Kampf gegen illegale Autorennen: Ermittler nutzt fast täglich Fahrzeug-Daten
In Berlin verfolgt Andreas Winkelmann illegale Autorennen. Als Beweismittel nutzt er Fahrzeug-Daten und Dashcam-Videos.
Auch wenn Hersteller abwiegeln: Die Daten von modernen Fahrzeugen werden nahezu täglich zur Verbrechensaufklärung genutzt. In Berlin deckt der Erste Oberamtsanwalt Andreas Winkelmann illegale Autorennen damit auf. Privat findet er die mobile Dauer-Überwachung trotzdem bedenklich.
Herr Winkelmann, wie oft nutzen Sie Fahrzeugdaten für Ihre Ermittlungen?
Andreas Winkelmann: Gerade zur Aufklärung von illegalen Autorennen werden die Daten, die in Fahrzeugen gespeichert werden, immer wichtiger. Inzwischen fragen wir im Durchschnitt zwei- bis dreimal pro Woche bei Herstellern an, um die Daten auszulesen.
Um welche Daten handelt es sich genau?
Winkelmann: Zum einen gibt es eine Funktion namens „Event Data Recording“ (EDR), die in den USA vorgeschrieben ist und in Europa auch von vielen Herstellern genutzt wird. Dabei werden die letzten fünf Sekunden vor einem Unfall dokumentiert – zum Beispiel, wie schnell man gefahren ist, wie stark der Fahrer beschleunigt oder auf die Bremse getreten hat. Manche Hersteller speichern auch deutlich mehr, zum Beispiel wie viele Personen im Auto waren.
Wann dürfen Sie diese Informationen nutzen?
Winkelmann: Wenn es nur um eine geringe Überschreitung der Geschwindigkeit als Ordnungswidrigkeit geht, wäre die Nutzung nicht verhältnismäßig. Wenn es Anzeichen dafür gibt, dass jemand strafbar gerast ist – zum Beispiel Unfallspuren oder Zeugenaussagen –, fragen wir bei den Herstellern aber auf jeden Fall an. Auch Dashcam-Videos oder die Daten von Assistenzsystemen sind für uns sehr nützlich.
Und die Hersteller geben diese Aufzeichnungen einfach so heraus?
Winkelmann: Manchmal müssen wir erst einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss erwirken. In den allermeisten Fällen kooperieren die Hersteller aber freiwillig mit uns. Bei VW können unsere Sachverständigen die Daten selbst auslesen, weil sie offen zugänglich sind. Mercedes schickt Mitarbeiter zu uns nach Berlin, die uns helfen.
Wie oft werden Personen verurteilt, nachdem ihr Auto sie überführt hat?
Winkelmann: Seit der Einführung des neuen Gesetzes im Jahr 2017 liegen allein in Berlin mehr als 530 rechtskräftige Verurteilungen vor. Die Strafen reichen von mehrjährigen Haftstrafen bis zu Geldstrafen von zwei bis drei Nettoeinkommen und mehr. In vielen Fällen wird die Fahrerlaubnis entzogen, die dann neu zu beantragen ist.
Wird Ihnen manchmal selbst mulmig zumute, weil Ihr Auto alles über Sie weiß?
Winkelmann:(lacht) Ich halte mich an die Verkehrsregeln. Als Privatperson finde ich es aber schon bedenklich, was technisch möglich ist. Besonders bei Tesla; da speichert ein Unternehmen ja sogar Videos. Bei uns mag das in Ordnung sein, aber in nicht demokratischen Staaten könnten die Autokameras irgendwann sogar zur Gesichtserkennung genutzt werden – eine gruselige Vorstellung.