Massenproteste in Indonesien: Wirtschaftskrise und Willkür heizen Wut der Bürger an

Soziale Ungerechtigkeit, Korruption, Polizeibrutalität: Studenten, Aktivisten, aber auch tausende Menschen aus der einfachen Bevölkerung schließen sich in Indonesien gerade massiven Demonstrationen gegen die Regierung an. Journalistin Evi Mariani erklärt im Interview die Hintergründe.

vom Recherche-Kollektiv Weltreporter:
6 Minuten
Demonstranten klettern auf ein Tor vor dem indonesischen Parlament in Jakarta.  Neben der indonesischen Fahne (links) tragen sie eine Flagge aus dem japanischen Anime „One Piece“ (rechts). Der Totenkopf mit Strohhut wurde zum Symbol der Proteste.

Ende August, nur wenige Tage nach dem 80. Unabhängigkeitstag der Republik Indonesien, demonstrierten vor dem Parlament in der Hauptstadt Jakarta erst einige hundert, später tausende Menschen gegen die Regierung von Prabowo Subianto. Bereits im Januar und April dieses Jahres kam es zu Protesten gegen die autoritäre Politik und Misswirtschaft des Ex-Generals und Ex-Schwiegersohns des früheren Diktators Suharto. Als am 28. August ein Panzerwagen der Bereitschaftspolizei – offenbar absichtlich – einen Motorradtaxifahrer überfuhr und tötete, eskalierte die Lage. Infolgedessen kam es in Jakarta und anderen Städten zu gewalttätigen Ausschreitungen, zehn Menschen starben, mehr als 3000 wurden festgenommen. Es waren die größten Unruhen seit dem Sturz des Suharto-Regimes 1998.

Welche Gründe dahinterstecken, was die sozialen Medien damit zu tun haben und warum viele Indonesier*innen eine Rückkehr der Militärherrschaft fürchten – darüber redet Evi Mariani, Mitbegründerin und Geschäftsführerin der journalistischen Online-Plattform Project Multatuli, im folgenden Interview. Ihre preisgekrönte Redaktion berichtet vor allem über Themen, die in den indonesischen Leitmedien kaum Platz finden: indigene Gemeinschaften, religiöse und sexuelle Minderheiten – oder die arme Stadtbevölkerung, die jetzt auf die Straße geht. Zuvor war Mariani leitende Redakteurin bei der Jakarta Post.

Evi Mariani ist Mitbegründerin und Geschäftsführerin der indonesischen Nachrichten-Plattform Project Multatuli.
Evi Mariani ist Mitbegründerin und Geschäftsführerin der indonesischen Nachrichten-Plattform Project Multatuli.
Schwer bewaffnetePolizisten versperren wütenden Demonstrant*innen in einem Wohnviertel von Jakarta den Weg zum Parlament.
Schwer bewaffnete Polizisten versperren wütenden Demonstrant*innen in einem Wohnviertel von Jakarta den Weg zum Parlament.
28. August 2025 während einer Massendemonstration vor dem indonesischen Parlament: Eine Frau schlägt mit einer indonesischen Fahne am Bambusstock auf einen bewaffneten Polizisten ein. Das Pink ihres Kopftuches wurde zusammen mit dem Grün der Jacke des Motorradtaxifahrers, der am selben Tag getötet wurde, zu den Symbolfarben der Protestbewegung.
28. August 2025 während einer Massendemonstration vor dem indonesischen Parlament: Eine Frau schlägt mit einer indonesischen Fahne am Bambusstock auf einen bewaffneten Polizisten ein. Das Pink ihres Kopftuches wurde zusammen mit dem Grün der Jacke des Motorradtaxifahrers, der am selben Tag getötet wurde, zu den Symbolfarben der Protestbewegung.
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