„Schneller als Trump?“ – Merz will Entwicklungshilfe halbieren und Ministerium abwickeln

Exklusiv: CDU und CSU planen das Ressort als eigenständiges Ministerium abzuschaffen und in das Auswärtige Amt einzugliedern. Die SPD leistet Widerstand gegen die Pläne

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Merz am Rednerpult im Bundestag

Union und SPD ringen um die Zukunft des Entwicklungshilfeministeriums. In den laufenden Koalitionsverhandlungen fordern CDU und CSU die Abschaffung des Entwicklungsministeriums und dessen Eingliederung in das Auswärtige Amt.

Die Zusammenlegung solle mit einer Halbierung des Budgets für Entwicklungszusammenarbeit einhergehen, erfuhr RiffReporter aus Kreisen der Unterhändler. Auf Seiten der SPD gibt es starken Widerstand gegen die Pläne. „Wir kämpfen dafür, dass weder das eine noch das andere kommt“, sagte eine mit dem Verhandlungsstand vertraute Person. Eine Prognose darüber, wer sich am Ende durchsetzen wird, wollte in Verhandlungskreisen niemand wagen.

Bruch von historischer Dimension

Die Abschaffung des Ministeriums wäre ein Bruch von historischer Dimension. Das Ministerium gibt es seit mehr als 60 Jahren. 1961 wurde mit dem späteren Bundespräsidenten Walter Scheel erstmals ein Entwicklungshilfeminister ernannt.

Derzeit leitet die SPD-Politikerin Svenja Schulze das Ressort. Schulze ist auch Verhandlungsführerin ihrer Partei in der zuständigen Arbeitsgruppe 12 „Außen und Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechte“.

Der Etat des Entwicklungsministeriums war im Zuge der Sparpolitik der Ampel-Koalition schon in den vergangenen Jahren stark zusammengestrichen worden und lag zuletzt bei gut 10 Milliarden Euro. Eine Halbierung der Finanzmittel würde die bislang führende Rolle Deutschlands in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit stark schwächen.

„Schneller als Trump“

Auch für die internationale Umweltpolitik und den Klimaschutz wären die Abwicklung des Ministeriums und weitere Budgetkürzungen ein schwerer Rückschlag. Rund 80 Prozent der deutschen Gelder für die Klimaanpassung, den Klimaschutz und den Naturschutz in den Ländern des Globalen Südens kommen aus dem Entwicklungsministerium.

International würde die Abschaffung des Ministeriums ein verheerendes Signal senden, wird im Ministerium und innerhalb der SPD befürchtet. „Wenn es ganz schlecht läuft, sind wir schneller mit der Abwicklung des Ministeriums als Trump mit seiner“, zeigte sich ein Vertreter der Sozialdemokraten sarkastisch.

US-Präsident Donald Trump hat die weitgehende Schließung der US-Entwicklungshilfebehörde USAID angeordnet. Derzeit wird der Streit darüber vor zahlreichen Gerichten ausgetragen. Durch Trumps Anordnung fallen die USA bereits jetzt als der größte Geldgeber in der internationalen humanitären Hilfe aus. Zahlreiche Programme – darunter lebenswichtige Programme zur Aids-Hilfe, Wasserversorgung und humanitärer Notfallhilfe in vielen Kriegs- und Krisenregionen – wurden gestoppt.

Viele Entwicklungsländer, aber auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen haben von Europa und von Deutschland deshalb gefordert, diese Lücke mit verstärkten eigenen Anstrengungen zu schließen.

Parteiübergreifender Appell von Ex-Ministern

Auch Ex-Minister appellieren für den Erhalt des Entwicklungsministeriums. Parteiübergreifend warnten frühere deutsche Entwicklungshilfeminister vor einer Abwicklung des Ministeriums und weiteren Einsparungen. „Wer eine ‚Integration‘ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in das Auswärtige Amt vorschlägt, degradiert in Wahrheit die Entwicklungspolitik zu einem Anhängsel und zerstört damit eine Tradition Deutschlands, die uns weltweit viel Anerkennung eingebracht hat“, schrieben die früheren Ressortchefs Gerd Müller (CSU) und Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) in einem Gastbeitrag für den „Tagesspiegel“.

Omen auch für Umweltministerium?

Ob Deutschland in der sich neu formierenden Weltordnung ein Akteur oder nur ein Zaungast sein werde, entscheide sich auch daran, ob die Entwicklungspolitik neben Verteidigung und Diplomatie sei. „Soft Power“ sei schwer aufzubauen, aber leicht zu verlieren, warnen die Ex-Minister.

Schon beim Zuschnitt der einzelnen Verhandlungsgruppen hatte es Befürchtungen gegeben, damit würden Vorbereitungen für eine Zusammenlegung einzelner Ministerien vorbereitet. Diese Befürchtungen erhalten nun Auftrieb. Insbesondere in der thematischen Ausgestaltung der Arbeitsgruppe 11 – "Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung, Umwelt – wurden bereits Hinweise auf eine Fusion von Landwirtschafts- und Umweltministerium gesehen. Weil die CSU das Agrarressort für sich reklamiert, beunruhigt diese Aussicht nicht nur die grüne Opposition.

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