Experte für Politik der Arktis: Europa darf den hohen Norden nicht weiter vernachlässigen

Die Arktis war bisher nur selten Thema politischer Debatten, kritisiert der Politologe Andreas Raspotnik vom Fridtjof-Nansen-Institut. Braucht Deutschland und Europa Donald Trumps Provokationen, um sich der Bedeutung der Region bewusst zu werden?

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Riesige weiße Landschaft mit kleinem Touristenboot

Seit der neue US-Präsident Donald Trump den Anspruch erhoben hat, Grönland solle künftig zu den USA gehören, ist die Arktis wieder in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt. Die Region nördlich des 66. Breitengrades verändert sich dramatisch durch den Klimawandel und steht im Fokus zahlreicher wirtschaftlicher und militärischer Interessen. Der Politikwissenschaftler Andreas Raspotnik beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Arktis und ihren Anrainerstaaten. Er arbeitet als Forscher und Fellow unter anderem an der Nord-Universität im norwegischen Bodø und am Fridtjof-Nansen-Institut in Oslo.

Die Arktis war bisher nur selten Thema politischer Debatten. Brauchen wir in Deutschland und Europa einen Donald Trump und seine Provokationen, um uns die Bedeutung der Region bewusst zu machen?

Etwas überspitzt formuliert ist das so. Die Arktis steht zwar immer wieder mal im Fokus, zum Beispiel als die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel 2007 in Grönland zu Besuch war oder als der russische Nationalist Artur Tschilingarow 2010 eine Flagge in den Meeresboden unter dem Nordpol rammte, um das Gebiet für sein Heimatland zu beanspruchen. Aber eben nur kurzzeitig. Die Polarregion verschwindet in Deutschland und im größten Teil Europas schnell wieder aus dem Bewusstsein.

Warum ist das bei uns so?

Richtung Süden geht es in Deutschland und der EU um das Thema Migration, Richtung Osten um den aggressiven Kurs Russlands, den Ukrainekrieg. Das bindet viel Aufmerksamkeit. Für den Norden ist da bisher nicht mehr viel politische Energie übrig gewesen. Es fehlt einfach an einem Nachbarschaftsgefühl, einer engen Beziehung in diese Region mit ihren vier Millionen Menschen. Und vielleicht fehlte es bisher – wieder überspitzt gesagt – auch an einem Konflikt, der die Arktis in der Öffentlichkeit zum Brennpunkt macht.

Portraitfoto des lächelnden Manns mit Sieben-Tage-Bart
Andreas Raspotnik
Bunte Häuser vor dramatischer Landschaft
Häuser an der grönländischen Küste in der Hauptstadt Nuuk.
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