„Es gibt gar keine Kreativität“

Lukas Aschenberg, Arzt und IT-Unternehmer, im Interview über Künstliche Intelligenz: was sie bedeutet, wie sie funktioniert, welchen Nutzen sie in der Klinik hat und wie kreativ der Mensch eigentlich ist.

von Christian Weymayr
7 Minuten
In einem in kalten, blauen Tönen gehaltenen Krankenhausflur stehen im Vordergrund medizinische Gräte, im Hintergrund verschwommen Personal

Weymayr: DasMedium Magazinschreibt, dass Medienhäuser Künstliche Intelligenz fest in ihre Prozesse integriert hätten. Ich bin jetzt 62. Werde ich meine Karriere als Journalist noch in Würde zu Ende bringen oder werde ich im beginnenden Maschinozän noch vor meiner Rente nicht mehr gebraucht? Geben Sie mir Hoffnung.

Aschenberg: Was die meisten Leute heutzutage mit KI assoziieren, sind die großen Sprachmodelle à la Chat-GPT, die quasi über Nacht beeindruckend gut geworden sind. Das ist eine wahnsinnig rasante Entwicklung, die man, glaube ich, nur unterschätzen kann. Da wird die KI einen erheblichen Einfluss haben.

Stichwort „nur unterschätzen können“. In einem Interview mit derSüddeutschen Zeitungstellte der KI-Pionier Mustafa Suleyman die KI in ihrer Bedeutung auf eine Stufe mit der Erfindung der Schrift und mit der Industriellen Revolution. Andere sehen in der KI lediglich eine Hilfe bei Routineaufgaben. Wo stehen Sie?

KI macht eigentlich nichts anderes, als Wahrscheinlichkeiten für Entscheidungen zu berechnen. Esse ich jetzt einen Apfel oder eine Schokotorte – darauf kann Sie mir eine Antwort geben. Ich muss der KI natürlich ein Ziel vorgeben. Wenn mein Ziel ist, mich gesund zu ernähren, wird sie mir wahrscheinlich sagen, iss den Apfel. Wenn ich unterernährt bin und viele Kalorien brauche, sagt sie, iss die Schokotorte. Wahrscheinlichkeiten zu berechnen, macht sie völlig unabhängig davon, ob das eine Routineaufgabe ist oder nicht. Die Maschine muss nur viele Beispielkonstellationen gelernt haben, um eine ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit für eine vernünftige Aussage ermitteln zu können. Das bedeutet, Routineaufgaben sind mit Sicherheit der Anfang, einfach, weil Routineaufgaben häufig vorkommen, aber jede andere Art von Entscheidung ist für die Maschine exakt die gleiche.

Das Bild zeigt die drei Tiplu-Gründer von links Tim Aschenberg, Peter Molitor und Lukas Aschenberg auf einem Sofa im Gespräch.
Die drei Tiplu-Gründer (von links): Tim Aschenberg, Peter Molitor und Lukas Aschenberg