Lockdown der Demokratie in Simbabwe

Ein Interview mit dem Menschenrechtsanwalt Doug Coltart

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
12 Minuten
Der Menschenrechtsanwalt Doug Coltart sitzt am Schreibtisch in Harare, der Hauptstadt Simbabwes

In Simbabwe missbraucht die Regierung den Corona-Lockdown offenbar dafür, um Kritiker zum Schweigen zu bringen. Das Regime geht dabei mit extremer Härte vor: Bürgerïnnen werden entführt, verprügelt, gefoltert, verhaftet. Vertreten werden viele von ihnen vom Menschenrechtsanwalt Doug Coltart.

Die Corona-Pandemie und der damit verbundene Lockdown treffen das ohnehin krisengeschüttelte Simbabwe hart: In den Krankenhäusern mangelt es an allem, von medizinischer Schutzkleidung bis zu sauberem Wasser. Die Hyperinflation treibt die Lebenshaltungskosten in die Höhe und lässt gleichzeitig die Gehälter schrumpfen. Millionen Menschen wissen nicht, wie sie sich und ihre Familien ernähren sollen, während immer mehr korrupte Machenschaften der Regierung ans Licht kommen.

Polizei und Militär verbreiten Angst und Schrecken

Präsident Emmerson Mnangagwa, der im November 2017 mit Hilfe des Militärs an die Macht gekommen ist und im Juli 2018 bei einer umstrittenen Wahl als Sieger hervorging, tritt zunehmend in die Fußstapfen seines Vorgängers Robert Mugabe. Die politische und militärische Elite bereichert sich auf Kosten der Bevölkerung. Auf den Straßen sorgen Polizisten und Soldaten für Angst und Schrecken.

Eine für den 31. Juli geplante Demonstration gegen die ausufernde Korruption und das Leid im Land wurde nicht nur verboten, Organisatoren und Sympathisanten wurden schon im Vorfeld festgenommen. Die Repression geht seitdem fast ungebremst weiter. Die Vereinten Nationen sprechen von einem „Muster der Einschüchterung“. Ausnahmezustand und Ausgangssperre scheinen nicht in erster Linie der Pandemie-Bekämpfung zu dienen, sondern der Zementierung der Macht.

Festnahmen, Entführungen, Misshandlungen

Nahezu täglich werden in Simbabwe Menschen verhaftet, misshandelt, gefoltert, entführt: Oppositionelle, Aktivisten aus der Zivilgesellschaft, Journalisten, Schriftsteller, aber auch einfache Bürger, die sich getraut haben, auch nur im Ansatz Kritik zu üben. Viele von ihnen vertritt der Menschenrechtsanwalt Doug Coltart vor Gericht.

Herr Coltart, erleben wir momentan einen Lockdown der Demokratie, beziehungsweise dessen was davon in Simbabwe überhaupt noch übrig ist?

„Das kann man so ausdrücken. Es scheint sehr klar, dass die Lockdown-Regularien und die Covid-19-Maßnahmen dazu ausgenutzt werden, um gegen vermeintliche Gegner der Regierung vorzugehen. Fast täglich erfahren wir, dass wieder jemand unterwegs oder zuhause verhaftet oder verschleppt wurde, dass Razzien in privaten Wohnungen oder Häusern stattfinden.

Diese Razzien und Entführungen sind besonders besorgniserregend, weil sie außerhalb jeglichen legalen Rahmens stattfinden. Es mag rechtmäßige und unrechtmäßige Verhaftungen geben, aber wenn bewaffnete Männer gewaltsam in die Häuser von Bürgern eindringen, Türen aufbrechen und sich auch sonst verhalten, wie sie wollen, dann ist klar, dass wir es mit einer höchst gefährlichen Entwicklung in unserem Land zu tun haben.

Der Hashtag zur Unterstützung Simbabwes #ZimbabweanLIvesMatter mit einem Bild einer geballten Faust
#ZimbabweanLivesMatter
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