Bartgeier-Wiedereinbürgerung in den Alpen – Das sagen die Macherïnnen
Zwei Jungvögel aus Spanien sollen ab Juni ausgewildert werden. Mitschnitt unserer Online-Diskussion mit den Verantwortlichen des Projekts
Es ist das spektakulärste Artenschutzprojekt in diesem Jahr in Deutschland. Der Bartgeier soll über 100 Jahre nach seiner Ausrottung an den Himmel über Deutschland zurückkehren. Ab Juni ist es soweit: zwei in Spanien geborene Geier machen den Anfang. Bei einer digitalen Veranstaltung haben wir Stand und Perspektiven des Projekts mit den Verantwortlichen diskutiert: Franziska Lörcher, Biologin und Koordinatorin des internationalen Bartgeierschutzes der Vulture Conservation Foundation (VCF), Norbert Schäffer, Initiator des deutschen Projekts und Vorsitzender des Landesbund für Vogelschutz (LBV), Toni Wegscheider, Biologe und Autor einer Machbarkeitsstudie zur Wiederansiedlung in Deutschland.
Luchs und Wolf sind schon zurück, und seit einiger Zeit streift wieder heimlich ein Braunbär durch die bayerischen Alpen. Mehr als 100 Jahre nach seiner Ausrottung kehrt jetzt neben diesen „großen Drei“ der europäischen Beutegreifer auch der größte europäische Greifvogel in die alte Heimat zurück: der Bartgeier. Nach Wiederansiedlungsprogrammen in anderen Alpen-Ländern wollen Vogelschützer im Nationalpark Berchtesgaden in diesem Sommer die ersten Geier zurück in den Himmel über Deutschland bringen.
In Andalusien geschlüpft, am Watzmann zuhause
Das europäische Bartgeier-Zuchtnetzwerk der Vulture Conservation Foundation (VCF) teilte dem bayerischen Naturschutzverband LBV für sein gemeinsames Auswilderungsprojekt mit dem Nationalpark Berchtesgaden zwei Vögel aus dem spanischen Zuchtzentrum Guadelentín in Andalusien zu.
Dort sind in diesem Jahr zehn Bartgeierküken geschlüpft. „Nachdem beim Zuchtpaar im Nürnberger Tiergarten dieses Jahr kein Jungvogel schlüpfte und der gesamte Bruterfolg im Zuchtprogramm 2021 nur mäßig ausfiel, war das in den letzten Wochen schon eine kleine Gefühls-Achterbahn für uns“, sagt der LBV-Projektleiter Toni Wegscheider.
Bevor die beiden jungen Bartgeier zur Auswilderung ihre Namen erhalten, haben sie als „BG1112“ und „BG1113“ Mitte März das Licht der Welt erblickt. „BG1112“ war das zweite Küken der Bartgeiereltern Borosa und Toba. Ihm musste beim Schlupf am 11. März aus dem Ei geholfen werden, da es damals nur 121 Gramm wog. „BG1113“ ist das Küken der Bartgeiereltern Elías und Viola und wog, als es am 14. März selbständig schlüpfte, 159,1 Gramm.
Nach ihrer Ankunft in Deutschland werden die beiden Vögel zunächst einige Tage im Tiergarten Nürnberg in Quarantäne verbringen. Von dort geht es in das neue Zuhause, einer Felsnische im Klausbachtal im Nationalpark Berchtesgaden. Dort werden die Geier täglich – aber für sie unsichtbar – mit Nahrung versorgt und können sich an die Freiheit gewöhnen und durch Trockenübungen ihre Flugmuskulatur stärken. Ende Juni erwarten die Geierschützer dann den Jungfernflug der beiden Vögel am Watzmann.
Die Bartgeier-Wiederansiedlung ist Teil eines internationalen Projekts, dem Bartgeier die Wiederbesiedlung seines gesamten ursprünglichen Lebensraums zu ermöglichen. Bis zu seiner Ausrottung durch menschliche Verfolgung kamen Bartgeier flächendeckend von Marokko über Europa bis nach Zentralasien vor. Als reine Aasfresser spielen sie eine wichtige Rolle im Ökosystem, beispielsweise verhindern sie die Übertragung von Krankheiten von Tieren auf Menschen über tote Tiere.
Alle wichtigen Informationen aus erster Hand: Zoom-Talk mit den Macherïnnen des Bartgeier-Projekts
Wie laufen die Vorbereitungen ? Welche Bedeutung hat die Rückkehr des Bartgeiers für das Ökosystem Alpen? Was hat sich im Verhältnis zwischen Mensch und Geier seit der Ausrottung des Bartgeiers als vermeintlicher Viehdieb und Kinderräuber verändert? Und natürlich: Wann können wir den ersten Bartgeier im Himmel über den bayerischen Alpen kreisen sehen – und wie werden sie eigentlich heißen?
Diese und viele weitere Fragen von mehr als 200 Zuschauerïnnen haben am Donnerstagabend im RiffReporter-Talk die Organisatoren des Projekts beantwortet: Franziska Lörcher, Biologin und Koordinatorin des internationalen Bartgeierschutzes der Vulture Conservation Foundation(VCF), der Initiator des deutschen Projekts und Vorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz (LBV), Norbert Schäffer, und der Biologe und Autor einer Machbarkeitsstudie zur Wiederansiedlung in Deutschland, Toni Wegscheider.