Wie unabhängigen Journalisten in Marokko Leben und Arbeiten schwer gemacht wird

Überwacht, beleidigt, finanziell in den Ruin getrieben: für marokkanische Medienschaffende verschärft sich die Situation immer mehr.

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
4 Minuten
Ein älterer Mann sitzt auf einer Bank im Park und liest Zeitung. Im Hintergrund lehnt ein Fahrrad an einem Baum.

Für unabhängige Journalistïnnen wird die Situation in Marokko immer schwieriger. Betroffene berichten, sie seien Schmierkampagnen ausgesetzt, würden für vermeintliche Sexualverbrechen vor Gericht gezerrt, überwacht oder finanziell in den Ruin getrieben. Zuletzt wurde im März ein Journalist zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.

„Mein erster Reflex war der Blick zur Decke, sobald ich die Wohnung betrat“, erzählt die marokkanische Journalistin Hajar Raissouni. Nachdem private Gespräche und Details aus ihrem Leben den Weg in die Medien und soziale Netzwerke fanden, wollte sie sich versichern, dass in ihrer Wohnung keine Kameras oder Wanzen angebracht waren. Die heute 30-Jährige war 2019 wegen einer Abtreibung und außerehelichem Geschlechtsverkehr verurteilt worden. Auch ihr sudanesischer Verlobter und ihr Arzt wurden damals verurteilt. Alle drei hatten die Vorwürfe von sich gewiesen und wurden nach öffentlichem Druck vom marokkanischen König begnadigt.

„Zwei Tage nach meiner Begnadigung hat sich die Regierungspresse auf mich gestürzt, “ erzählt Raissouni bei einer Veranstaltung des Journalismusforum „Les Assises de Tunis“. Was ihr widerfahren sei, sei nichts Außergewöhnliches oder habe direkt etwas mit ihrer Person zu tun, ist Raissouni überzeugt. „Das kann jedem Oppositionellen und jedem unabhängigen Journalisten in Marokko passieren.“

Zwei Männer und eine Frau sitzen in Sesseln auf einem Podium
Hajar Raissouni (r.), Aboubakr Jamai (l.) und Abdellatif El Hamamouchi (m.) werden in Marokko ständig gegängelt, beklagen sie.
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