Alleine am Amazonas

Wie Indigene mit Covid-19 umgehen

vom Recherche-Kollektiv Südamerika+Reporterinnen:
9 Minuten
Eine junge indigene Frau vom Volk der Waorani mit einer dunkelroten Jacke und einem roten, selbst genähten Mundschutz blickt in die Kamera. Hinter ihr der Wald des Yasuní-Nationalparks, Ecuador.

Allein gelassen von staatlicher Seite, haben viele Indigene ihre eigenen Strategien entwickelt, um sich gegen das Coronavirus zu schützen. Drei Beispiele aus Ecuador, Peru und Brasilien und ein paar wissenschaftliche Überlegungen.

Amazonien in Südamerika wurde unfreiwillig das, was in Schweden gewollt war: ein Experiment in Sachen Herdenimmunität. Obwohl das Erreichen der Herdenimmunität sehr in Frage steht, zeigen aktuelle Studien aus Manaus (Brasilien) und Iquitos (Peru), dass die Seroprävalenz, also der Anteil der Bevölkerung mit nachweislichen Antikörper gegen Covid-19 im Blut, 66 bis 70 Prozent erreicht hat.

Das zeigt, dass das Virus fast ungehindert an den Knotenpunkten des Amazonas gewütet hat und sich bis in die hintersten Winkel indigener Rückzugsgebiete verbreitete. Nach offiziellen Angaben forderte die Pandemie mindestens 2.685 Todesfälle in Manaus und 160.000 Menschen infizierten sich. Die Bilder von Massengräbern in Manaus gingen um die Welt.

Ungewöhnlich hohe Infektionsrate

Diskriminierung und fehlender Zugang zu ärztlicher Versorgung, Schutzkleidung sowie zu den einfachsten Dingen wie Informationen in indigenen Sprachen und Desinfektionsmitteln machten die Pandemie für die Indigenen zur existenziellen Gefahr.

Die brasilianischen Statistiken zeigen, dass in den Monaten Mai und Juni fast 10 Prozent der mit Covid-19 infizierten Indigenen starben – doppelt so viel wie im nationalen Durchschnitt, der bei knapp 5 Prozent lag. In Ecuador testete der Staat zwar die Indigenen, doch bekamen sie die Resultate nie zu sehen und wurden zurück in ihre Dörfer geschickt, wo sie die anderen ansteckten.

Umso mehr verwundert es, dass es in dieser katastrophalen Situation in unterschiedlichen Gebieten im Amazonasbecken den Indigenen gelungen ist, dem tödlichen Virus relativ gut Stand zu halten mit ihren eigenen Strategien.

Junger, indigener Waorani mit halblangem Haar auf einer Holzbank, im Hintergrund der Tiputini-Fluss im Yasuní-Nationalpark, Ecuador.
Während des Lockdowns verbrachte die Ethnologin Andrea Bravo Díaz viel Zeit mit den Waorani. Das Foto entstand am Aussichtspunkt über dem Tiputini-Fluss.
„Die Kraft liegt für die Indigenen in den Körpern der Menschen. Sie muss jeden Tag aufrechterhalten und zwischen den Generationen weitergegeben werden.“ (Andrea Bravo Díaz)
Der Paranapura-Fluss bei Hochwasser. Am Ufer sieht man ein palmstrohbedecktes Holzhaus und über der grünen Wand des tropischen Regenwaldes türmen sich Regenwolken.
Am Oberen Paranapura in Peru helfen sich die Shawi mit Heilpflanzen gegen das Coronavirus.
Auf einem mit geometrischen Mustern verziertem Tisch steht ein Aschenbecher aus Kokosnuss und ein geflochtener Korb mit zwei Plastiktütchen voll Tabak und einem Feuerzeug.
Mit dem bahsesé-Segen und seinen komplizierten Formeln werden die mythischen, heilenden Mächte in unterschiedlichen Substanzen beschworen. Dabei kann es sich um Wasser, Tabak, oder eine Zigarette handeln.
Plakat der Indigenen Vereinigung AKAVAJA der Kanamari vom Javarí-Tal, Brasilien: "„Covid-19 hat das Volk der Kanamari infiziert im brasilianischen Amazonasgebiet“.
„Covid-19 hat das Volk der Kanamari infiziert im brasilianischen Amazonasgebiet.“ Mit einer Selbsthilfe-Kampagne haben sich die Kanamari im Javarí-Tal, Brasilien mit den nötigsten medizinischen Hilfsmitteln versorgt.
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