Denkmal aus Vollmond und Beton

Fieldwriter Gerhard Richter schreibt über ein verlassenes Sägewerk und wie die Natur es zurückerobert

von Gerhard Richter
6 Minuten
Moos wachsende Pflanzen auf einem Felsen [AI]

An der Straße nach Dossow steht auf der rechten Seite schräg und rostig ein Saurier von einer Straßenlaterne. Der Reflektor aus Blech erinnert an ein Ruderboot für Kinder. Die Lampe leuchtet seit Jahren nicht mehr. Aber sie markiert immer noch die Einfahrt zu einem verlassenen Sägewerk.

Hier wurde früher Holz gelagert und gesägt – so jedenfalls wird es erzählt. Übrig geblieben ist eine Fläche aus Betonplatten. An der südwestlichen Ecke des Geländes steht ein Trafohaus. Der etwa zweistöckige Turm aus weißen Klinkersteinen steht kalt und leer. In seinem Inneren hütet er eine tempelhafte Stille. Sie wird gelegentlich von Metalldieben, Müllsündern und Vandalen zerstört. Weiße Scherben von Isolatoren liegen am Boden verstreut, ausgerissene Grasbüschel und ein zerbrochenes hölzernes Gestell, das so verrenkt daliegt, dass ich nicht mehr erkennen kann, ob es einmal eine Lampe war oder eine Garderobe.

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