Stunde der Gartenvögel – super Aktion, aber Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse!
Was muss sich ändern, damit Mitmachprojekte wie die Stunde der Gartenvögel belastbare Daten erbringen? Von C. Schwägerl und T. Krumenacker
Ohne Menschen wie Franz Lindinger würde der Naturschutz in Deutschland im Dunkeln tappen. Lindinger, von Beruf Kameramann, ist in seiner Freizeit beim NABU in Köln aktiv. Er langt gerne zu, etwa wenn es darum geht, Niströhren für den seltenen Steinkauz aufzuhängen. Mindestens so wichtig ist aber, wofür Lindinger viel mehr Zeit aufwendet: das Vogelmonitoring. Vor vier Jahren hat er sich als Freiwilliger gemeldet. Bei der ersten Erhebung, an der er mitwirkte, ging es um Bewohner der offenen Landschaft, wie Goldammer, Feldlerche, Dorngrasmücke und Wiesenpieper.
An vier Wochenenden von März bis Juli zog Lindinger zu Fuss oder mit dem Fahrrad los, um die Bestände zu erfassen. In den beiden Gebieten, die ihm zugewiesen wurden, war er an acht Vormittagen ab Sonnenaufgang je drei Stunden unterwegs. „Das war sowohl zeitaufwändig wie frustrierend, da gerade diese Vögel ja unter Habitatverlusten leiden und sie auf meinen Flächen leider so gut wie gar nicht mehr vorkamen“, erinnert er sich. „Oft kam ich ohne nennenswerte Ergebnisse nachhause.“
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Ein simples Beispiel: Zählten Kartierer nur im April, würden sie die Vögel versäumen, die später aus ihren Überwinterungsgebieten bei uns ankommen. Zählten sie nur tagsüber, entfielen alle Nachtvögel. Zählten sie nur in den idyllischen Naturschutzgebieten, in denen sie gerne ihre Freizeit verbringen, würden alle Brutvögel entlang von Autobahnen ignoriert, Wie kann man also ein realistisches Bild davon ermitteln, wie viele Exemplare von wie vielen Arten in einem gegebenen Gebiet vorkommen – in einer Stadt, einem Landkreis, einem Landschaftsschutzgebiet, einem Land? Und wie kann man verläßlich nachweisen, dass eine Art weniger wird oder mehr?
Darüber zerbrechen sich Ornithologen seit Jahrzehnten den Kopf, samt Fehden und Grabenkämpfen. Dieses Ringen um belastbare Methoden und der kritische Umgang mit ihnen ist wichtig. Denn verläßliche ornithologische Daten sind wertvoll und werden dringend gebraucht:
- für die Wissenschaft
- um in Form von Roten Listen Populationstrends zu erfassen und für gefährdete Arten Maßnahmen ergreifen zu können
- um besonders wertvolle Gebiete, die „Hotspots der Biodiversität“, zu identifizieren und zu schützen
- um bei geplanten Eingriffen in Lebensräume etwa durch Autobahnen oder Windkraftparks, Schaden entweder abzuwenden oder aber einen Ausgleich zu versuchen
Im Idealfall wären alle Menschen Ornis und würden tagein, tagaus notieren und weitergeben, was sie sehen und hören. Sie würden sich so organisieren, dass ausreichend viele nachts unterwegs sind, damit auch alle Eulen, Nachtigallen und Ziegenmelker erfasst werden. Sie würden ihre Wochenenden statt in der Bar oder auf dem Sportplatz damit verbringen, die Weiten der Agrarlandschaft, die Ränder von Seen und die Tiefen der Wälder zu erkunden. Jeder wäre für ein bestimmtes Planquadrat zuständig, für jede Art und jeden Lebensraum gäbe es methodische Regeln, an die sich alle halten und über jeden Vogel würde Meldung erstattet. Dann stünden die Chancen ganz gut, ein vollständiges Bild der Lage zu bekommen.
Es ist wichtig, Beobachtungen vergleichbar zu machen
Die Wirklichkeit ist davon aber weit entfernt, denn nur einige Tausend Menschen in Deutschland betreiben Vogelkartierung als Beruf oder, wie Franz Lindinger, als ernsthaftes Freizeitengagement. Deshalb ringen Ornithologen darum, was die beste Methode ist, um bei limitierter Zahl von Beobachtern und limitiertem Zeitaufwand aus Rohdaten verläßliche Ergebnisse zu machen, die für Naturschutz, Umweltpolitik und die Wissenschaft nutzbar sind. Zusammengefasst sind die vorläufigen Erkenntnisse dazu in einem Buch mit dem wenig bestsellerträchtigen Titel „Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschland“, das 2005 im Auftrag der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten und des Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) erschienen ist.
Aber das Buch hat es in sich: Denn es wirft auch für die populärste Aktion zum Vogelmonitoring in Deutschland, die „Stunde der Gartenvögel“ und die „Stunde der Wintervögel“ des NABU, die Frage auf: Wie kommt man von reinen Beobachtungen zu belastbaren Aussagen? Experten, die Flugbegleiter dazu befragt hat, sehen akuten Verbesserungsbedarf.
Ziel von professionellem Monitoring ist es, Methoden zu finden, bei denen eine begrenzte Zahl von Menschen mit begrenzter Zeit eine möglichst große Näherung an die Vogel-Realität eines Gebiets erreicht.
Der Vogelfreund, der frisch seine Leidenschaft für die Artbestimmung entdeckt hat und gerne mit dem Fernglas in der Landschaft umherstreift, wird bei der Lektüre des Buchs zuerst erstaunt sein, wie kompliziert das alles ist. Nicht nur gibt es eine eigene Kürzelsprache für Vogelnamen und ein Dutzend Symbole für die Eintragung in Landkarten, ob zum Beispiel ein zweifach beobachteter Vogel nur den Standort gewechselt hat oder ob es sich um ein neues Individuum handelt. Vor allem aber geht es bei den Methodenstandards um seriöse Statistik.
Das Buch vermittelt eine wichtige Erkenntnis: Um aus Beobachtungen echte Informationen gewinnen zu können, muss man sich viele Gedanken machen – und zwar bevor man mit dem Kartieren beginnt. Eine Vielzahl von Methoden ist im Angebot:
- Eine einfache Methode ist die „Rasterkartierung“ mit oder ohne Häufigkeitsangaben. Bei ihr wird dokumentiert, welche Arten in einem bestimmten Gebiet vorkommen.
- Will man gezielt bestimmte Vogelarten erfassen, bieten sich als Methoden die Absolutzählung aller Individuen, das Nesterkataster oder in limitierten Spezialfällen der Einsatz von Klangattrappen an – der Aufwand dafür ist aber sehr hoch.
- Für größere Gebiete gibt es die sogenannten „Relativmethoden“, zu denen die Punkt-Stopp-Zählung, die Zählung mit Zeitvorgabe und die Linientaxierung gehören.
Schnell wird bei der Lektüre klar: Es reicht nicht, einfach loszulaufen und alles aufzuschreiben, was man sieht. Für verläßliche Kartierung braucht es ein „Design“ für die Datenerhebung. Es braucht Regeln und Prozedere, die Erfassungen verschiedener Kartierer an verschiedenen Orten miteinander vergleichbar machen.
Die Kartierungen, für die in Deutschland ein sehr großer Aufwand betrieben wird, sind die Arbeiten für den Brutvogelatlas und das „Monitoring der häufigen Brutvögel“, koordiniert vom Dachverband Deutscher Avifaunisten. Dabei kommt eine weitere Methode zum Einsatz, die „Linienkartierung“. Die Kartierer gehen dazu in einem Planquadrat von 1 Quadratkilometer Größe vier Mal pro Jahr zwischen Mitte März und Mitte Juni eine drei Kilometer lange vorgegebene Linie ab und nehmen alle Vogelarten auf. Vier Zeitslots für die Begehungen hat der DDA definiert.
2544 zufällig verteilte Probeflächen hat der DDA, eine Organisation mit Sitz in Münster, mit Hilfe des Statistischen Bundesamts ermittelt, 1000 für Auswertungen auf Bundesebene, weitere 1544 für die Landesebene. Die Linienkartierung nach einem standardisierten Protokoll soll sicherstellen, dass die Daten vergleichbar sind. Grundgedanke ist die Standardisierung: Damit die Ergebnisse verglichen werden können, müssen sie unter vergleichbaren Bedingungen entstanden sein. Regnet es oder ist weht der Wind heftiger als Stärke 4, muss der Kartierer abbrechen und innerhalb des jeweiligen Zeitslots nochmal losziehen. Denn wenn alle norddeutschen Kartierer wegen Starkregens kaum Arten sehen und alle süddeutschen bei eitel Sonnenschein das Frühlingskonzert genießen, darf nicht der Trugschluss entstehen, dass in Norddeutschland die Vogel-Apokalypse ausgebrochen ist und sich die Bayern im Vogelparadies wähnen dürfen.
Stunde der Gartenvögel – eine großartige Aktion mit Schwächen
Praktisch beschrieben hat das Monitoring häufiger Brutvogelarten Flugbegleiterin Johanna Romberg im vergangenen Jahr in einem Beitrag. Romberg wirkt selbst in ihrer Heimat, der Lüneburger Heide, am Monitoring mit. Wie schwer es allerdings für den DDA ist, Kartierer zu finden, die jedes Jahr in der Brutsaison vier mehrstündige Gänge unternehmen und ihre Beobachtungen verläßlich aufzeichnen, zeigt die aktuelle Statistik: Für 726 Planquadrate sucht der DDA nach Betreuern.
Mit Aussagen, ob Vogelarten zu- oder abnehmen, geht der DDA insgesamt sehr vorsichtig um, schließlich werden seine Analysen von Bund und Ländern auch in der Naturschutzplanung verwendet. Damit die knappen Naturschutzmittel richtig eingesetzt werden, müssen sowohl Alarmismus wie auch Untertreibung vermieden werden.
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Traditionell gehört der Naturschutzbund NABU, mit 660.000 Mitgliedern Deutschlands größter Umweltverband, zu den wichtigsten Playern bei der Vogelkartierung. Es gibt eine Vielzahl anderer ornithologischer Vereinigungen und Arbeitskreise, aber der NABU mit seinen zahlreichen Orts- und Kreisverbänden trägt entscheidend dazu bei, dass Kartierungen stattfinden und kundige Kartierer überhaupt vorhanden sind.
Der NABU und sein bayerischer Ableger LBV organisieren auch das Format, das wie kein anderes zur Popularisierung der Vogelbeobachtung beiträgt und erfreulicherweise in den Medien großen Widerhall findet: Seit 2005 läuft jedes Jahr am zweiten Maiwochenende bundesweit die „Stunde der Gartenvögel“, seit 2011 nach dem Vorbild des bayerischen Landesbund für Vogelschutz (LBV) auch bundesweit die „Stunde der Wintervögel“.
Dieses Jahr hat sich der NABU eine besonders schlagzeilenträchtige Überschrift einfallen lassen, um die breite Bevölkerung anzusprechen: Der Slogan „Vatertag bis Muttertag mit Vögeln verbringen“ wurde zum viralen Hit im Internet. Man mag das boulevardesk finden, aber jedenfalls hat es der Vogelbeobachtung die Aufmerksamkeit beschert, die sie verdient. 53.000 Menschen folgten in diesem Jahr dem Appell, 7000 weniger als im vergangenen Jahr. Sie meldeten aus 35.000 Gärten rund 840.000 Vögel.
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„Citizen Science“ werden solche Aktionen neudeutsch genannt. Dabei ist Bürgerwissenschaft nichts Neues, es gibt sie seit dem 19. Jahrhundert und in Form diverser Kartierungen auch in Deutschland schon seit Jahrzehnten. Ohne engagierte Laien – das hat zuletzt die aufsehenerregende Publikation des Entomologischen Vereins Krefeld zum Insektenschwund gezeigt – geht in Deutschland fast gar nichts bei der Erfassung der Biodiversität. Wer despektierlich von „Hobbyforschern“ spricht, hat keine Ahnung, wie viel Expertise Menschen entwickeln, die ihre Freizeit enthusiastisch bestimmten Organismengruppen widmen.
Wie bedeutsam Citizen-Science-Projekte für Wissenschaft und Vogelschutz sein können, zeigt das weltweit am längsten laufende Vogelerfassungsprogramm, der Christmas Bird Count der amerikanischen Audubon-Gesellschaft. Dabei werden seit mehr als 115 Jahren um die Weihnachtszeit Vögel erfasst. Gezählt wird mittlerweile nicht nur in den USA, sondern auch in Kanada, Lateinamerika, der Karibik und auf einigen Pazifikinseln. Seit den 1950er Jahren gelten vereinheitliche Standards. Beim letzten Count wurden mehr als 57 Millionen Vögel gezählt.
Vorsicht bei vorschnellen Aussagen zur Bestandsentwicklung
Wie ernst dabei die Datenqualität genommen wird, erklären die Organisatoren in ihren Methodenhinweisen. „Es ist unsere Aufgabe und unsere Pflicht, die Datenbasis so aussagekräftig und statistisch korrekt zu halten wie möglich. Wir müssen alles verhindern, was das Vertrauen der Wissenschaft in unsere Daten gefährdet“, heißt es da. Dennoch ist die Methode der Zählung recht einfach. Es werden Gebiete in 15-Meilen-Radien festgelegt, die sich nicht überlappen dürfen. Gezählt wird an einem Tag, mindestens acht Stunden, innerhalb eines Zwei-Wochen-Rahmens um Weihnachten.
Empfohlen wird, in einem Gebiet möglichst immer am gleichen Tag und wenn möglich durch dieselben Beobachter zu zählen. Die Zahl der Beobachter pro Fläche ist nicht begrenzt, ebenso steht es ihnen frei, zu Fuß, mit dem Auto oder anderweitig das Gebiet zu kontrollieren. Auch Zählungen an Fütterungen sind möglich. Fast alles ist möglich, solange pro Gebiet stets dieselben Methoden gewählt werden.
Die Daten der Weihnachtszählungen sind begehrt und mittlerweile Grundlage für zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten. „In jeder Woche gibt es drei oder vier Anfragen von Wissenschaftlern, unsere Daten nutzen zu können“, sagt der Programmdirektor Geoff LeBaron. Neben Winter-Bestandstrends zahlreicher Arten konnten Hinweise auf Populationsentwicklungen und Änderungen der Winterverbreitung im Zuge des Klimawandels wissenschaftlich belegt werden. Die Ergebnisse des Citizen-Science-Projekts haben nicht selten direkte Konsequenzen im Vogelschutz. So senkte die US-Jagdbehörde nach gründlicher Auswertung der Daten der Weihnachtszählung die Abschussquoten für die Dunkelente. „Weil unsere Datensammlung so lange zurückreicht, können wir Abnahmen erkennen, bevor sie dramatische Ausmaße annehmen“, sagt LeBaron (siehe auch das Interview mit ihm).
Läßt sich das Monitoring wie nebenher in einer Stunde erledigen?
Der British Trust for Ornithology (BTO) erhebt das Vorkommen von Gartenvögeln bereits seit 1995. Gartenbesitzer sind aufgerufen, einmal pro Woche von immer derselben Stelle aus zur möglichst immer gleichen Tageszeit das Vorkommen von Vögeln zu dokumentieren. „Die Kontinuität der Beobachtung ist wichtiger als die Qualität der Daten“, erläutert die BTO. „Abgerechnet“ wird wöchentlich. Egal, ob jemand jeden Tag beobachtet oder einmal in der Woche, aufgeschrieben wird die maximale Anzahl gleichzeitig gesehener Vögel einer Art. Wenn man Montags eine Amsel, Mittwochs zwei, Donnerstag keine und Samstags drei Amseln sieht, wird die Zahl 3 für die Amsel in dieser Woche vergeben. Veröffentlicht werden die Daten in einem Jahresbericht, der neben Vergleichen der Vorkommenshäufigkeit von Arten in Gärten mit den Vorjahren auch Informationen zur jahreszeitlichen Verteilung des Auftretens enthält. Aber auch die BTO-Ornithologen halten sich mit kurzfristigen Schlussfolgerungen über Populationstrends zurück.
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Anders der NABU. Vom 10. bis zum 13. Mai lief die diesjährige Zählung „Stunde der Gartenvögel“, bei der Teilnehmer wieder einmal jeweils eine Stunde lang aufschreiben und melden sollten, was sie in Gärten, Parks oder an anderen Orten im Siedlungsbereich zu sehen und hören bekommen. Bis zum 21. Mai konnten Daten eingesandt und online eingetragen werden. Doch schon am 15. Mai, einen Tag nach dem offiziellen Ende und eine Woche vor Einsendeschluss, zog NABU-Geschäftsführer Leif Miller eine erste Bilanz: „Fast nur Verlierer unter den Gartenvögeln.“ Passend zur Debatte um den Insektenschwund behauptete Miller, es seien die „langjährigen Sorgenkinder“ Mehlschwalbe und Mauersegler, bei denen sich „die erfreulich guten Zahlen des Vorjahres buchstäblich als Eintagsfliege erwiesen: Ihre Zahlen sind wieder so schlecht wie in den Jahren davor und entsprechen nur noch 60 Prozent der Ausgangsbestände im Jahr 2006.“ Die Ursache dafür liege „offenbar im massiven Insektenschwund“, erklärte Miller.
Was an der Aussage auf jeden Fall stimmt ist, dass sie die Zahl der Beobachtungen durch Zehntausende freiwillige Melder akkurat wiedergibt. Dass ein erhebliches Problem auch für die Vogelwelt existiert, weil deutschlandweit Insektenbestände zurückgehen, ist ebenfalls eine traurige und kaum bestreitbare Tatsache. Aber wie steht es um das Grundproblem der Vogelkartierung – lassen sich die einzelnen Beobachtungen der erfreulich vielen Freiwilligen zu einem akkuraten Abbild der Realität zusammenfügen oder gar zu Trendanalysen?
Es kann gut sein, dass sich die Aussage zu den Mehlschwalben und Mauersegler in den nächsten Wochen vollumfänglich bewahrheitet und die Freiwilligen als Schwarmintelligenz den richtigen Riecher haben. Aber das Statement zeigt auch, dass der NABU bei Design und Auswertung auf eine ganz spezielle Methode setzt: „Quick and dirty", nennt Christoph Sudfeldt sie. Er ist als Geschäftsführer des Dachverbands Deutscher Avifaunisten eine der zentralen Figuren und treibende Kraft der Ornithologie in Deutschland, zudem ist er Mitautor vieler Publikationen über Erfassungsmethoden. Sudfeldt ist durch seine Funktion auch Hauptverantwortlicher für ornitho.de, die Plattform, auf der derzeit knapp 25.000 Menschen ihre Beobachtungen einpflegen, 6,2 Millionen allein 2017, bald 33 Millionen insgesamt nach Angaben des DDA.
Es gibt auf keinen Fall mehr Elstern als Buchfinken
Auf die Frage, ob die Vielzahl der Meldungen, die bei Ornitho.de zusammenlaufen, die Behauptung des NABU etwa zu den Mauerseglern bestätige, antwortete Sudfeldt, dass die Zahl der Mauersegler-Meldungen aktuell bundesweit nur minimal niedriger sei als 2017 – 7037 im Jahr 2018 versus 7173 Meldungen 2017 waren es jeweils bis zum 16. Mai. Eine Woche später, am 23.Mai lag die Zahl der Meldungen 2017 bei 9078, 2018 dagegen mit 9954 höher.
Das heiße freilich im Umkehrschluss nicht, dass es nicht vielleicht tatsächlich ein schlechtes Mauersegler-Jahr werden könnte, sagt Sudfeldt. Denkbar sei aber auch, dass die Hochdrucklage in der fraglichen Zeit der Stunde der Gartenvögel dafür gesorgt habe, dass Mauersegler ihre Nahrung in größeren Höhen oder vermehrt in insektenträchtigen Feuchtgebieten suchen mussten, wo sie sich den Blicken der Stadtbewohner entzogen hätten. „Wir halten uns mit solchen Spekulationen lieber zurück“, sagt Sudfeldt.
Als zweites Beispiel, dass man die Meldungen der Freiwilligen nicht Eins zu Eins für bare Münze nehmen sollte, führt Sudfeldt die Häufigkeitsverteilung der Arten an. Auch 2018 lag die Elster wieder auf Platz 7 der beobachteten Arten – vor Rotkehlchen und Buchfink. 2016 hatten die Beobachter zum Beispiel knapp 51.000 Elstern, aber nur 26.000 Rotkehlchen und 34.000 Buchfinken erfasst.
„Dass ein solches Ergebnis mit der Realität nichts zu tun hat, weiß jeder, der sich ein bisschen auskennt“, sagt Sudtfeldt. Selbstverständlich sei die Elster auch in Deutschlands Gärten nicht doppelt so häufig wie das Rotkehlchen oder anderthalb mal so häufig wie Deutschlands häufigste Vogelart, der Buchfink. Was die NABU-Zahlen wiedergeben, sagt also mehr über die Wahrnehmung der Beobachter aus als über die Realität in deutschen Gärten und Parks.
Der NABU selbst weist im Begleitermaterial zur Zählung ganz offen und transparent auf Einschränkungen hin. Das Wetter zum Beispiel wird nicht erfasst, sondern als Zufallsfaktor definiert, der sich über die Fläche und Jahre ausgleiche. Der Verband hebt auch hervor, dass die Methodik, oftmals ungeübte Vogelkartierer zum Zählen zu motivieren, die Ergebnisse stark beeinflussen kann.
2017 schrieb der Verband im Begleitmaterial zu seinen Ergebnissen: „Haus- und Feldspatzen sind auch deswegen so gut platziert, weil sie ohne Scheu und oft in Schwärmen unterwegs sind, so dass Vogelbeobachter sie kaum übersehen können. Elstern fallen ebenso wie Krähen und Tauben durch ihre Größe ins Auge, den Zilpzalp kann man zwar leicht übersehen, aber dank seines eindeutigen ‘Zilpzalp‘-Rufes kaum überhören. Der nahe verwandte Fitis dagegen ist schon eher für Kenner, ebenso der Gelbspötter – ein begnadeter Sänger und Imitator, aber vielen Vogelfreunden leider nicht vertraut. ‘Mehlschwalbe überholt Grünfink‘ muss man also immer vor dem Hintergrund dieser Faktoren sehen.“
Doch in den Statements und Überschriften bei der Präsentation von Ergebnissen ist von Relativierungen wenig zu merken. Die Ergebnisse der „Stunde der Gartenvögel“ wurden auch dieses Jahr wieder so präsentiert, als entstammten sie einem strengen und statistisch belastbaren Erfassungsdesign. Medial folgten entsprechende Schlagzeilen.
Dass die „Stunde der Gartenvögel“ und die „Stunde der Wintervögel“ großartige Mitmach-Aktionen sind, die Menschen zum Beobachten animieren und die interessante Zahlen liefern können, ist unbestritten. Aber ausgerechnet der NABU erweckt mit pauschalen Aussagen den Eindruck, als ließe sich Vogelmonitoring in einer Stunde pro Jahr erledigen.
Läuft der NABU mit Schnellschüssen, die eher an Schlagzeilen als an wissenschaftlicher Belastbarkeit ausgerichtet zu sein scheinen, nicht Gefahr, Vogelschutz und Vogelmonitoring insgesamt unglaubwürdig erscheinen zu lassen? Diese und weitere Fragen haben wir natürlich Leif Miller und auch dem NABU insgesamt gestellt. Eine Antwort haben wir nicht erhalten. Aber wir wurden auf einen Artikel aus der Fachzeitschrift „Der Falke“ von 2017 hingewiesen, in dem Lars Lachmann und Marius Adrion vom NABU die Logik des Verbands erklären. Je mehr Teilnehmer mitmachen, desto genauer werden die Ergebnisse. „Einzelne Fehler unerfahrener Beobachter werden durch die Masse der Beobachtungen ausgeglichen und führen nicht zu einer Verfälschung der Gesamtergebnisse, solange systematische Fehlerquellen bei der Auswertung angemessen berücksichtigt werden“, schreiben sie.
Er führt an, dass Irrtümer in der Masse der Meldungen untergingen und es nicht um absolute Zahlen, sondern um relative Veränderungen drehe. Zudem würden die Daten nachbearbeitet, um zwischen Neulingen und Menschen, die wiederholt melden, zu unterscheiden. Denn Geübte kennen und melden mehr Daten – wenn das ignoriert, würde eine Zunahme erfahrener Melder so aussehen, als gebe es mehr Vogelarten in den Gärten. Berücksichtigt werden auch die räumliche Verteilung von Gärten relativ zum Bundesgebiet. „Die entsprechend korrigierten Daten ergeben ein detailliertes Bild des durchschnittlichen deutschen Vogelgartens“, schreiben Lachmann und Adrion.
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Doch nicht nur Sudfeldt, auch andere Experten für biologisches Monitoring wünschen sich vom NABU, dass er entweder weniger pauschale Aussagen macht oder aber seine Methodik strenger standardisiert. Citizen Science sei „eine anerkannte Möglichkeit, das Wissen und die Wahrnehmungen von Nicht-Wissenschaftlern stärker einzubeziehen“, sagt Christine Fürst, Professorin für Nachhaltige Landschaftsentwicklung an der Universität Halle und Präsidentin der Internationalen Gesellschaft für Landschaftsökologie. Repräsentativität und Aussagekraft hingen allerdings sehr stark davon ab, wer mitmache, welche Vorkenntnisse vorlägen und wie die Teilnehmer die Daten erheben – darüber weiß der NABU aber wenig bis gar nichts.
„Ein Mindestmaß an Standardisierung“ ist nötig
Bei der NABU-Methodik sei es schwer, „wirklich weitreichende Schlüsse zu ziehen, da Schwankungen von Jahr zu Jahr eben auch stark davon abhängen, ob die gleichen Teilnehmer sich engagieren oder andere“, sagt die Forscherin. Wichtig fände Fürst es, die Messgrößen zu standardisieren: „Anzahl der Vögel pro Garten mache eigentlich als Indikator nicht sehr viel Sinn“, sagt sie, denn Erfassungsflächen in Gärten und Parks könnten unterschiedlich groß sein. „Sinnvoller wäre eine echte Verbreitungsaussage mit Anzahlen pro Quadratkilometer und deutlicher höherer räumlicher Auflösung“, sagt sie.
„Ein Mindestmaß an Standardisierung“ fordert auch Hans-Günther Bauer vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell, einer der führenden Experten für Erfassungsmethodiken: „Meine Mindestanforderung wäre, dass die Teilnehmer ihren Aufwand und die Beobachtungsumstände genau protokollieren müssen, und vor allem, dass sie aufschreiben müssen, was sie kennen und sich selbst zutrauen zu bestimmen“, sagt er. Ohne solche Informationen könne der Koordinator nicht wissen, wie repräsentativ die erhobenen Daten wirklich seien. Wenn jemand in seinem Garten etwa jede Menge Futterstellen installiere oder sich vom Einsteiger zum Bestimmungsprofi entwickle, würde das die Messungen dramatisch verändern.
Das Hauptargument des NABU dafür, die Gartenvögel-Zählung für bare Münze zu nehmen, besteht darin, dass in ausreichend Masse Fehler einfach untergingen oder sich ausgleichen würden. Das ist ein bei Statistikern durchaus bekannter und ausgenutzter Faktor. Aber in seinem Kapitel im Buch „Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands" hat Bauer hervorgehoben, dass sich ein schwaches Erfassungsdesign eben nicht einfach durch Masse überspielen lasse: „Ein systematischer Fehler kann generell nicht durch eine große Stichprobenzahl ausgeglichen werden." Ein solcher Fehler kann es sein, Einflussgrößen wie Wetter oder die Kenntnisse der Melder nicht ausreichend zu berücksichtigen.
Augenzwinkernd merkt Bauer an, dass ja auch manche Meinungsumfragen im Fernsehen mit einer Stichprobe von 5 präsentiert würden und vielleicht sogar im Trend richtig liegen könnten. „Aber Wissenschaft, und das steckt ja in 'citizen science‘ mit drin, ist das nicht“, sagt er. Er sieht in der Aktion aber ein großes Potenzial: Stichproben von mehreren zehntausend Meldern seien für die Ornithologie „ja fast schon Luxus". Man müsse den Luxus nur noch richtig kanalisieren, also die Standardisierung verstärken.
Franz Bairlein, Direktor des Instituts für Vogelforschung in Wilhelmshaven und von 2010 bis 2014 Präsident der Internationalen Ornithologen-Union, warnt ebenfalls vor „einfachen Analysen“. Damit Citizen-Science-Erhebungen belastbare Ergebnisse erbrächten, müssten Kontrollvariablen in der statistischen Analyse berücksichtigt werden, vor allem Beobachtungsintensität, räumliche Verteilung der Beobachter, Witterung – so, wie das in den USA der Fall sei.
Wichtiger Effekt, mit Zählungen naturferne Menschen zu erreichen
Bairlein weist darauf hin, dass manche der Gartenvogel-Trends des NABU nicht zu den sehr viel belastbareren Bestandsdaten des European Bird Census Council (EBCC) passten, in das auch die Daten des DDA einfließen. So nehme in den NABU-Gartenvogeldaten die Amsel deutlich ab, europaweit sei sie dagegen deutlich zunehmend. Auch der Hausrotschwanz und der Zaunkönig seien beim NABU abnehmend, europaweit aber ebenfalls deutlich zunehmend. Der Feldsperling dagegen nehme bei den NABU-Zahlen stark zu, europaweit aber stark ab, so wie auch in den Daten des DDA.
Versöhnlicher zeigt sich die Ornithologin Silke Voigt-Heucke, die an der FU Berlin und am Museum für Naturkunde Berlin arbeitet. Einerseits betont sie, dass „nur ein standardisiertes, von Experten durchgeführtes und regelmäßig auf seine Effektivität evaluiertes Monitoring belastbare Zahlen gewährleistet, mit denen Bestandsentwicklungen wissenschaftlich fundiert berechnen lassen können.“
Abwehr postfaktischer Lobbyisten
Nichtsdestotrotz sehe sie aber die Stunde der Gartenvögel als ein zusätzliches Maß an, das durchaus eine Aussage über Bestandsentwicklung der häufigen, an Menschen angepassten Gartenvögel erlaube. Natürlich würden die Beobachtungen zum Teil von Laien möglicherweise fehlerhaft und teilweise falsch durchgeführt. Doch dadurch, dass dieser zugrunde liegende Fehlerfaktor über die Jahre hinweg wahrscheinlich gleich oder ähnlich bleibe, spiegeln die deutlichen Trends der Stunde der Gartenvögel, wie etwa die Abnahme von Luftinsektenjägern, höchstwahrscheinlich einen tatsächlichen Verlust dieser Arten in der Stadtnatur wider.
Den Hauptnutzen der Stunde der Gartenvögel und anderer Citizen-Science-Projekte zu Naturbeobachtungen sieht Voigt-Heucke vor allem darin, dass sie unsere naturferne Gesellschaft für naturschutzfachliche Themen öffnen, sensibilisieren und begeistern vermögen. „Das können rein trockene Daten und streng wissenschaftliche Publikationen meist nicht erreichen“, sagt sie.
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Noch nie zuvor war systematisches Vogelmonitoring so wichtig wie heute. Und noch nie zuvor war es so entscheidend, dass möglichst viele Menschen dazu motiviert werden, ihre Umwelt bewusst wahrzunehmen. Denn gerade die mit rigoroser Methodik gewonnenen Erkenntnisse zu Zustand und Trends der Vogelwelt in Deutschland in mehr als alarmierend. Von den 261 Arten, die in Deutschland die heimische Vogelfaune bilden, sind 13 bereits ausgestorben oder verschollen, 29 sind vom Aussterben bedroht, 19 stark gefährdet, 27 gefährdet, 30 extrem selten und 18 Arte stehen auf der Vorwarnliste.
Viele Vogelbeobachter beschleicht bei ihren Streifzügen durch die Landschaft das Gefühl, Rachel Carsons „Stummer Frühling“ sei bereits Wirklichkeit geworden. Ja, es gibt singende Vögel. Aber der Negativtrend bei sehr vielen Arten ist eine gut belegte und erschreckende Realität. Die Ursachen sind seit Jahrzehnten bekannt: Die Industrialisierung der Landwirtschaft reduziert mit Feuchtgebiets-Drainage, Überdüngung und Insektizideinsatz die Nahrungsgrundlagen vieler Arten; die Überbauung und Zerschneidung von Flächen und die Erschließung auch der letzten entlegenen Winkel führen zu massiven Störungen; streunende Katzen und andere vom Menschen eingeführte Nesträuber verschlimmern das Problem noch; hinzu kommen massive Gefahren für die Zugvögel durch illegale Jagd und Habitatverlust in ihren Überwinterungsgebieten.
Den Rückgang zu dokumentieren, damit post-faktische Lobbyisten etwa der Agrarwirtschaft ihn nicht einfach vom Tisch wischen können, ist eine der wichtigsten Aufgaben für Vogelbeobachter überhaupt. Bürgerwissenschaftler können hierbei eine entscheidende Rolle spielen – genau deshalb haben sie es auch verdient, dass die Daten, die sie eingeben, auch nach strengen Standards zu aussagefähigen Resultaten verarbeitet werden.
Alle Formen des Vogelmonitorings erfüllen für den Naturschutz wichtige Aufgaben. Die Stunde der Wintervögel und der Gartenvögel schafft es, Zehntausende Menschen zu motivieren und Millionen per Medien anzusprechen, von denen die meisten ihre Freizeit eben nicht mit dem Fernglas um den Hals verbringen. Allein das ist ein großer Verdienst.
Aber bei diesen und anderen Projekten sollten sich die Veranstalter klar entscheiden:
Entweder stellt man das Mitmachen in den Vordergrund und die Methode in den Hintergrund, mobilisiert viele Menschen und ist zufrieden, wenn sie viele Beobachtungen melden. Dann sollte man aber auf pauschale Aussagen und Jahr-zu-Jahr Auswertungen verzichten. Oder man will wirklich „Citizen Science“ praktizieren. Dann muss man sich aber auch an wissenschaftliche Prozedere und Protokolle halten. Faktoren wie das Wetter, die Erfahrung der Melder und die Größe der Beobachtungsgebiete zu ignorieren, geht dann nicht mehr. Der Lohn sind wissenschaftlich auswertbare Daten wie bei der Audubon-Zählung.
Um das Vogelmonitoring in Deutschland noch effizienter und aussagekräftiger zu machen, ist es zentral wichtig, dass auch bei „Citizen Science“ wissenschaftliche Standards hochgehalten werden. Alle Zutaten dafür sind eigentlich da. Mit wenigen Boxen und Pflichtangaben mehr und mit Standards für Flächen und Zählweise könnte die NABU-Aktion die Güte der analogen Aktionen in den USA erreichen und damit die Durchschlagkraft der Ergebnisse stark steigern. Auf diesem Weg würden die Mitmachenden damit vertraut gemacht, was für eine solide Auswertung nötig ist – der ideale Einstieg, vom sporadischen Beobachter zum echten Vogelkartierer zu werden.