Chef des Erftverbands: "Der Weg kann nicht sein, die Hochwasserbecken immer höher zu bauen."

Der Hydrologe Bernd Bucher widerspricht Vermutungen, die RWE habe Hochwasser verschlimmert / Naturschutzgebiete dämpften Flutwelle ab / Kohleausstieg als Chance für Hochwasserschutz

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Luftbild des Schlosses in Bechem, neben dem die Landschaft komplett ausgespült ist.

Bis vor wenigen Tagen war die Erft ein schmaler, weitgehend unbekannter Fluss, der aus der Eifel kommend westlich von Köln vorbei über 107 Kilometer hinweg in den Rhein fließt. Durch die Flutkatastrophe ist die Erftregion zum Schauplatz eines schrecklichen Geschehens und weltweit bekannt geworden. Insgesamt 46 Tote hatte Nordrhein-Westfalen bis zum 18. Juli 2021 zu beklagen.

Mit im Zentrum des aktuellen Geschehens steht Bernd Bucher, Vorstand des Erftverbands, eines Zusammenschlusses von rund 250 Mitgliedern “aus Kommunen, Landkreisen, Elektrizitätswirtschaft, Gewerbe, Industrie, Wasserversorgung, Fischerei, Landwirtschaft und Bergbau”. Der Erftverband ist für die Wasserwirtschaft im Einzugsgebiet der Erft zuständig – und damit auch für den Umgang mit dem Kohletagebau.

Bucher hat an der Universität Freiburg Geographie mit Schwerpunkt Hydrologie studiert und arbeitet seit 1995 für den Erftverband, den er seit 2018 leitet.

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Herr Bucher, das Hochwasser an der Erft hat die Region hart getroffen. Haben Sie schon Zeit für eine erste Analyse gehabt, was falsch gelaufen ist?

Idyllisches Kleinstadt, durch die der Fluss Erft fließt.
Ein Bild aus glücklicheren Tagen: Die Altstadt von Bad Münstereifel mit dem Fluß Erft fotografiert am 18.08.2014.
Ein Auto liegt in dem Fluss Erft mitten in der stark beschädigten Altstadt.
Bad Münstereifel am 18. Juli 2021. Die über die Ufer getretene Erft hat erhebliche Schäden angerichtet.
-wvb- 03.12.2020, Elsdorf, Germany Ein riesiger Schaufelradbagger arbeitet im Braunkohle Tagebau Hambach.
Ein riesiger Schaufelradbagger im Einsatz im Braunkohletagebau Hambach, 2020. In sozialen Medien kursierten nun Behauptungen, der Eigner RWE hätte zum Schutz des Tagesbaus das Hochwasser verschlimmert – was der Erftverband dementiert.
Eine Art Wehr, mit der man den Wasserfluss steuern kann, inmitten der Landschaft.
Staumauer am Regenrückhaltebecken des Erftverbandes in der Nähe von Kerpen-Mödrath: Das Hochwasser-Rückhaltebecken Mödrath nutzt eine Geländemulde im ehemaligen Tagebau Frechen rund um den Boisdorfer See als Rückhalteraum. Sobald die Aue kein Wasser mehr aufnehmen kann, gelangt das Wasser über ein Schütz in das Regenrückhaltebecken dahinter, das 1,7 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen kann.