Nach AfD-Erfolgen in Ostdeutschland: Wissenschaft um ausländische Studierende und Forscher besorgt

Viele ostdeutsche Hochschulen und Institute sind bei ausländischen Studierenden und Spitzenforschern sehr beliebt. Doch Rassismus und Rechtsruck drohen die Internationalität zu beschädigen – mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen

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Björn Höcke spricht auf einer Bühne mit ausgestrecktem echten Arm und Fingern wie zu einer Pistole geformt.

„500 Menschen, 500 Nationen, eine Forschungsmission“: In großen Buchstaben prangt der Slogan an der Fassade des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden. Im Inneren des blau-grünen Baus ergründen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt, wie Zellen funktionieren und im Verbund zusammenarbeiten. Da verwundert es kaum, dass eine Französin, ein Brite, eine Spanierin, ein Italiener, eine US-Amerikanerin und ein Deutscher gemeinsam an der Spitze des Instituts stehen.

Ein paar Straßen weiter an der Technischen Universität Dresden ist Internationalität ebenso normal wie gewünscht. Knapp 20 Prozent der 29.000 Studentinnen und Studenten kommen aus dem Ausland. Ähnlich ist der Anteil beim wissenschaftlichen Personal. Rektorin Ursula Staudinger ist stolz, dass sie regelmäßig Spitzenforscher von Weltrang für die Universität gewinnen kann.

„Ausländer raus“-Rufe wecken böse Erinnerungen

Der politische Rechtsruck in Sachsen und anderen ostdeutschen Bundesländern löst deshalb große Sorgen an den dort ansässigen Hochschulen und Wissenschaftsinstituten aus. Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen Anfang September hat die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“ (AfD) jeweils rund 32 Prozent der Stimmen bekommen, in Thüringen ist sie damit sogar stärkste Kraft geworden. Bei der Landtagswahl in Brandenburg am 22. September unterstützten rund 29 Prozent der Wähler die AfD, darunter fast ein Drittel der Wähler unter 35 Jahren. Die Partei benennt als Schuldige für Probleme in Deutschland am liebsten „die Ausländer“, ihre Jugendorganisation legt in Brandenburg bei Veranstaltungen ein Poplied mit dem Refrain auf: „Hey, das geht ab, wir schieben sie alle ab, sie alle ab.“ Mit dem Aufstieg der AfD geht auch ein noch offeneres Auftreten rechtsextremer Gruppen im öffentlichen Raum einher – so gab es zuletzt zahlreiche Aufmärsche identitärer Jugendgruppen in Uniformen oder Angriffe auf Aktionen zum Christopher-Street-Day. Hinzu kommt jener Alltagsrassismus, den vor allem Menschen erleben, die für Rechtsextreme „fremd“ aussehen.

Platz vor Hochschulgebäude mit Fahrrädern im Vordergrund und Studenten im Hintergrund.
Campus der TU Dresden.
Die drei auf der Bühne mit zur Schau gestellten Dokumenten.
Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow mit Lora Ho, Vizepräsidentin des Chipherstellers TSMC, und Ursula Staudinger bei der Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung.
Portraitfoto der Rektorin
Ursula Staudinger, Rektorin der TU Dresden