„Junge Wälder sind besser für das Klima“

von Adriane Lochner
8 Minuten
Junge Buche im Fichtenwald

Wald hat für Menschen unterschiedliche Bedeutungen vom Rohstofflieferanten bis zum Erholungsraum. Auf keine der Waldfunktionen will man verzichten und trotzdem die Wälder als artenreiche Ökosysteme schützen und erhalten. Professor Jens Schröder von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde erklärt im Interview, wie die Wälder der Zukunft aussehen könnten, und warum man sie aktiv gestalten sollte.

Herr Schröder, warum ist Wald gerade jetzt so ein zentrales Thema?

Durch die Medien sind wir international auf viele Waldschäden aufmerksam geworden, etwa die Waldbrände in Kalifornien, Sibirien oder am Amazonas. Und auch unmittelbar vor unserer Haustür sehen wir die Auswirkungen des Klimawandels. Durch den starken Borkenkäferbefall sind viele Flächen gerade im Süden abgestorben oder bereits kahlgeschlagen. Hinzu kommt, dass wegen Corona mehr Leute draußen in der Natur unterwegs sind. Erst mal ist das nicht schlecht, wenn die Öffentlichkeit sensibilisiert wird. Durch den Medienschwerpunkt wird der Wald aber vor allem als Schutzobjekt wahrgenommen, doch auf diesen Status allein sollte er nicht festgelegt werden.

Kann man die Wälder nicht einfach in Ruhe lassen?

Es reicht nicht aus, einfach nichts zu tun. Der Wald kann das Tempo, das der Klimawandel vorgibt, aus eigenen Kräften nicht mitgehen. Wir müssen den Wald unterstützen weiterzubestehen. Gleichzeitig sollten wir Wälder bewusst gestalten und die verschiedenen Interessen der Gesellschaft regional bedienen. Wir können mancherorts Erholungswälder anlegen mit all der nötigen Infrastruktur, andere Wälder können wir unberührter, vielfältiger und strukturreicher werden lassen und wieder andere Wälder verstärkt für die Rohstoffproduktion nutzen. Nach den jeweiligen lokalen Bedingungen sollten wir die Entscheidung treffen, ob wir einzelne Wälder vorrangig schützen oder nützen wollen.

Wie kann man dieses Konzept umsetzen?

300 Jahre nachhaltige Forstwirtschaft begründen sich darauf, dass man das, was man entnimmt, auch wieder nachpflanzt. Heute weiß man, dass zur nachhaltigen Forstwirtschaft weitere Faktoren gehören etwa Biodiversität oder Wilddichte. Eine reine Holzrechnung reicht nicht mehr. Es sind Managementpläne nötig. Dafür haben wir aber zu wenig Fachpersonal. Ich komme aus Brandenburg, da ist die Situation fatal. Seit 30 Jahren geht es uns wie der Charité zu Coronazeiten: zu viele Patienten und zu wenig Pflegerinnen und Pfleger. Wir brauchen gut ausgebildete, motivierte Leute, die sich langfristig in den Regionen engagieren und sich um die Waldökosysteme kümmern.

Kahle Fläche mit abgesägten Baumstümpfen.
Kahlschläge in Fichtenwäldern sind vielerorts keine Seltenheit mehr.
Wald mit Hinweisschild: Naturschutzgebiet
Wenn Wälder zu Naturschutzgebieten werden, ist die Bewirtschaftung nur noch unter bestimmten Bedingungen möglich.
Hände beim Pflanzen eines kleinen Bäumchens
Die Atlaszeder war bisher in Deutschland nicht heimisch. Angesichts des Klimawandels könnte sie ein Zukunftsbaum sein.
Sonne scheint durch die Baumkronen.
Zu viel Licht im Wald bedeutet Stress für das Ökosystem.
Porträt Jens Schröder
Professor Jens Schröder von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE)
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