FAQ zum Klimagipfel COP27 in Ägypten: Die wichtigsten Themen und Hintergründe im Überblick
Was genau ist die COP27? Wie erfolgreich waren bisherige Klimagipfel? Was sind die wichtigsten Themen in Ägypten? Wer nimmt an dem Klimagipfel teil? Welche unterschiedlichen Interessengruppen gibt es? Wann kann die COP27 als Erfolg gewertet werden?
Was genau ist die COP27?
Schon vor 30 Jahren waren den Staaten der Erde die Gefahren einer ungebremsten Erderwärmung bewusst. Deshalb haben sie 1992 auf dem Erdgipfel von Rio de Janeiro eine internationale Konvention geschaffen, um gemeinsames Handeln für den Klimaschutz zu organisieren. Dieser Konvention sind bis heute 197 Staaten beigetreten. Einmal im Jahr treffen sie sich zur Konferenz der Vertragsstaaten, kurz COP. Nehmen Staats- und Regierungschefs teil, spricht man von einem „Gipfel“.
Bei diesen Treffen geht es jeweils darum, Fortschritte zu überprüfen, neue Initiativen zu starten und Beschlüsse zu fällen. Die erste Weltklimakonferenz fand unter Leitung der damaligen Bundesumweltministerin Angela Merkel 1995 in Berlin statt. Erst bei der COP20 im Jahr 2015 in Paris gelang es, ein umfassendes Vertragswerk mit verbindlichen Zielen zu beschließen.
Die Staaten haben sich in Paris verpflichtet, die Erderwärmung in jedem Fall unter 2 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen und nach Möglichkeit unter 1, 5 Grad zu halten. Die letzte Klimakonferenz COP26 im britischen Glasgow hat viele Aufgaben auf die diesjährige Konferenz verschoben. Deshalb kommt diesem 27. Klimagipfel, der vom 6. bis 18. November im ägyptischen Sharm El Sheikh am Roten Meer stattfindet, eine große Bedeutung zu.
Wie erfolgreich waren bisherige Klimagipfel?
In jedem Fall noch nicht erfolgreich genug. 2021 stiegen die weltweiten CO2-Emissionen auf 36, 6 Milliarden Tonnen und damit wieder ungefähr auf den bisherigen Rekordwert vor der Pandemie aus dem Jahr 2019. Die Konzentration von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre steigt kontinuierlich an. Sie lag 2021 bei durchschnittlich 415 parts per million (ppm) und damit um knapp die Hälfte höher als zu Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Zugleich häufen sich rund um den Globus Extremwetterereignisse, die ohne die erhöhte CO2-Konzentration in der Atmosphäre unwahrscheinlicher wären. Dazu zählen etwa die Rekordhitze in Europa in diesem Sommer und die Überschwemmungen in Pakistan, die weite Teile des Landes unter Wasser gesetzt haben.
Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) legte Ende Oktober im jährlichen Bericht über die „Emissionslücke“ dar, dass derzeit geltende Beschlüsse der einzelnen Staaten mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Erderwärmung von mindestens 2, 8 Grad führen werden, was katastrophale Folgen hätte.
Selbst wenn alle bisherigen Zusagen, die noch nicht umgesetzt sind, verwirklicht würden, werde die Erwärmung nur auf 2, 4 bis 2, 6 Grad Celsius begrenzt, warnte die UNEP und forderte eine „äußerst dringliche umfassende Transformation“. Zu den Fortschritten zählt es, dass die prognostizierte Erwärmung beim Klimagipfel von Paris noch bei 3, 6 Grad Celsius lag und nun auf 2, 4 bis 2, 8 Grad gesunken ist. Eine solche Erwärmung würde aber immer noch gewaltige negative Folgen haben und zum Beispiel die Welternährung und den Fortbestand der Korallenriffe substantiell gefährden.
Konkret geht es dabei darum, fossile Energieträger schnell durch Alternativen zu ersetzen, also etwa bei der Stromversorgung durch erneuerbare Energien oder Atomenergie oder bei der Mobilität durch Autos mit Verbrennungsmotor durch andere Fortbewegungsmittel. Bei der Landnutzung und dem sogenannten „natürlichen Klimaschutz“ geht es darum, bestehende Wälder zu bewahren und neue anzulegen, und zudem Lebensräume, die effektiv Kohlenstoff binden, zu erhalten und zu regenerieren. Dazu zählen etwa Moore, Mangrovenwälder und Seegraswiesen.
Bei all diesen Zielen gibt es zwar Fortschritte, doch die Menschheit ist von dem angestrebten 1, 5-Grad-Ziel noch weit entfernt.
Um was geht es bei der COP27 in Ägypten?
Zu den wichtigsten Themen in diesem Jahr zählt, ob die Staaten ausreichende eigene Ziele beschlossen haben, ihren Ausstoß an Treibhausgasen zu reduzieren, um in Summe die Erderwärmung ausreichend schnell zu bremsen und zu begrenzen. Klimaforscher kritisieren, dass seit dem letzten Klimagipfel nur 24 der 197 Länder wie versprochen konkrete Vorschläge gemacht hätten, ihre Emissionen noch weiter zu reduzieren als bisher geplant.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Frage, ob die reichen Länder genügend Finanzmittel zur Verfügung stellen, um ärmeren Ländern beim klimafreundlichen Umbau ihrer Energieversorgung, der Landwirtschaft und des Transportwesens zu helfen. Bereits 2009 war versprochen worden, dass von 2020 an 100 Milliarden Dollar pro Jahr fließen. Der OECD zufolge werden davon bisher nur 83 Milliarden Dollar bereitgestellt. Laut Vereinten Nationen werden Entwicklungsländer bereits 2030 allein für die Anpassung an die Klimakrise zwischen 160 Milliarden und 340 Milliarden Dollar pro Jahr benötigen und zur Mitte des Jahrhunderts 565 Milliarden Dollar pro Jahr.
Ein drittes Thema, das im Vordergrund stehen wird, sind künftige Reparationszahlungen für Klimaschäden. Verursacht haben die Klimakrise hauptsächlich reichere Länder, doch viele der katastrophalen Folgen treffen ärmere Länder. Hier geht es um die Frage, wie die „Schäden und Verluste“ etwa durch Dürren oder Überschwemmungen von den Verursachern bezahlt werden. Bei einer Kontroverse, ob das Thema überhaupt auf der Tagesordnung stehen soll, haben sich zuvor ärmere Länder durchgesetzt. Eine Rolle spielt auch, wie Natur- und Klimaschutz durch sogenannte „Naturbasierte Lösungen“ besser zusammenwirken können.
Erschwert werden die internationalen Klimaverhandlungen dadurch, dass der russische Angriffskrieg auf die Ukraine die Politik sehr stark fordert. Es bleibt weniger Zeit und Aufmerksamkeit für den Klimaschutz. Ein Ergebnis des Kriegs gegen die Ukraine ist, dass für fossile Energieträger Rekordpreise gezahlt werden. Die Öl- und Gaskonzerne erwarten deshalb Hunderte Milliarden Euro zusätzliche Gewinne. Ob dieses Geld bei Aktionären und in der Erschließungen neuer fossiler Lagerstätten oder aber in der Energiewende landet, ist noch unklar. Zwar schaffen hohe Preise für Verbraucher starke Anreize, Energie zu sparen. Gleichzeitig ist es für Regierungen aber schwieriger, die Politik gezielt auf den Klimaschutz auszurichten, weil hauptsächlich im Fokus steht, die Energiepreise zu senken.
Was kann Deutschland auf der COP27 beim Klimaschutz vorweisen?
Deutschland hat seit den 1990er Jahren die Emissionen an Treibhausgasen von 1, 2 Milliarden Tonnen CO2 stetig auf 762 Millionen Tonnen im Jahr 2021 reduziert, was einem Minus von 36 Prozent entspricht. Maßgeblichen Anteil daran hatten die Stilllegung ineffizienter Wirtschaftsbetriebe in Ostdeutschland, Gebäudesanierungen und der Umstieg auf erneuerbare Energien bei der Stromversorgung. Den geringsten Beitrag zum Klimaschutz hat bisher der Verkehrssektor geleistet. Zwar werden Fahrzeuge pro gefahrenen Kilometer sparsamer, aber die Automodelle sind insgesamt sehr groß und die Zahl der Autos sowie der gefahrenen Kilometer steigt. Ziel der Bundesregierung ist es, die Emissionen bis 2030 auf 438 Millionen Tonnen zu reduzieren, also um weitere 42 Prozent im Vergleich zu heute, und dann bis 2045 auf netto Null.
Der von der Bundesregierung eingesetzte Expertenrat für Klimafragen hat pünktlich zur COP27 eine Zwischenbilanz vorgelegt. „Die bisherigen Emissions-Reduktionsraten reichen bei weitem nicht aus, um die Klimaschutzziele für 2030 zu erreichen – weder in der Summe noch in den einzelnen Sektoren, “ sagte Ratsmitglied Thomas Heimer. Die jährlich erzielte Minderungsmenge müsse sich im Vergleich zur Entwicklung der vergangenen zehn Jahre mehr als verdoppeln. Im Industriesektor wäre dem Expertenrat zufolge eine 10-fache und beim Verkehr sogar eine 14-fache Erhöhung der durchschnittlichen Minderungsmenge pro Jahr notwendig.
Zu den Finanzhilfen reicher Länder für ärmere Länder trug die Bundesregierung nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit 2021 rund 5, 3 Milliarden Euro zu Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen bei. Laut Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) wird die Summe 2023 auf 6 Milliarden Euro erhöht. In einem Ranking des britischen Klima-Watchdogs CarbonBrief schneidet Deutschland damit im Vergleich zu den USA, Kanada und Großbritannien positiv ab, weil der Anteil an den Zahlungen höher liege als der Anteil Deutschlands an den historisch verursachten Emissionen. Demnach hätten zum Beispiel die USA knapp 40 Milliarden Euro beisteuern müssen, stellten aber nur 7, 6 Milliarden zur Verfügung. Positiv schneiden auch Frankreich und Japan ab.
Wer nimmt an dem Klimagipfel teil?
Wie vorangegangene Konferenzen bringt auch die COP27 tausende Menschen zusammen. Gerechnet wird mit mehr als 35.000 Teilnehmenden. Den Kern bilden die Delegierten der Mitgliedstaaten. Das sind in der Mehrzahl Mitarbeiter und Spitzenbeamte der zuständigen Ministerien. Sie führen einen Großteil der Verhandlungen, vor allem in der ersten der beiden Konferenzwochen. Umweltministerinnen und -minister kommen meistens in der zweiten Konferenzwoche hinzu. Staats- und Regierungschefs treten entweder zum Auftakt auf, um einen Erfolg zu beschwören, oder kommen am Ende dazu, wenn nur sie eine Einigung herbeiführen können.
Zudem nehmen an Klimakonferenzen Tausende von Menschen etwa aus Umweltorganisationen und WIrtschaftsverbänden teil, die versuchen, Einfluss auf die Delegierten und Politiker*innen zu nehmen. Zudem sind oft auch Aktivistinnen und Aktivisten zugegen, um die Konferenz mit Demonstrationen oder Protestaktionen zu begleiten. Eine weitere Teilnehmergruppe sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zum Beispiel bei Veranstaltungen am Rand der Konferenz auftreten oder wegen ihrer Expertise hinzugezogen werden.
Für Deutschland nimmt am Beginn der Konferenz zwei Tage lang auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teil. Zudem sind neben den Fachbeamten die Ministerien für Umwelt, Landwirtschaft, Wirtschaft und Klimaschutz sowie das Außenministerium vertreten.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) werden in der Schlussphase an der Weltklimakonferenz teilnehmen. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) werden ebenfalls anreisen. Wirtschaftsminister Robert Habeck veröffentlichte zum Gipfelstart eine Videobotschaft, in der er sagt, es gehe nicht darum, das Klima selbst zu schützen, sondern „um das Überleben der Menschheit“.
Welche unterschiedlichen Interessengruppen gibt es?
Auf COPs organisieren sich die Staaten in verschiedenen, teils überlappenden Allianzen. Dazu zählen zum Beispiel die in ihrer Existenz bedrohten Inselstaaten, die Gesamtgruppe der Entwicklungs- und Schwellenländer, die Allianz der handlungswilligen Industriestaaten, oder Staaten, die in der Klimapolitik bremsen wollen, zum Beispiel weil sie wirtschaftlich stark vom Verkauf fossiler Energieträger abhängig sind. Verhandlungen im Plenum werden oft unterbrochen, damit solche Staatengruppen sich beraten können.
Wann kann die COP27 als Erfolg gewertet werden?
Unter dem Strich sind Klimagipfel dann wirklich erfolgreich, wenn endlich Reduktionen beschlossen würden, mit denen das 1, 5-Grad-Ziel verlässlich erreicht wird und wenn die vereinbarten 100 Milliarden Euro Unterstützung für ärmere Länder pro Jahr für den Transformationsprozess fließen und auch wirklich zielgerichtet effektiv eingesetzt werden. Bei derart schwierigen und fragilen Verhandlungen ist es – zumal unter den aktuellen Umständen – aber schon ein Teilerfolg, wenn die Staaten der Erde weiter konstruktiv zusammenarbeiten, es zu keinen Blockaden oder Zerwürfnissen kommt und der eingeschlagene Weg nach vorne fortgesetzt wird.