„Seit den Wahlen in Thüringen ist etwas umgekippt“

Der Künstler Gunter Demnig verlegt seit 21 Jahren Stolpersteine zur Erinnerung an die Opfer der Nazizeit. Nach den Wahlen in Ostdeutschland haben er und sein Team eine Veränderung wahrgenommen.

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Verlegung von Stolpersteinen durch den Kuenstler Gunter Demnig zum Andenken an die Verschleppung und Ermordung von Menschen im Dritten Reich in Schesslitz, Oberfranken.

Gunter Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er seit Januar 2003 vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt. Inzwischen liegen diese Stolpersteine in 1.265 Kommunen Deutschlands und in 21 weiteren Ländern Europas. Während einer Verlegung in der oberfränkischen Gemeinde Scheßlitz spricht der Berliner Künstler über seine Erfahrungen beim Verlegen der Stolpersteine und die Kultur der Erinnerung angesichts der kaum fassbaren Zahlen von Millionen ermordeten Menschen in Nazideutschland. Nach den Wahlen in Ostdeutschland hat der 77-Jährige eine Veränderung beobachtet.

Björn Göttlicher: In Sachsen-Anhalt sind Stolpersteine herausgerissen worden. Was denken Sie darüber?

Gunter Demnig: Sowas passiert. In dem Fall ist es natürlich ziemlich eindeutig. Einen ähnlichen Fall hatten wir in Greifswald. Da sind in der Nacht zum 9. November 2012 alle elf Steine herausgerissen worden. Dann stand im Internet: „Greifswald stolpersteinfreie Zone“. Aber danach kamen so viele Spenden rein, ähnlich wie jetzt in Zeitz, dass wir statt der elf Steine 36 Steine neu verlegen konnten. Danach war komischerweise Ruhe, es ist nichts mehr passiert. Aber du kannst es nicht festmachen an Ost oder West.

Verlegung von Stolpersteinen durch den Kuenstler Gunter Demnig zum Andenken an die Verschleppung und Ermordung von Menschen im Dritten Reich in Schesslitz, Oberfranken.
Verlegung von Stolpersteinen durch den Kuenstler Gunter Demnig zum Andenken an die Verschleppung und Ermordung von Menschen im Dritten Reich in Schesslitz, Oberfranken.

Wie viele Steine haben Sie mittlerweile verlegt?

Wir sind bei 113.000 in 21 europäischen Ländern. Überall dort in Europa, wo die deutsche Gestapo, Wehrmacht und SS, sowie deren Helfer ihr Unwesen getrieben haben. Dass dort symbolisch Steine auftauchen, wird immer symbolisch bleiben.

Inwiefern hat die Arbeit, die Sie vor Jahren begonnen haben, Sie persönlich geprägt?

Da kommt so viel Positives zurück. Die Reaktion der Angehörigen, die sich bei aller Trauer, die natürlich da ist, darüber freuen, dass jetzt der Name wieder da ist. Die meisten dieser Menschen haben ja weder Gräber noch Grabsteine. Dann ist dieser Name wieder da, und damit gibt es einen Ort der Erinnerung. Dazu kommt das Interesse von Schülerïnnen. Manchmal sind sie zu jung, aber Fragen kommen auf, die bewegen sehr. Sie fragen sich, wie konnte so etwas im Land der Dichter und Denker passieren? Im Umkehrschluß am Ende sagen sie: „So etwas darf nicht mehr passieren!“ Wenn man das erreicht, hat man viel erreicht.

Verlegung von Stolpersteinen durch den Kuenstler Gunter Demnig zum Andenken an die Verschleppung und Ermordung von Menschen im Dritten Reich in Schesslitz, Oberfranken.
Verlegung von Stolpersteinen durch den Kuenstler Gunter Demnig zum Andenken an die Verschleppung und Ermordung von Menschen im Dritten Reich in Schesslitz, Oberfranken.
Verlegung von Stolpersteinen durch den Kuenstler Gunter Demnig zum Andenken an die Verschleppung und Ermordung von Menschen im Dritten Reich in Schesslitz, Oberfranken.
Verlegung von Stolpersteinen durch den Kuenstler Gunter Demnig zum Andenken an die Verschleppung und Ermordung von Menschen im Dritten Reich in Schesslitz, Oberfranken.
Verlegung von Stolpersteinen durch den Kuenstler Gunter Demnig zum Andenken an die Verschleppung und Ermordung von Menschen im Dritten Reich in Schesslitz, Oberfranken.
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Verlegung von Stolpersteinen durch den Kuenstler Gunter Demnig zum Andenken an die Verschleppung und Ermordung von Menschen im Dritten Reich in Schesslitz, Oberfranken.
Verlegung von Stolpersteinen durch den Kuenstler Gunter Demnig zum Andenken an die Verschleppung und Ermordung von Menschen im Dritten Reich in Schesslitz, Oberfranken.
Schüler helfen dem Künstler Gunter Demnig in Scheßlitz bei der Arbeit.
Verlegung von Stolpersteinen durch den Kuenstler Gunter Demnig zum Andenken an die Verschleppung und Ermordung von Menschen im Dritten Reich in Schesslitz, Oberfranken.
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