Die Stadt der Zukunft heißt Birdicity

Der Stadtplaner Timothy Beatley erklärt, wie selbst Millionenmetropolen vogelfreundlicher werden können – und weshalb das auch ihren Bewohnerïnnen gut tun wird

vom Recherche-Kollektiv Flugbegleiter:
10 Minuten
EIn palmenbestandener Park am Wasser, darüber elf fächerförmige, teils begrünte Stahlkonstruktionen

Vor 14 Jahren erschien in Deutschland ein Buch, das die Wahrnehmung vieler Natur- und Vogelfreundïnnen nachhaltig verändern sollte: Stadtnatur von Josef Reichholf. Der Münchner Zoologe und Evolutionsbiologe richtete den Blick auf ein Biotop, das auch aus wissenschaftlicher Sicht noch weithin unentdecktes Terrain war. Städte, zumal dicht bebaute Metropolen, galten lange als unwirtliche Steinwüsten, in denen nur robuste Allerweltsarten überdauerten; wer „echte“ Natur wollte, musste „raus ins Grüne“ fahren.

Reichholf widerlegte dieses Stadtbild gründlich, nicht zuletzt aufgrund von Vogelbeobachtungen. Er erzählte von Amseln und anderen Waldbewohnern, die sich in den an Baum- und Straucharten reichen Stadtparks stärker vermehren als in monotonen Nutzholzforsten, von Insektenfressern, die über locker bewachsenen Brachgrundstücken mehr Nahrung finden als in der überdüngten, leergeräumten Agrarlandschaft, und von Greif- und Wasservögeln, die sich in der Stadt auch deshalb bestens etabliert haben, weil von Hausdächern und an Parkteichen niemand auf sie schießt.

In Großstädten leben Vögel gut, aber auch gefährlich

Wie attraktiv menschliche Siedlungen für Vögel und viele andere Arten sind, belegten „Stadtnatur“ und weitere Studien auch mit harten Zahlen. So leben in Großstädten bis zu dreimal mehr Vogelarten als auf gleich großen Flächen im Umland. Berlin beherbergt – immer noch – mehr Nachtigallen als ganz Bayern. Und dank des guten Futterangebots weist München im Winter eine vielfach höhere Vogeldichte auf als stadtnahe Naturschutzgebiete.

Vor Kurzem erschien in den USA ein Buch, das die Natur in der Stadt, speziell die Vogelwelt, aus einem neuen Blickwinkel betrachtet. Einem, der einerseits ernüchternd wirkt, andererseits aber zahlreiche neue Ansätze zur Förderung fliegender Stadtbewohner aufzeigt. „The Bird-Friendly City“ – die vogelfreundliche Stadt – heißt das Buch. Sein Autor, Timothy Beatley, teilt mit dem Zoologen Reichholf die Passion für Ornithologie. Im Hauptberuf aber ist er Stadt- und Umweltplaner, Angehöriger einer Branche also, die wie kaum eine andere die Lebensqualität urbaner Räume prägt.

Der Autor und Stadtplaner Timothy Beatley im Porträt vor einem Baum
Timothy Beatley lehrt seit 30 Jahren Stadt- und Umweltplanung an der Universität von Virginia.
Auf den Titel von „The Bird-Friendly City“ ist ein Kanadareiher zu sehen, der (vermutlich) in einer auch im Buch erwähnten Brutkolonie in Vancouver aufgenommen wurde.
Das Buch „The Bird-Friendly City“ ist 2020 bei Island Press in Washington erschienen; bislang ist es nur auf Englisch erhältlich.

Ob Städte auch in Zukunft ihre Attraktivität bewahren, für Menschen ebenso wie für Tiere: Das hänge wesentlich von Architektïnnen und Stadtplanerïnnen ab, meint Beatley. Doch bislang sei naturfreundliches Bauen für die meisten seiner Berufskollegïnnen noch ein Nischenthema. Die Folgen dieser Nichtachtung fallen ihm seit 30 Jahren buchstäblich vor die Füße. Denn das Gebäude der Universität von Virginia, in dem er lehrt, hat eine Glasfront, die Vögel nicht als Hindernis erkennen können. Immer wieder findet Beatley dort Kollisionsopfer, die er, falls sie noch leben, in eine Wildvogelstation bringt. Aber die meisten überleben eben nicht.

Wie viele Vögel jährlich durch Kollisionen mit Gebäuden umkommen, vor allem an den bei Architektïnnen beliebten großflächigen Glasfronten – dazu gab es lange keine verlässlichen Zahlen. Es sind eben lauter kleine, unspektakuläre Tode, die sich zudem über viele Städte verteilen. Erst in den letzten Jahrzehnten haben Forscherïnnen das Ausmaß des baubedingten Vogelsterbens systematisch ermittelt – und sind zu erschreckenden Befunden gekommen: Allein die USA verlieren pro Jahr zwischen 365 und 988 Millionen Vögel ihr Leben durch Gebäudekollisionen, eine Zahl, die den Folgen mehrerer hundert Öltankerhavarien vom Kaliber der Exxon-Valdez-Katastrophe entspricht. In Deutschland schätzen Umweltverbände die Opferzahl auf 100 bis 115 Millionen jedes Jahr.

Rund 2000 tote Vögel sind in einem kreisförmigen Arrangement auf einer Ausstellungsfläche arrangiert.
Jedes Jahr lesen Freiwillige der kanadischen Organisation FLAP (Fatal Light Awareness Program) Tausende an Gebäudefassaden kollidierter Vögel von den Straßen auf. Die gesammelten Opfer – knapp 100 Arten sind unter ihnen vertreten – werden regelmäßig im Royal Ontario Museum der Öffentlichkeit präsentiert
Eine Frau kniet auf der Straße, in der Hand ein Papier, in das sie den toten Vogel neben sich einhüllen und wegbringen wird
Mary Barber, eine Aktivistin der Organisation FLAP, liest einen gegen ein Gebäude geprallten Vogel von einer Straße in Toronto auf

Beatley weist auf eine weitere Bedrohung hin, die noch größer ist und noch konsequenter ignoriert wird: Hauskatzen. Sie töten in den USA pro Jahr zwischen 1,3 und vier Milliarden Vögel und an die 30 Milliarden Kleintiere. (Für Deutschland gibt es keine verlässlichen Zahlen, aber britische Studien legen nahe, dass diese mindestens im zweistelligen Millionenbereich liegen.) Zu diesen traurigen Massen toter Vögel addieren sich 340 Millionen Verkehrsopfer, die natürlich nicht nur, aber zu großen Teilen an innerstädtischen Straßen umkommen.

Als seien Vögel nicht so schon gefährdet genug, machen Hausbesitzerïnnen ihnen zusätzlich das Leben schwer: dadurch etwa, dass sie bei Dach- und Fassadensanierungen achtlos Nistplätze zerstören, ohne anschließend Ersatz zu schaffen. Oder indem sie ihre Gärten mit exotischen Gewächsen bepflanzen, die weder Nahrung noch Deckung bieten. Beatley beklagt besonders die Obsession seiner Landsleute für makellos grüne Rasenteppiche – ohne die so wichtigen wilden Nischen für die Vögel und Insekten.

In der Stadt ist längst mehr Vielfalt als „draußen im Grünen“

Diese Obsession ist allerdings nicht auf die USA beschränkt. Wer häufiger in deutsche Gärten schaut, weiß: Naturentfremdung und manische Ordnungsliebe sind internationale Phänomene, und sie sind in der Stadt kaum weniger verbreitet als auf dem Land. Dass die Menschen Städte gerade in jüngster Zeit vermehrt als Naturoasen wahrnehmen, liegt womöglich weniger am gestiegenen Umweltbewusstsein als vielmehr an der ökologischen Verarmung des Stadtumlands: Wenn man vor 30, 40 Jahren „raus ins Grüne“ fuhr, konnte man dort noch blühende, summende, zwitschernde Vielfalt erleben. Heute dagegen sind die offenen Landschaften – diesseits wie jenseits des Atlantiks – durch intensivierte Bewirtschaftung zu sterilen Nutzpflanzen-Steppen mutiert, neben denen jede menschliche Siedlung wie ein Hotspot der Biodiversität erscheint.

Eine schwarzweiße Katze hält einen erbeuteten Singvogel im Maul.
Hauskatzen wurden vom Menschen in der ganzen Welt verbreitet. Vielerorts gefährden sie Vogelpopulationen, auf Inseln sogar den Fortbestand von Arten.
Ein mit grobem Maschendraht verkleidetes Holzgestell in einem Innenhof, davor mehrere Besucherïnnen
Eine Katzenhalterin aus Portland präsentiert Besucherïnnen ihren „catio“, ein geräumiges Freiluftgehege für Katzen, das diese von der Jagd auf Vögel oder andere Kleintiere abhält
Eine ziemlich bedröppelt guckende Katze, die einen breiten Kragen in knallbunten Regenbogenfarben um den Hals trägt
Ein Kragen in Regenbogenfarben, das legen Studien aus Australien nahe, kann die Jagdbeute einer Katze um knapp die Hälfte verringern

Ist die „vogelfreundliche Stadt“ also reine Utopie? Die Zahlen und Fakten, die Beatley anführt, legen diesen Schluss zunächst nahe. Aber er belässt es nicht bei der Bestandsaufnahme. Sondern widmet sich vor allem einer Reihe neuer Initiativen, die auf die Verwirklichung dieser Utopie hinarbeiten. Solche Initiativen gibt es nicht nur in den Staaten, sondern weltweit, und sie wecken bei Beatley die Hoffnung, „dass sich das Blatt allmählich zugunsten der Vögel wendet“. Nicht so sehr, weil die Projekte bereits messbare Veränderungen bewirkt hätten – die sind bislang noch überschaubar. Sondern weil sie wichtige Öffentlichkeitsarbeit für die Vögel leisten; Aufmerksamkeit und Sympathien auch bei denen wecken, die Vögel bislang, wenn überhaupt, nur als hübsche Klangkulisse registriert haben.

  • In Portland, Oregon, haben sich Katzen- und Vogelfreundïnnen zusammengetan, um Catios zu errichten: Hinterhof-Gehege für Katzen, die diesen Auslauf ermöglichen und sie zugleich gegen Vögel abschirmen. Die oft selbstgebauten Konstruktionen stoßen auf so großes Interesse, dass andere Städte schon ähnliche Programme gestartet haben. Über 5000 Hausbesitzerïnnen in Portland haben zudem das Backyard Habitat Certificate erworben, das die Ortsgruppe der Vogelschutzorganisation Audubon Society für die biodiversitätsfördernde Umgestaltung von Grundstücken verleiht.
Die Fassade des Aqua Towers erinnert an Wellen, die auf einen flachen Strand auflaufen
Die wellenartige Fassade des Aqua Tower in Chicago ist so gestaltet, dass Vogelaugen sie auf den ersten Blick als festes Hindernis erkennen
Auf der Fassade ist die naturgetreue, überdimensionierte Abbildung eines Waldstücks zu sehen
Die Fassade des Hauptsitzes der Firma Interface in Atlanta ist mit einer semitransparenten und recycelbaren Folie verhüllt, auf der das Bild eines Waldstücks im Osten der USA aufgedruckt ist. Interface, Hersteller von Bodenbelägen, legt besonderen Wert auf Nachhaltigkeit
Die Fassade des Studentenzentrums sieht aus wie mit einem raffiniert gewebten Netz überzogen
Auch das Studentenzentrum der Ryerson University in Toronto beweist, dass ökologische bewusste, vogelfreundliche Architektur auch ästhetisch ansprechend sein kann. (Rausgucken kann man übrigens trotzdem)
  • In Pittsburgh, Pennsylvania, haben Vogelschützerïnnen über 150 Türme errichtet, die Schornsteinseglern – Verwandten unserer Mauersegler – Nist- und Rastplätze bieten. Noch ambitionierter ist die britische Swift Conservation Group, die sich zum Ziel gesetzt hat, pro Jahr mindestens 20.000 neue Nistgelegenheiten für Mauersegler anzulegen.

Weniger Licht kann jede Nacht Tausende Vogelleben retten

  • Im kanadischen Toronto lesen Freiwillige der Organisation FLAP (Fatal Lights Awareness Programme) seit 1993 an Fassaden kollidierte Vögel von der Straße auf, frieren sie ein und präsentieren die gesammelten Opfer jedes Frühjahr im Royal Ontario Museum. Die öffentliche Resonanz auf die traurige Vogelschau ist so groß, dass die Stadt Toronto mittlerweile neue Bauvorschriften erlassen hat. So müssen seit 2009 sämtliche Neubauten mit vogelschlagsicherem Glas ausgestattet sein – Glas, das durch Aufdruck engstehender Muster oder spezielle keramische Behandlung für Vogelaugen als kompakte Fläche erkennbar ist. Außerdem muss die Gebäude-Beleuchtung flexibel abschaltbar sein. Das ist deshalb wichtig, weil nächtlich erleuchtete Fassaden Zugvögel desorientieren und erst recht zu Massenkollisionen führen.
  • Als erste US-amerikanische Stadt ist San Francisco dem Beispiel Torontos gefolgt. Auch dort gelten seit 2011 strikte grüne Standards für neu errichtete Fassaden. Chicago hat als erste US-Stadt eine Initiative zur Reduktion von Lichtverschmutzung gestartet; demnächst sollen alle Bewohner- und Besitzerïnnen von Hochhäusern dazu verpflichtet werden, die Beleuchtung zwischen 21 Uhr und Sonnenaufgang auf das Nötigste zu reduzieren. Das könnte in manchen Nächten Tausenden von Vögeln das Leben retten, denn Chicago liegt, wie New York City, auf einer der Hauptrouten des Vogelzugs. Dort, in San Francisco und im Bundesstaat Texas wurden ebenfalls Lights Out-Programme gestartet.
Ein Orienthornvogel, erkennbar an seinem farbenprächtigen, gewaltigen Schnabel, sitzt auf einem gebogenen Laternenmast
Fast ein Jahrhundert lang waren sie aus Singapur verschwunden. Aber dank konsequenter Begrünung mit heimischen Pflanzen sind die Orienthornvögel in die Stadt zurückgekehrt – und lassen sich sogar von Fenstern und Balkons aus beobachten

Ein paar Erste-Hilfe-Maßnahmen gegen Kollisionen, Katzen und Nistplatzverluste, ein paar Tausend von privat renaturierte Gärten und Hinterhöfe – es braucht schon einigen Optimismus, um darin eine Trendwende zugunsten der Vögel zu erkennen. Aber Tim Beatley kann auf zwei Beispiele verweisen, die bereits jetzt deutlich erkennen lassen, wie natur- und vogelfreundliche Großstädte der Zukunft aussehen könnten.

Vancouvers Vogelstrategie: Kanadareiher für alle!

Der südostasiatische Stadtstaat Singapur hat schon in den 1960er Jahren die Förderung der Biodiversität zu einem Leitmotiv künftiger Stadtplanung erhoben. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte hat die Stadtregierung die Grünzonen der 5,7-Millionen-Metropole systematisch ausgebaut, um heimische Pflanzen bereichert und durch „ökologische Korridore“ miteinander vernetzt. Neu errichtete Hochhäuser müssen begrünte Fassaden haben. Die Vogelwelt (und nicht nur sie) honoriert das: Seit einigen Jahren können die Einwohnerïnnen von Singapur, mit etwas Glück, wieder Orienthornvögel vor ihren Fenstern beobachten, prachtvolle Bewohner des heimischen Tropenwalds, die Mitte des vorigen Jahrhunderts aus der Stadt verschwunden waren.

Auch die kanadische Stadt Vancouver konnte in den vergangenen Jahren einige gefiederte Zuwanderer und Rückkehrer begrüßen: wie die Kanadareiher, die sich 2001 im Stanley Park an der Küste niederließen und in den folgenden Jahren dort eine der größten Brutkolonien ihrer Art in Nordamerika gründeten. Dank gezielter Schutzmaßnahmen, etwa Metallmanschetten gegen Nesträuber, ziehen die Reiher Jahr für Jahr mehr Küken auf, deren Heranwachsen Tausende begeisterter Vogelbeobachterïnnen via Nestkamera verfolgen. Auch deren Zahl wächst beständig – und belegt den Erfolg einer dezidiert naturfreundlichen Stadtentwicklungspolitik. Vancouver hat sich 2015 nicht nur zum Ziel gesetzt, die „grünste Stadt der Welt“ zu werden; die Vancouver Bird Strategy sieht auch vor, dass alle Bewohnerïnnen der Stadt, egal, in welchem Viertel sie leben, vor ihrer Haustür ein reiches Spektrum heimischer Vogelarten vorfinden sollen.

Ein Vogel fliegt einen Nistkasten auf einem Dachgarten an
Der Dachgarten des Jakob J. Javits Convention Centers, gelegen mitten in Manhattan, zieht 26 verschiedene Vogelarten an, zeitweise nisten bis zu 30 Paare in den bereitgestellten Kästen
Zwischen Steineinfassung und Wasserfläche wachsen Binsen, Kräuter und halbhohe Büsche
Ein eintöniges Wasserbecken im Zentrum der australischen Stadt Perth wurde in ein Feuchtgebiet verwandelt – einladend für Vögel, gut fürs Stadtklima

Die Begrünungs- und Vogelstrategie von Vancouver geht von einer Erkenntnis aus, die gerade Hobby-Ornithologïnnen kaum überraschen dürfte: Dass eine enge Beziehung zur Natur das Leben bereichert, und dass es vor allem die Vögel sind, die diese Beziehung entstehen lassen und immer wieder neu beleben.

Vogelschutz bringt Freude – und bares Geld

Tim Beatley ist zuversichtlich, dass sich diese Erkenntnis auch unter seinen Berufskollegïnnen allmählich durchsetzen wird. Nicht zuletzt deshalb, weil die ökologische Bereicherung des Stadtlebens sich auch ökonomisch messbar auszahlt. Denn Lebensräume, die Vögel anziehen, liefern genau jene „Ökosystemdienstleistungen“, die in Zeiten des Klimawandels auch für Menschen überlebenswichtig werden: Grünzonen filtern Schadstoffe, speichern CO2 und wirken wie natürliche Klimaanlagen – unter einem dichten Baumkronendach liegen die Sommertemperaturen bis zu drei Grad niedriger als über nacktem Asphalt. Teiche und Wasserläufe, vor allem solche mit unverbauten Uferzonen, kühlen ebenfalls und fangen Starkregen auf.

Ökologïnnen aus Chicago haben kürzlich berechnet, was eine Renaturierung des weitgehend kanalisierten 251 Kilometer langen Flusssystems bringen würde, das die Stadt am Michigansee durchzieht. Sie kamen auf 192 Millionen Dollar; darin eingeschlossen die erhebliche Wertsteigerung ufernaher Immobilien. Selbst simple Vogelschutzmaßnahmen können sich in barer Münze auszahlen: Vogelsicheres Glas, das die Baukosten nur um ein halbes Prozent erhöht, spart bis zu 20 Prozent der Energiekosten eines Gebäudes ein.

Einige hundert Menschen sitzen in Stuhlreihen hintereinander und blicken zum Teil mit Teleskopen auf den Vogelnistplatz
Vor einer Grundschule in Portland, Oregon, haben sich Hunderte von Vogelfreundïnnen versammelt, um die Ankunft von Schornsteinseglern zu beobachten. Für die Vögel wurde ein stillgelegter Kamin zum Nistquartier umgebaut.

Die wichtigsten „Ökosystemleistungen“ liefern die Vögel jedoch direkt, und sie sind weder in Dollar noch in Euro aufzuwiegen. Der Frühchor der Frühlingssänger, der morgens durchs geöffnete Schlafzimmerfenster dringt. Die Flugshow der Mauersegler, die an Sommertagen in juchzenden Trupps durch die Häuserschluchten jagen. Der Besuch eines seltenen Wintergasts am Gartenfutterhaus. Die Silhouette eines Greifvogels, die plötzlich in dem schmalen, durch Fassaden eingeengten Himmelsstück über einer belebten Straße auftaucht.

Vögel, schreibt Tim Beatley, sind eine lebende Form von Poesie; sie verzaubern, beglücken, lehren uns immer wieder, den Moment zu genießen. Nicht zuletzt tun sie unserer Seele gut. Denn ihr Anblick, vor allem aber der Klang ihrer Stimmen rührt an ein Urwissen, das wir mit unseren vor Hunderttausenden Jahren lebenden Vorfahren teilen: Wo viele Vögel singen, da ist die Welt in Ordnung. Aber wenn sie schweigen, ist Gefahr im Verzug.

„Es wäre an der Zeit“, schreibt Tim Beatley, „Städte nicht mehr nur für Menschen zu bauen. Sondern so, dass sich alle Lebewesen darin genauso zuhause fühlen wie wir.“

Vielleicht können die Architects for Future hier in Deutschland schon mal damit anfangen?

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