Nabu-Beratung für Bayer: Über-Bande-Geschäft mit einem Dinosaurier

Ein geplantes indirektes Beratungsgeschäft ausgerechnet mit dem Glyphosat-Hersteller bringt die Spitze des größten deutschen Umweltverbands unter Druck.

vom Recherche-Kollektiv Flugbegleiter:
9 Minuten
Nächtliche Aufnahme vom Rhein aus gesehen, der Fluss im Vordergrund dahinter die hell beleuchtete Chemieanlage mit dem großen Bayer-Logo.

Ein Projekt zur bezahlten wissenschaftlichen Beratung für den Chemiekonzern Bayer bringt die Spitze des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) unter Druck. Über den Umweg der Unternehmensberatung Roland Berger sollte der Chemiemulti, den Umweltschützerïnnen für das Geschäft mit aggressiven Agrarchemikalien kritisieren, für Beratungsleistungen 70.000 Euro an den Naturschutzverband zahlen.

Zahlreiche führende Vertreterïnnen des Nabu sehen dadurch den Ruf des mitgliederstärksten Umweltverbands in Deutschland in Gefahr. Jetzt ziehen sie die Notbremse. In einer turbulenten Sitzung forderten sie in dieser Woche Nabu-Chef Jörg-Andreas Krüger auf, die indirekte Zusammenarbeit mit Bayer sofort zu beenden und auf das fünfstellige Honorar zu verzichten. Der Druck zeigt offenbar Wirkung. Im Gespräch mit den Flugbegleitern kündigt Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller das Ende des Projekts an.

Schilder an der Nabu-Zentrale in Berlin.
Der Nabu ist mit mehr als 800.000 Mitgliedern mittlerweile ein gefragter Ansprechpartner auch für die Industrie.

Glyphosat-Deal brachte Bayer den Negativ-Preis des Nabu ein

Einmal im Jahr vergibt Deutschlands größter Naturschutzverband Nabu den „Dinosaurier des Jahres“ an Personen oder Unternehmen, die sich nach Einschätzung der Naturschützer besonders negativ gegenüber Natur und Umwelt verhalten. Erst 2016 ging der Negativpreis an den Chemiekonzern Bayer.

Begründung: Die damals noch bevorstehende Übernahme von Monsanto, des US-Agrarunternehmens, das mit gentechnisch veränderten Pflanzen und mit dem umstrittenen Pflanzenschutzmittel Glyphosat sein Geschäft machte. Der Nabu sparte damals nicht mit harter Kritik: Bayer heize mit der Übernahme den weltweiten Artenschwund an und schwinge sich zum Treiber der industrialisierten Landwirtschaft auf, die als Hauptursache des Schwund von Ökosystemen und Biodiversität gilt.

Doch ausgerechnet von dem so hart kritisierten Chemieriesen will die Nabu-Spitze als Honorar für wissenschaftliche Beratung einen fünfstelligen Geldbetrag annehmen.

Bayer kostete die Einverleibung des weltweit wohl umstrittensten Agrarkonzerns den guten Ruf und 63 Milliarden Euro. Gefährdet der Nabu für einen Betrag, der dagegen „peanuts“ ist, durch sein geschäftliches Verhältnis zu Bayer seinen guten Ruf? „Bayer ist für Umweltverbände ein toxischer Konzern“, formuliert es ein Nabu-Funktionär. Geldzahlungen durch ihn könnten dem NABU nachhaltig schaden – selbst dann, wenn sie für wissenschaftliche Expertise erbracht würden und über Umwege flössen, fürchten viele Spitzenvertreter des Verbandes vor allem in den Landesverbänden.

Porträtfoto von Jörg-Andreas Krüger in einem Park.
Nabu-Chef Jörg-Andreas Krüger fürchtet, dass die geplante Neuregelung am Ende Naturschutz und Energiewende schaden könnte.
Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller sitzt hinter seinem Computer in einem bunten Hemd
Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller
18.01.2020. Berlin: Ein Schild mit der Aufschrift "Ackergifte? Nein Danke!" wird bei einer Demonstration gegen die Agrarindustrie und die industrielle Landwirtschaft, zum Auftakt der Grünen Woche, hochgehalten. Die Demonstranten forderten eine Wende in der Landwirtschaft mit weniger Einsatz von Herbiziden, Pestiziden, Dünger, und Antibiotika, sowie eine artgerechte Tierhaltung.
Die Umweltbewegung steht dem Bayer-Konzern wegen des Geschäft mit aggressiven Agrarchemikalien seit jeher kritisch gegenüber. Bei Demonstrationen gegen die industrielle Landwirtschaft, hier Mitte Januar 2020 in Berlin anläßlich der Grünen Woche, ist auch der NABU häufig vertreten.
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