Anders Levermann: „Ich habe versucht mir auszumalen, wie man es richtig machen könnte“

In seinem neuen Buch „Die Faltung der Welt“ entwirft der Physiker Levermann eine Gesellschaft, in der es unendliches Wachstum, aber keine CO2-Emissionen, keinen Rohstoffabbau, keine übermächtigen Konzerne und keine gigantischen Erbschaften oder Einkommensunterschiede mehr gibt

vom Recherche-Kollektiv Klima & Wandel:
10 Minuten
Mann mit schwarz-grauen Haaren und weißem Hemd, hat die Arme verschränkt und schaut in die Kamera

Tomma Schröder: Herr Levermann, Sie forschen unter anderem zur Antarktis, wo das Meereis immer mehr schrumpft. Gleichzeitig geht es mit der Reduktion von Emissionen kaum voran. Resignieren Sie manchmal?

Anders Levermann: Ich bin als Jugendlicher mit einem drohenden Atomkrieg aufgewachsen, der nicht nur die gesamte Menschheit, sondern alles Leben auf der Erde zerstört hätte. Und das wird der Klimawandel nicht tun.

Aber natürlich ist der Klimawandel eine Katastrophe und eine Gefahr für unsere Gesellschaft. Das können wir jetzt schon sehen. Vor der Syrienkrise zum Beispiel gab es in der Region drei Jahre Dürren. Ob oder inwieweit das zur Krise beigetragen hat, das können wir natürlich nie genau beantworten. Aber wir wissen, dass der Klimawandel die Gesellschaft schon jetzt herausfordert. Und wir müssen uns dagegen wappnen und gleichzeitig den Strukturwandel so schnell wie möglich durchführen. Deshalb sollten wir unsere Demokratie stärken, unseren Rechtsstaat stärken und als Gesellschaft zusammenhalten.

Momentan eskalieren die Diskussionen ja schon, wenn es um Heizungen oder Tempolimit geht. Das klingt nach einer ziemlich schwierigen Aufgabe.

Levermann: Wir haben gerade eine ganze Reihe an Widersprüchen in der Gesellschaft. Ein Beispiel: Es ist klar, dass der Klimawandel uns in unserer Freiheit einschränken wird. Andere Leute aber sagen: „Der Klimaschutz schränkt uns übermäßig in der Freiheit ein“. Da müssen wir einen Lösungspfad finden. Und ich habe sehr, sehr lange überlegt, und ich glaube nicht, dass dieser Lösungspfad irgendein Kompromiss ist. Ich glaube vielmehr, dass es eine Vielzahl von individuellen Lösungen innerhalb einer klaren und harten Grenze braucht. Und um die zu finden, brauchen wir die gesamte Innovationskraft, die gesamte Kreativität der Gesellschaft.

drei Blätterteig-Teilchen
Mit Blätterteig die Welt retten? Das Prinzip der Faltung, also das Ausrollen bzw. Expandieren und das anschließende wieder Kleinfalten, könne man bei der Herstellung des Blätterteigs jedenfalls sehr gut veranschaulichen, erklärt Anders Levermann.
Sie haben Feedback? Schreiben Sie uns an info@riffreporter.de!