Preisgekrönter Kinofilm „Green Border“: Polens Regierung spricht von Nazi-Propaganda

Kurz vor den Parlamentswahlen in Polen lanciert die national-populistische Regierung unter der PiS-Partei heftige Attacken gegen die international renommierte Regisseurin Agnieszka Holland und ihr preisgekröntes Drama „Green Border“ über Flüchtlinge an der polnischen Grenze zu Belarus.

vom Recherche-Kollektiv Weltreporter:
5 Minuten
Ein Plakat vor dem Multikino im polnischen Ostseebad Sopot kündigt den Film „Zielona Granica“ (Grüne Grenze) von Agnieszka Holland an.

Es ist einer der letzten warmen Spätsommerabende in Polens Ostseebad Sopot, dem polnischen Monte Carlo. Hier treffen sich VIPs und Stars der Musik- und Filmszene – und dazu viele Wochenendbesucher. Im Kino am „Kurplatz“, gleich gegenüber des altehrwürdigen Sanatoriums, läuft heute der international hochgelobte Film „Zielona Granica – Green Border“(„Grüne Grenze“) der international renommierten polnischen Regisseurin Agnieszka Holland.

Im Gegensatz zur Premiere einige Tage zuvor in Krakau gibt es im liberal regierten Sopot an diesem Abend keine Demo rechtsradikaler Aktivisten gegen den aus ihrer Sicht anti-polnischen Film, werden die Kinobesucher nicht beschimpft. So lässt sich in Ruhe das in Schwarz-Weiß gedrehte Drama einer syrischen Flüchtlingsfamilie anschauen, die versucht via Belarus und Polen nach Schweden zu gelangen, wo ein Mitglied der kriegsversehrten Großfamilie bereits lebt. Die Eltern Amina und Baschir werden dabei mit ihren drei Kindern dreimal in umstrittenen Pushbacks von Polen wieder nach Belarus getrieben. Sie werden erniedrigt, geschlagen und verlieren zwei Familienmitglieder. Der Großvater wird von den belarusischen Grenzsoldaten zu Tode geprügelt, Sohn Nur ertrinkt in den polnischen Sümpfen.

Der von Kritikern gelobte Film, der Anfang September beim Festival in Venedig mit dem Jury-Spezialpreis ausgezeichnet wurde, hat Polens national-populistische Regierung so sehr erbost, dass sie der Regisseurin Agnieszka Holland „Nazi-Propaganda“ vorgeworfen haben. Das in dem Film durchwegs dunkel gezeichnete Regime des Diktators Aleksander Lukaschenko äußerte sich bisher nicht zum Film, der laut Holland auf belegbaren Fakten beruht.

Das Grab eines Flüchtlingsjungen aus dem Jemen, der im Oktober 2021 auf dem muslimischen Friedhof im polnischen Grenzort Bohoniki bestattet wurde.
Das Grab eines Flüchtlingsjungen aus dem Jemen, der im Oktober 2021 auf dem muslimischen Friedhof im polnischen Grenzort Bohoniki bestattet wurde.
Sie haben Feedback? Schreiben Sie uns an info@riffreporter.de!