„Folge deinem Fluss“: Am Iseltrail den längsten frei fließenden Gletscherfluss der Alpen erleben

Der neue Weitwanderweg in Osttirol erschließt die Isel und schützt den Fluss vor der Wasserkraftnutzung.

vom Recherche-Kollektiv Flussreporter:
16 Minuten
Links Berg, Mitte Fluss, rechts Weg am Fluss

In heißen Sommern ist eine mehrtägige Wanderung entlang eines kühlen Wassers sehr erholsam. An der Isel in Osttirol erfährt man dabei gleichzeitig viel über den türkisgrünen Gletscherfluss, der dank der Vision eines Bauingenieurs und Bergsteigers und des Engagements von Bürgerïnnen heute noch frei fließen darf.

Am 16. Juli 2020 posierten sieben Personen mit Scheren in der Hand vor einem roten Band, das an der Mündung der Isel in die Drau aufgespannt war. Der klassische Fototermin zur Eröffnung des Weitwanderweges „Iseltrail“ in Lienz in Osttirol hatte eine besondere Bedeutung, standen hier doch Vertreterïnnen der Gemeinde- und Landespolitik, der Wasserbau-Behörde, des Tourismus und des Naturschutzes einträchtig nebeneinander, nachdem sie teilweise jahrzehntelang für und gegen den natürlichen Lauf des Flusses eingetreten waren. Mit der Eröffnung des Iseltrail setzten sie nun einen Akt für den Schutz der Isel, dem längsten noch frei fließenden Gletscherfluss der Alpen, und starteten eine neue touristische Attraktion.

Die Mündung der Isel in die Drau in Lienz ist auch der offizielle Startpunkt für den Weitwanderweg, den man wahlweise im Ganzen oder in Etappen gehen kann. Wir Flussreporter haben den Iseltrail im Juli 2021 das erste Mal erkundet, wurden aber am vierten Tag von einer Schlechtwetterprognose zum Abbruch der Wanderung gezwungen. Ende September 2023 starteten wir einen zweiten Versuch:

Am 24. September fahren wir mit dem Zug von Wien nach Lienz, der Bezirkshauptstadt in Osttirol. Es ist ein guter Tag dafür, denn es ist der internationale „Tag der Flüsse“.

Unterführung mit Radfahrern und langem Foto
Nach der Ankunft am Bahnhof Lienz geht man durch Österreichs sicherlich schönste Fußgänger- und Radfahr-Unterführung mit dem 130 Meter langen Panoramafoto der Landschaft um die Stadt von Thomas Bredenfeld.
Fluss, Geländer, Infotafel mit Routenbeschreibung
Hier in Lienz, an der Mündung der Isel in die Drau, startet der Iseltrail.
Fluss, Baum, Zaun, Tafel mit Aufschrift „Flussjuwel“ in der Stadt
Im Juli 2021 führte die Isel in Lienz viel Wasser. Derzeit wird sie hier vertieft, um die Stadt vor einer Überflutung zu schützen.
Infotafel am Fluss, rostfarbenes Geländer
Am Ortsende von Lienz beginnt die weitgehend naturbelassene Strecke der Isel.
Gelbe Tafel mit Aufschrift „Iseltrail“ im Wald
Der Iseltrail ist fast überall sehr gut ausgeschildert.
Türkisgrüner Fluss mit Schotterbank, dahinter ein waldbewachsener Berg
Die Isel bie Oberlienz
Pflanze links vorne vor Fluss
Die selten gewordene Deutsche Tamariske hat auf den Schotterbänken an der Isel noch einen passenden Lebensraum.
Kieselstein mit türkisgrünem Bild und weißer Schrift
Liebevoll bemalter Stein mit dem Logo des Iseltrail am Wegesrand.
Fluss vor Felswand, links ein kleines Dorf
Die Isel bei Huben im Jahr 2021 am Morgen. Kurz darauf überraschte uns ein heftiges Gewitter.
Steg aus rostrotem Stahl mit Blick auf den türkisgrünen Fluss. Darauf ein Mann, der fotografiert.
Die Aussichtsplattform an der Isel bei Feld ermöglicht einen imposanten Überblick über den tosenden Fluss.
Große Steine mit weiß schäumendem Wasser
Bei den Feldener Katarakten ist die Isel ein wilder Gletscherfluss, der bei Hochwasser mächtige Gesteinsbrocken transportieren kann.
Alte kleine Kirche auf einem Hügel
Wer einen Ruhetag in Matrei einlegt oder bei der Rückfahrt einen Stopp macht, kann zur St. Nikolaus-Kirche hochsteigen.
Informationstafel am Flussufer bei einer Brücke, ein Mann liest die Tafel, im Hintergrund eine Kirche und Häuser.
Die Isel bei Matrei, am Eingang ins Virgental. Die Tafel informiert über die empfohlenen Etappen für den Iseltrail.
Webkreuze aus Holz vor Hügel mit Holzscheune
Bei diesen schönen alten Wegkreuzen in Matrei geht es rechts und dann hinauf in den Ortsteil Glanz.
Uferbewuchs mit Margeriten am Fluss
Manchmal muss man aufpassen, dass man sich am Iseltrail nicht vertrödelt angesichts der vielen schönen Postkartenmotive.
Mann in T-Shirt mit Iseltrail-Logo vor der Brückenbaustelle
Letzte Arbeiten an der Hängebrücke über die Iselschlucht bei Bobojach/Welzelach im September 2023.
Landschaft mit Schlucht uns metallener Hängebrücke
Wer sich bei Welzelch auf die neue Hängebrücke traut, kann in die tiefe, unzugängliche Iselschlucht schauen.
Schotterstrand, türkisfarbener Fluss, grüne Gebirgslandschaft
Schöner Schotterstrand an der Isel vor Prägraten.
Türkisfarbener Fluss, blauer Himmel mit Wolken, grüne Landschaft
Dank engagierter Bürgerïnnen kann die Isel im Virgental auch heute noch frei fließen, statt unterirdisch in einem Rohr zu einem Wasserkraftwerk abgeleitet zu werden.
Felsen mit Wasserfällen
An mehreren Stellen kann man von Aussichtsstegen in die tosenden Umballfälle oberhalb von Hinterbichl schauen.
Alpine Landschaft mit vergletschertem Berg und tiefliegendem Gletscherbach. Geduckt im rechten Hang die kleine Schutzhütte
Suchbild am hochalpinen Abschnitt der Isel: Wo versteckt sich die Clarahütte?
alpines Tal mit Schutzhütte und Bänken davor
Da ist sie, die Clarahütte! Hier sollte man übernachten, sonst wird die Tagesetappe bis zum Gletscher und damit zum Isel-Ursprung zu lang.
breites Hochtal mit schmalem Gletscherbach, im Hintergrund Berg mit weißem Gletscher
Das Ziel im Blick: Im Hintergrund sieht man schon das Umbalkees, das Ziel der Mehrtageswanderung. Der Gletscher zieht sich aufgrund der Klimaerwärmung immer weiter zurück.
Einfacher Steg über reissenden Gletscherfluss, gelbes Warnschild auf einem Felsblock
Es wird davor gewarnt, die Isel an dieser Stelle bei Hochwasser, Nebel oder hohem Schnee zu überqueren.
Felsige Berge mit Gletscher, davor das sandige Gletschervorfeld mit türkisgrauem Wasser
Beim Umbalkees in der Venedigergruppe der Hohen Tauern in Osttirol entspringt die Isel und mündet nach etwas mehr als 57 Kilometern in Lienz in die Drau.

Informationen zum Iseltrail

Anreise nach Lienz mit Bahn oder Bahn und Bus von Wien über Villach, von München oder Innsbruck über Kitzbühel oder Südtirol. Bei den Tourismusbüros in Lienz, Virgen und Prägraten kann man das Iseltrail-Paket mit T-Shirt, Wasserflasche und Stempelpass kaufen, ein Faltblatt mit einer kurzen Beschreibung der Etappen mitnehmen und sich über Unterkünfte informieren. Es empfiehlt sich jedoch, möglichst frühzeitig vor der Anreise Unterkünfte zu reservieren, weil es entlang der Isel nicht sehr viele gibt und Osttirol im Sommer eine beliebte Urlaubsdestination ist. Die Clarahütte ist von etwa Anfang Juni bis Ende September geöffnet und hat nicht viele Schlafplätze (Doppelzimmer und Lager). Sie sollte deshalb so früh wie möglich reserviert werden.

Tipps fürs Packen

So viel wie nötig, so wenig wie möglich ist die Regel für den Mehrtagesrucksack. Jedes Gramm, das man nicht tragen muss, erleichtert die Wanderung. Nicht fehlen dürfen Shirt und Socken zum Wechseln, warme Kleidung samt Haube und Handschuhe für die höheren Lagen, Regenschutz, Handy und Powerbank, Erste Hilfe-Packerl und Bargeld. Praktisch sind – zusätzlich zu den rutschfesten Wanderschuhen – auch Trekkingsandalen, mit denen man ins Wasser steigen kann. Und selbstverständlich eine Wasserflasche oder zwei und Proviant für tagsüber, denn direkt am Iseltrail gibt es meist keine Gasthäuser. Reist man zu den einzelnen Etappen täglich per Bus an, reicht ein Tagesrucksack – dieser sollte allerdings genug Platz für das bieten, was man zum Übernachten auf der Clarahütte benötigt (Hüttenschlafsack, Waschzeug, kleines Handtuch, Hüttenschuhe, Nachtgewand, Stirnlampe).

Mittelgroßer Wanderrucksack mit Wanderstöcken
Je nach Körpergröße und Kraft sollte der Mehrtages-Rucksack gefüllt nicht mehr als zehn bis zwölf Kilogramm wiegen – inklusive Wasser, Jause und Wanderstöcken.
diverse beschriebene Kleidung und Ausrüstung aufgelegt
So viel wie nötig, so wenig wie möglich ist die Devise bei mehrtägigen Wanderungen im Gebirge. Hier ein Beispiel für den Inhalt des Rucksacks: Wattierte Jacke, Softshelljacke, dünne Fleecejacke, Ersatz-Wanderhose, Hüttenschuhe, Wasserflasche, Hüttenschlafsack aus Seide, Taschenmesser, Regenhose und Regenjacke, Legging, Wandersocken und Baumwollsocken, Bauchwärmer (dünner Überrock), schnell trocknendes T-Shirt, Sonnenhut, Mütze, Handschuhe, Halstuch, Notfallbiwak (orange), Powerbank, Stirnlampe, Sonnenbrille, Buff, Erste Hilfe-Packerl (gelb), Waschzeug.