Kelp für den Klimaschutz: Warum eine Firma in Namibia Riesen-Algen im Meer anbaut

Braune Riesenalgen sind bislang unterschätzte Kohlenstoffspeicher. Sie sind gut fürs Klima und die Biodiversität. Die Firma Kelp Blue pflanzt in Namibia ganze Kelp-Wälder im Meer an. Und sie stellt nachhaltige Produkte aus den Algen her, die Landwirten dabei helfen, Dürreperioden und Klimaschocks besser zu überstehen.

vom Recherche-Kollektiv Weltreporter:
11 Minuten
Ein Taucher schwimmt durch einen Kelp-Wald aus braunen Riesenalgen

Steigende Meeresspiegel, häufige Dürren, verheerende Stürme – die Folgen des Klimawandels sind weltweit spürbar. Doch rund um den Globus suchen Menschen nach Lösungen, die das Schlimmste verhindern können: Ressourcen nachhaltiger nutzen, neue Wege für die Landwirtschaft oder politisches Engagement für klimabewusstes Handeln. An jedem zweiten Mittwoch im Monat lesen Sie hier, wie Menschen weltweit gegen die Klimakrise kämpfen.

Es ist kalt und stürmisch an diesem Morgen in Lüderitz, einer kleinen Stadt in Namibia, zwischen Wüste und Atlantikküste. In eine dicke Jacke eingemummelt betritt Angelique Dodds einen Kolonialbau um die Ecke des Hafens. „Bei diesem Wetter haben wir leider keine Chance, raus zur Farm zu fahren“, sagt die 27-Jährige. Die Farm liegt etwa elf Seemeilen draußen, mitten im Ozean. Die Firma Kelp Blue, für die Dodds als Umweltwissenschaftlerin arbeitet, baut dort Riesenalgen an, Macrocystis pyrifera. Der sogenannte Giant Kelp ist eine braune Alge, die bis zu 45 Meter hoch wachsen kann, vom Meeresgrund bis an die Oberfläche. Sie bildet wie Bäume Stämme, Äste und ganze Wälder. Allerdings wachsen Kelp-Wälder wesentlich schneller – unter idealen Voraussetzungen bis zu 60 Zentimeter am Tag.

Kelp wächst in kaltem, nährstoffreichem, klarem Wasser

Die Küste bei Lüderitz sei einer der wenigen Ort weltweit, der solche Bedingungen biete, erklärt Fabian Shaanika, Geschäftsführer von Kelp Blue in Namibia. Die Firma wurde 2020 in den Niederlanden gegründet und hat zwei weitere Standorte in Alaska und Neuseeland. Kelp wächst nur in kaltem, nährstoffreichem Wasser. In Namibia bringt das die Benguela-Meeresströmung aus der Antarktis. „Wichtig ist auch die Klarheit des Wassers, denn die Algen brauchen für ihr Wachstum viel Sonnenlicht“, sagt Shaanika. Und weil sie schneller wachsen und die Photosynthese auf Hochtouren läuft, binden sie auch besonders viel Kohlendioxid (CO²) aus der Atmosphäre. „Während seines Wachstums speichert Kelp zwei- bis dreimal so viel Kohlenstoff wie jede andere Pflanze“, sagt Shaanika.

Sie trägt eine dicke Jacke und schaut auf ein Informationsplakat über Kelp im Büroflur
Umweltwissenschaftlerin Angelique Dodds im Büroflur von Kelp Blue
Blick aus der Vogelperspektive auf den Ozean, ein Boot und Algenwälder
Algenwälder sind Kohlenstoffspeicher und Lebensräume.

Die Riesenalgen speichern Kohlenstoff in Form von organischen Verbindungen. Eine internationale Studie belegt die bislang unterschätzte Bedeutung von Algenwäldern als langfristige Kohlenstoffspeicher, für die Verringerung von Treibhausgasen und den Klimaschutz. Die Forschenden schätzen, dass Algenwälder jedes Jahr etwa 15 Prozent des aufgenommenen Kohlenstoffs in die Tiefsee transportieren, wo er teils über Jahrhunderte eingeschlossen bleiben kann.

Algen-Wälder sind wichtige Ökosysteme und Lebensräume

Doch Kelp kann noch mehr. „Nur weil Kelp nicht so niedlich oder charismatisch wie ein Pandabär oder ein Delfin ist, bedeutet das nicht, dass er nicht wichtig ist“, betont Dodds. Es sei faszinierend, mehr über den vielfältigen Nutzen der Riesenalgen herauszufinden. „Kelp bietet so viele Ökosystemleistungen“, schwärmt sie regelrecht und zählt einige auf: Algenwälder verringern die Intensität der Wellen und könnten die Küsten vor Erosion schützen. Sie regulieren die Wasserqualität sowie die Fülle an pflanzlichem Plankton und könnten so schädlichen Algenblüten vorbeugen. Und sie steigern die Biodiversität, indem sie Lebensräume bieten.

„Kelpwälder sind sehr gute Laichplätze für Fische und auch junge Langusten finden dort Schutz“, sagt Dodds. Das wiederum locke andere Meeresbewohner an: Katzenhaie, Tintenfische, Vögel und Seehunde, die hier Nahrung finden. Das Team habe die Zahl der Arten erfasst, als die Firma vor vier Jahren mit dem Anbau von Kelp in Lüderitz begonnen hat, sagt Geschäftsführer Shaanika. „Unserer Baseline-Studie zufolge gab es zu Beginn etwa 400 verschiedene Arten. Heute sehen wir hier nahezu doppelt so viele.“ Entsprechend lautet der Firmen-Slogan „Re-wilding the oceans“: In den Ozeanen sollen natürliche Lebensräume wiederhergestellt werden.

Begleitet wird die Arbeit durch Forschung der gemeinnützigen Kelp Forest Foundation, die auch namibische Masterstudent*innen wie Angelique Dodds fördert. An anderen Orten würden Kelpwälder wieder aufgeforstet, sagt sie, in Namibia dagegen neue Wälder gepflanzt. Nicht in Küstennähe, wo er von Natur aus wächst, sondern weiter draußen im Meer. Dafür werden „Baby-Kelps gezüchtet“, sagt Dodds und deutet auf ein Gebäude im Hinterhof, das Labor.

Eine Frau und ein Mann auf weißen Kitteln schauen im Labor auf Bildschirme
Die Entwicklung der Baby Kelps wird überwacht und analysiert.
Die Wissenschaftlerin hält die Plastikflasche mit der weißen Röhe in der Hand, sie steht zwischen Holzregalen
Hilinganye Andreas mit den Baby-Kelps

In einem fensterlosen Raum, in kaltweißem Neonlicht sind die Mitarbeiter*innen in ihren weißen Kitteln bei der Arbeit, hantieren mit Petrischalen, studieren Mikroskop-Aufnahmen. Im Raum nebenan greift Hilinganye Andreas in eines der Holzregale und holt eine durchsichtige Plastikflasche hervor, in der eine weiße Röhre mit braunen Sprenkeln steckt. „Das sind die Baby-Kelps“, sagt Andreas. Sie ist 25, forscht im Bereich Biosysteme und arbeitet daran, den Kelp-Anbau zu optimieren.

In der Brutstube der Baby-Kelps

Sie erklärt den groben Ablauf: „Es beginnt damit, dass wir aufs Meer rausfahren.“ Ihr Team sammelt fortpflanzungsfähiges Zellmaterial aus den Algen, extrahiert die Sporen und lässt Einzeller zu Mehrzellern heranwachsen, bis sie groß genug sind, im Meer angepflanzt zu werden. Die junge Forscherin zeigt auf die Plastikflasche mit den Baby-Kelps: „Jetzt kann man sie kaum erkennen, aber in sechs Monaten ist daraus eine sechs Meter hohe Riesenalge gewachsen. Es ist einfach unglaublich.“

Die Baby Kelps wachsen an einem Bindfaden, der um die weiße Röhre gewickelt ist. „So haben sie schon an etwas angedockt und werden im Meer nicht einfach weggespült“, erklärt Andreas. In der Natur ankert Kelp an Felsen, auf sandigem Boden findet er keinen Halt. Da der Meeresboden der Kelp-Farm sandig ist, installiert die Firma zunächst Betonanker und eine Gitterstruktur. „Daran werden die Bindfäden mit den Baby Kelps befestigt“, sagt Andreas.

Riesenalgen leiden unter steigenden Meerestemperaturen

Sie experimentiert mit unterschiedlichen Kelp-Populationen und deren Kreuzungen, die unterschiedliche Ansprüche an die Meerestiefe und Wassertemperatur haben. „Kelpwälder werden durch hohe Temperaturen stark beeinträchtigt. Das macht sie anfällig für den Klimawandel“, sagt sie, während sie ans andere Ende des Labors zu einem Schrank geht, aus dem rotes Licht schimmert. Darin stapeln sich Plastikbehälter mit einer fast durchsichtigen Flüssigkeit. „Das ist unsere Kelp-Samenbank“, so Andreas. „Sie ist wichtig, damit wir die genetische Vielfalt erhalten, um im Zweifelsfall auch natürliche Populationen wiederherstellen zu können.“

In rotem Licht sind aufeinandergestapelte Petrischalen zu sehen
Kelp Samenbank als ökologische Reserve

Nicht nur mit Blick auf den Arten- und Klimaschutz, sondern auch aus Unternehmenssicht wolle Kelp Blue nachhaltig wirtschaften, betont Geschäftsführer Shaanika. Dabei nutzt die Firma Finanzinstrumente wie Emissionsgutschriften und sogenannte Blaue Anleihen, setzt aber vor allem auf den Verkauf eigener Kelp-Produkte. „Während wir Kohlenstoff speichern, entsteht ein Nebenprodukt: ein Bio-Dünger, den wir verkaufen können und der noch dazu die Bodengesundheit wiederherstellt.“

Ein einstöckiges Fabrikgebäude mit blauen Toren und Sonnenkollektoren auf dem Dach
Produktionshalle in Lüderitz
Männer in einem kleinen Boot fischen Algen aus dem Meer
Das Team von Kelp Blue bei der Ernte
Grosse Betonquader mit Löchern und Metallhaken stehen draussen
Betonanker stehen für neue Kelp-Wälder bereit.
Menschenleere Produktionshalle mit mehreren Plastiktanks, Eimern, Schläuchen.
Hier wird das Algenextrakt hergestellt.

Die Fabrik ist nur wenige Minuten Fahrzeit entfernt, in einer Halle auf der anderen Seite des Hafens von Lüderitz. Die Firma hat hier ihren eigenen Steg, vor dem sich Betonanker für neue Kelp-Wälder reihen. Unterschiedliche Teams fahren jede Woche raus, für Forschungszwecke, zur Kontrolle oder Ernte. Dabei werden die Spitzen der Kelp-Wälder geerntet - eine Art Rasenmähen im Ozean. Die Riesenalgen wachsen nach wie Gras, über viele Jahre und das in bekannt rasantem Tempo. Ein nachwachsender Rohstoff für eine nachhaltige Produktion, sagt Latungwa Mwahafa. Kelp habe viele Talente und die Firma will sie ausschöpfen.

Mit Algen-Extrakten überstehen Pflanzen Dürrestress besser

Die 23-Jährige Biochemikern steht in ihrem blauen Arbeitsoverall zwischen verschiedenen Plastiktanks in der Produktionshalle. Es riecht, wenig überraschend, intensiv salzig-fischig nach Algen. Der Kelp kommt direkt vom Boot in einen Tank und durchläuft dann einen Prozess, in dem die bioaktiven Wirkstoffe extrahiert werden. „Zuerst werden die Partikel reduziert, die flüssigen und festen Anteile in einer Zentrifuge getrennt und schließlich gefiltert“, fasst Mwahafa kurz zusammen.

Das Endprodukt ist eine hellbraune Flüssigkeit, ein Algenextrakt, das als Biostimulans in der Landwirtschaft eingesetzt wird. „Wichtige bioaktive Komponenten der Algen, wie unterschiedliche Proteine, Kohlenhydrate und Pflanzenhormone, sind darin enthalten“, erklärt sie. Biostimulanzien regen natürliche Prozesse an, damit die Pflanzen Nährstoffe besser aufnehmen und Stresszeiten wie Dürren besser überstehen können. Die Wirksamkeit wird stichprobenartig getestet, in einem Schiffscontainer neben dem Eingang der Fabrikhalle.

Der junge Mann trägt eine Brille und beugt sich in ein Regal mit den Spösslingen
Michael Mwinga bei der Qualitätskontrolle des Biostimulans

Michael Mwinga taucht einen Alfalfa-Sprössling in die Flüssigkeit und pflanzt ihn dann in einen Topf. Er will überprüfen, wie sich die Wurzeln nach Zugabe des Algendüngers entwickeln. Ausgeprägtere Wurzeln sorgen für eine bessere Nährstoffzufuhr und vergrößern die Überlebenschance. „Biostimulanzien aus Algen sind schon lange bekannt“, sagt er. Hier geht es um Qualitätskontrolle.

In ihrer Kombination sorgen die Moleküle aus dem Algenextrakt dafür, dass die Pflanze Hormone und Stoffwechselprozesse besser regulieren und schneller auf Klimastress reagieren kann. „Ein Hormon kann die Pflanze beispielsweise darüber informieren, dass es Zeit ist, die Stomata zu schließen, weil zu viel Wasser verloren geht“, sagt Mwinga. Stomata sind winzige Poren, die den Gasaustausch der Pflanze mit ihrer Umgebung regulieren. „Die Reaktionszeit der Pflanze wird durch den Einsatz des Biostimulans erhöht.“

Kelp-Dünger verbessert die Bodenqualität

Die Pflanzen trocknen also nicht so schnell aus und können besser mit weniger Wasser haushalten. Das ist in Namibia extrem wichtig, denn das Land zählt nicht nur ohnehin zu den trockensten der Welt, sondern erlebt auch zunehmend schwere Dürrekrisen. Von Traubenfarmern und anderen Landwirten habe er sehr positive Rückmeldungen bekommen, erzählt Mwinga. Allerdings sind das noch Tests, denn in Namibia ist der Biostimulans noch nicht auf dem Markt, die offizielle Registrierung läuft noch, während er in anderen Ländern bereits verkauft wird.

Der 29-Jährige kann es kaum erwarten. Er ist stolz darauf, dass dieses Produkt in Namibia hergestellt wird. Ein grünes Produkt, das auch den Einsatz chemischer Dünger verringern könne. „Der Farmer hat gute Ernten und hinterlässt einen fruchtbaren Boden für die nächste Generation. Anders als heute, wo viele über ausgelaugte Böden klagen.“ Auf einem Feld in Lüderitz wird das in der Praxis erprobt – unter Extrembedingungen.

Das Testfeld ist das einzige Grün in der Wüstenlandschaft, auf einem Felshügel dreht sich eine Windturbine.
Das Algenextrakt wird unter Extrembedingungen getestet.
Sie steht mit dicker Jacke und breitkrempigem Hut mitten auf dem Feld, eingerahmt von der Wüstenlandschaft
Elizabeth Nandjaya auf dem Testfeld in Lüderitz, Namibia
Die junge Frauz hockt neben den Pflanzsäcken und lächelt in die Kamera
Agrarwissenschaftlerin Elizabeth Nandjana nutzt Algen für den Bioanbau.

Das Testfeld wirkt wie eine Fata Morgana. Es liegt mitten in einer Wüstenlandschaft, hinter einer Siedlung am äußersten Rand von Lüderitz, umrahmt von steinigen Hügeln, auf denen sich ein paar Windturbinen im stürmischen Wetter drehen. Ein grüner Fleck in der sandgelben Weite. Das läge natürlich nicht nur an dem Algenextrakt, sondern vor allem an der Bewässerung, sagt Elizabeth Nandjaya lachend. Sie ist 30, Agrarwissenschaftlerin, trägt eine dicke Jacke gegen den beißenden Wind und einen breitkrempigen Hut gegen die Sonne.

Vom Komposthaufen aus, der natürlich auch aus Kelp-Abfällen besteht, stapft sie über das Feld. Traubenstöcke, Kürbisse, Kartoffeln, sogar kleine Bananenstauden wachsen hier. Trotz des sandigen und, wie Nandjaya betont, „furchtbar salzigen“ Bodens. Das Feld existiert erst seit gut einem Jahr. Noch sei es also zu früh, um wissenschaftliche Schlussfolgerungen über die Bodengesundheit zu ziehen. Aber: „Unsere Messungen zeigen einen Rückgang des pH-Werts von 8.9 auf etwa 7.0.“ Damit haben sich die Boden-Bedingungen für die Pflanzen bereits deutlich verbessert, sie entwickeln ausgeprägte Wurzeln. Nandjaya erzählt stolz von ersten Ernteerfolgen, trotz der Extrembedingungen.

Melonen-Ernte in der Wüste

Letztes Jahr hätten sie Wassermelonen, Mais, Bohnen und Weizen angebaut, erzählt sie. „Wir hatten so viele Melonen und Mais, dass wir sie hier in Lüderitz an die Leute verteilen konnten.“ Darüber klingt sie selbst etwas erstaunt. An der Universität hat sie konventionelle Landwirtschaft gelernt, heute ist sie vom Bioanbau überzeugt. „Das ist besser für das Klima, man schadet dem Boden nicht und benutzt keine Pestizide. So habe ich das nie zuvor gemacht, aber es ist wirklich interessant. Man lässt die Natur einfach machen.“

Die Natur hinterlässt keinen Müll und die Firma will es ihr nachtun. Sie verfolgt einen zirkulären Ansatz: Die Riesenalgen-Ernte soll restlos und vielfach genutzt werden. Bevor der Rest auf dem Komposthaufen landet, hat ihn Aina Iyambula unter die Lupe genommen.

Grünliche getrocknete Algen liegen in einem weißen Behälter
Getrockneter Kelp im Labor
Auf einem Tisch liegt Algen-Leder, Pulver, Seife, Geliermitttel, verschiedene Produkte.
Entwicklung nachhaltiger Produkte aus Riesenalgen
Die junge Forscherin beugt sich über das dunkle Leder aus Algen, darauf hat sie einen Tropfen aus der Pipette abgegeben
Aina Iyambula testet wie wasserabreisend das Kelp-Leder ist.

In einem kleinen Labor in der Fabrik beugt sich die Biochemikerin über ein Stück Kelp-Leder, wie sie es nennt. Dann holt sie zur Erklärung etwas aus: Für die Produktion des Biostimulans wird nur die Flüssigkeit gebraucht, zurück bleibt ein Algenbrei. „Wir versuchen aus jedem Nebenprodukt etwas Neues zu machen und ihm einen Mehrwert zu verleihen. Aus dem Rest der Paste stellen wir veganes oder Kelp-Leder her.“ Iyambula ist gerade dabei zu prüfen, wie wasserabweisend es ist, indem sie mit einer Pipette darauf tropft. Das Wasser perlt auf der Maserung ab, die das Kelp-Leder bei der Herstellung in einer Silikon-Form angenommen hat. Sogar Schlangenmuster gibt es. Das Material ist griffig, flexibel und riecht neutral.

Aus Algen können rund 30 Produkte hergestellt werden

Zuvor hat die 26-Jährige der Kelp-Paste alle Bestandteile entzogen, die sie anderweitig nutzen kann. Für die Lebensmittel-, Kosmetik, - Pharma- und Verpackungsindustrie, als Geliermittel, in Cremes, für Krebsmedikamente oder als Bioplastik. Weltweit gibt es schon Erfahrungen mit Algen-Produkten, sie werden auch von anderen Firmen entwickelt und hergestellt. „Wir haben vielversprechende Prototypen und Pilotprojekte“, sagt Iyambula, bevor sie sich wieder dem Kelp-Leder widmet.

Der Geschäftsführer trägt eine dunkle Anzugjacke über weißem Hemd, Bart, Glatze. Er steht vor einer Steinwand.
Fabian Shaanika, Geschäftsführer von Kelp Blue, Namibia

Über 30 klimafreundliche Produkte könnten aus Algen hergestellt werden, sagt Geschäftsführer Fabian Shaanika. Er ist stolz auf den Ehrgeiz und die Leidenschaft seines jungen Teams. Kelp Blue hat über 90 Angestellte, Durchschnittsalter 30, viele kommen direkt von der Universität. Sie absolvieren oft erst ein Graduiertenprogramm und bekommen im Anschluss meist einen Vertrag. „Denn wir wachsen rapide“, sagt Shaanika. In den letzten zwei Jahren hat sich die Belegschaft mehr als verdoppelt.

Namibia hat eine Arbeitslosenquote von über 30 Prozent. Gut ausgebildete Fachkräfte ziehen ins Ausland, weil sie zuhause keinen Job finden. Es gehe ihm also neben dem Klimaschutz, auch um eine positive Wirkung auf das Leben seiner Landsleute. „Junge Namibier sollen erleben, dass hier eine Industrie aufgebaut werden kann, die vor fünf Jahren noch nicht existierte.“ Dass sie daran teilhaben und sogar weltweite Pionierarbeit leisten könnten, sagt Shaanika. „Niemand tut, was wir hier tun, in dieser Größenordnung. Und all das passiert in einer kleinen Stadt namens Lüderitz, mitten in Namibia.“

Dieser Beitrag wurde gefördert durch den Riff-Qualitätsfonds für freien Journalismus der RiffReporter eG.

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