The Comet Is Coming

Köln, Stadtgarten

von Martin Laurentius
3 Minuten
Am 10. April war The Comet Is Coming im Kölner Stadtgarten.

Der Komet ließ sich Zeit, bis er sich dem Publikum im gut besuchten, unbestuhlten Kölner Stadtgarten zeigte. Fast eine Stunde dauerte es, bis das Londoner Trio The Comet Is Coming vor die immer unruhiger werdenden Besucher trat. Das verlief unspektakulär, ohne große Ankündigung etwa durch einen MC oder ähnliches Brimborium schritten King Shabaka aka Shabaka Hutchings (Tenorsaxofon), Danalogue aka Dan Leavers (Keyboards, Electronic) und Betamax aka Maxwell Hallett (Drums) lässig und cool auf die Bühne. Das Saallicht wurde gedimmt, die Bühne in leicht flackerndem Gelb und Blau ausgestrahlt. Das war’s.

Die Besucher waren demografisch gut durchmischt. Vollbärtige Kölner Hipster Mitte 30 mit hochgekrempelten 7/8-Jeans, Schiebermütze auf dem Haupt, weißen Tennissocken und Sneakers an den Füßen hatten ebenso ihren Weg in den Stadtgarten gefunden wie schon etwas angegraute, „normale“ Jazz-Konzertgänger – allenfalls der Frauenanteil im Publikum war etwas größer als sonst. Alle fieberten dem musikalischen Ereignis entgegen, das sich mit einer längeren Einleitung aus flächigen Keyboard-Sounds und rubato gespielten Rhythmen ankündigte, in der Hutchings auf dem Tenorsaxofon seinem melodischen Duktus zum letzten Mal an diesem Abend freien Lauf ließ.

Denn mit dieser Brutalität, die daraufhin gut 70 Minuten lang unter den Zuhörern wütete, hatten die wenigsten im Publikum gerechnet – am ehesten lässt sie sich tatsächlich mit dem Bild eines Kometeneinschlags beschreiben. Die Klangflächen sackten in den Keller und trieben dort als tieffrequente, fast unhörbare Bässe ihr Unwesen, während eine hart auf den Beat gehämmerte Techno-Groove vom Schlagzeug mit den genagelten Riffs vom Tenorsaxofon die Atmosphäre im Saal immer mehr aufpeitschte – ein archaisches und urgewaltiges Spektakel.

Die drei Akteure auf der Bühne packten ihr Publikum am Schlafittchen. Wer nicht wollte, musste aus dem Saal flüchten. Alle anderen wurden in den alles und jeden zermalmenden Malstrom der Musik gezogen.

Wer eine Möglichkeit fand, für einen Moment die brachiale Lautstärke zu dämpfen, konnte einige wenige Details in diesem akustischen Feuersturm erkennen: Wie die Hitze anstieg, wenn Betamax die Techno-Beats aussetzen ließ, wie der Feuersturm eine neue Richtung nahm, wenn Danalogue kurze Phrasen auf dem Keyboard sequenzierte, wie dieser Glutofen alles zum Schmelzen brachte, wenn King Shabaka die sowieso schon infernale Power seiner Tenor-Riffs durch das Verschleifen der Tonhöhen am Schluss sogar noch intensivieren konnte.

Angenehm war es nicht, was The Comet is Coming mit seinem Publikum anstellte, wenngleich es interessant war zu beobachten, wie willfährig es die Zuhörer geschehen ließen.

Die Analogie als Begleitmusik für einen „harten“ Brexit wäre auch zu schön gewesen. Doch das Verhandlungsgeschick von Theresa May in Brüssel am gleichen Abend machte dieser Analogie einen Strich durch die Rechnung: Der britischen Premierministerin gelang ein Aufschub bis Ende Oktober 2019 für den Austritt ihres Landes aus der EU.

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