Gedenken an Schüleraufstand von Soweto: Wie steht es heute um Bildungsgerechtigkeit in Südafrika?

Am 16. Juni 1976 wurde der Schüleraufstand in Soweto vom Apartheid-Regime blutig niedergeschlagen. Heute ist der Youth Day ein Feiertag und Südafrika eine Demokratie, doch Bildungs- und Aufstiegschancen sind noch immer ungerecht verteilt.

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
5 Minuten
Blick durch den Türrahmen, ein Pult steht in einem leeren Klassenzimmer, auf dem dreckigen Boden liegen überall Papiere herum

Der 16. Juni 1976 war ein Wendepunkt in der Geschichte Südafrikas. Am Rand der Wirtschaftsmetropole Johannesburg, im Township Soweto, versammelten sich tausende Schüler und Schülerinnen zu einem Protestmarsch. Viele waren dem Aufruf des Black Consciousness Movement und der South African Students Organisation gefolgt, andere schlossen sich spontan an. Ein Schülerkomitee hatte alles vor Ort organisiert, geplant war eine friedliche Demonstration gegen die Bildungspolitik der Apartheid.

1953 war der Bantu Education Act verabschiedet worden, ein Gesetz, mit dem die rassistische Ideologie in Schulen zementiert wurde. Die Lehrpläne wurden auf die „Lebenschancen“ und das „Lebensumfeld“ zugeschnitten, was konkret bedeutete, dass Schwarze Südafrikaner nur lernten, was sie aus Sicht des Regimes brauchten, um in ihren eignen Gemeinschaften zu arbeiten oder die Befehle ihrer künftigen weißen Arbeitgeber zu verstehen und zu erfüllen.

Als 1974 Afrikaans neben Englisch als zweite verpflichtende Unterrichtssprache eingeführt wurde, wuchs der Widerstand, der zu dem Protestmarsch führte. Er richtete sich gegen die verhasste Sprache der Unterdrücker, gegen die verheerenden Zustände in den Schulen, die von überfüllten Klassen und gering qualifizierten Lehrer*innen geprägt waren. Geplant war eine Kundgebung im Orlando-Fußballstadion, doch der Demonstrationszug kam nie an diesem Ziel an. Er wurde brutal niedergeschlagen.

Polizisten erschiessen Schüler und Schülerinnen

Polizisten setzten zuerst Tränengas ein, dann schossen sie auf die jungen, unbewaffneten Demonstranten. Ein Foto wurde zum Symbol des Massakers: Es zeigt einen Jungen in Latzhose, das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, auf dem Arm den verletzten 12-jährigen Hector Pieterson, daneben dessen Schwester in Schuluniform. Ihr Bruder gehörte zu den jüngsten Opfern. Der Protest weitete sich in den folgenden Tagen auf das gesamte Land aus. Schätzungen der Wahrheits- und Versöhnungskommission zufolge wurden insgesamt 575 Menschen getötet und über 2000 verletzt. Freiheitskämpfer gingen ins Exil, der Widerstand wurde erbitterter, international wurden Sanktionen gegen Südafrika verhängt.

Heute erinnern in Soweto ein Mahnmal und ein Museum an die jungen Südafrikaner*innen, die ihr Leben für den Freiheitskampf geopfert haben. Der 16. Juni ist ein Feiertag, der National Youth Day, ein Tag des Gedenkens und der Reflektion, wie es heute um Bildungsgerechtigkeit und Aufstiegschancen bestellt ist.

Schule bei einem Township bei Durban, der Schulhof ist ungepflegt, die Fenster zerbrochen
Schule in einem Township bei Durban
Zwei Kinder sind in einer großen Graslandschaft neben einem traditionellen Rundhaus zu sehen
Lange Schulwege im ehemaligen Homeland Transkei
Auf einer Mauer sind zwei Hashtags angesprüht, asinamali - wir haben kein Geld - und fees mustt fall - der Slogan der Stundentenproteste
Überreste der Studentenproteste von 2015/16
Sie haben Feedback? Schreiben Sie uns an info@riffreporter.de!