiv Busy Streets:
7 Minuten
Radfahrer fahren in beide Richtungen durch die Einfahrt eines Hauses.

Forschende des Fraunhofer-Instituts haben das Potenzial des Radverkehrs für Deutschland berechnet. Das Ergebnis ist erstaunlich. In Stadt und Land wäre ein Radanteil von 45 Prozent am Gesamtverkehr möglich. Der Knackpunkt: Dafür ist eine Infrastruktur auf hohem Niveau notwendig.

Mehr Radverkehr ist gut fürs Klima und steigert die Lebensqualität in den Städten – das ist seit Jahrzehnten bekannt. Bisher wurde der mögliche Beitrag des Radverkehrs zum Klimaschutz allerdings deutlich unterschätzt. Eine Potenzialabschätzung des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI im Auftrag des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) bescheinigt dem Radverkehr mit Blick auf den Klimaschutz nun „enormes Potenzial“.

Laut den Forschenden entstehen im Jahr 2035 45 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland im Personenverkehr auf Strecken bis zu 30 Kilometern Länge. Diese Distanzen können ihren Berechnungen zufolge zukünftig zu einem großen Teil mit dem Rad oder dem E-Bike statt per Auto zurückgelegt werden. „Auf diese Weise könnten jedes Jahr 19 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente (CO₂-Äq) eingespart werden“, sagt Clemens Brauer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer ISI und Mitautor der Studie. Die Voraussetzung dafür ist: eine Infrastruktur auf hohem Niveau, ähnlich wie in den Niederlanden.

Die Niederlande sind seit Jahrzehnten Fahrradland. Laut dem Statistischen Bundesamt sind dort 61 Prozent der Bevölkerung regelmäßig mit dem Rad unterwegs — im Durchschnitt täglich 2,6 Kilometer. Die Deutschen sind dagegen fahrradfaul. Hierzulande schwingen sich mit 34 Prozent gerade mal halb so viele Menschen regelmäßig aufs Fahrrad. Hinzu kommt: Sie fahren nur jeden dritten Tag (120 Tage im Jahr) und legen dann im Schnitt eine Strecke von 3,7 Kilometern zurück.

Radfahren und Emissionen sparen

Aus Sicht von Klimaexpertïnnen und Verkehrswissenschaftlerïnnen können die Deutschen das Rad im Alltag deutlich öfter nutzen und dabei Emissionen sparen. Im Jahr 2022 hat das Umweltbundesamt (UBA) vorgerechnet, dass jeder Berufspendler 350 Kilogramm CO₂ im Jahr einspart, wenn er für einen fünf Kilometer langen Arbeitsweg aufs Rad steigt statt ins Auto. Auch in den Innenstädten kann mehr Radfahren die Klimabilanz schnell verbessern. Dort sind laut UBA-Berechnungen 40 Prozent aller Autofahrten kürzer als fünf Kilometer. Auf diesen Entfernungen lohne sich der Umstieg besonders, weil das Fahrrad in der Innenstadt im direkten Tür-zu-Tür-Vergleich mit Bus oder Auto das schnellste Verkehrsmittel ist.

Ein Pulk Radfahrern und eine Rikscha queren eine Kreuzung in Amsterdam
Sicher im Stadtverkehr: Kreuzung mit Radfahrenden in Amsterdam.
Kinder radeln auf dem breiten hellen Radweg in Kfz-Spurbreite
Sicher unterwegs in Rotterdam: Kinder auf der umgebauten Straße Coolsingel.
In Doppelstockgaragen sind die Fahrradräder in dem Parkhaus abgestellt. Ein Radfahrer fährt Richtung Ausgang
Fahrradparken in Rotterdam am Bahnhof: Radeln bis zum Stellplatz.
Nächtliche Stadtansicht mit Blick auf die Fußgänger- und Radfahrerbrücke. Sie ist beleuchtet. Unter ihr sind ein Zug und Busse zu erkennen.
Die Brücke in Utrecht wurde eigens für den Rad- und Fußverkehr gebaut. Nachts wird sie zum Licht-Kunstwerk.
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