Genauer als Atomuhren: Physiker erschließen den Atomkern für die Zeitmessung

Seit Jahrzehnten tüfteln Physiker an einer Atomkernuhr, die auf dem Element Thorium-229 beruht. Nun sind sie diesem Ziel große Schritte nähergekommen. Bald könnte so eine Uhr prüfen, ob Naturkonstanten wirklich konstant sind.

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Künstlerische Darstellung einer Atomkernuhr. Physiker kommen der Realisierung einer solchen extrem genauen Uhr mit großen Schritten näher.

Ohne Atomuhren wäre das moderne Leben undenkbar. Navigationssysteme in Flugzeugen, Schiffen und Autos basieren auf dem präzisen Zeitabgleich mehrerer GPS-Satelliten. Auch das Streaming von Musik oder Filmen sowie Finanztransaktionen hängen vom Takt der Atomuhren ab, die Rechenzentren auf der ganzen Welt synchronisieren.

Atomuhren messen die Zeit extrem präzise – die derzeit beste würde in über 30 Milliarden Jahren nur um eine Sekunde abweichen. Doch Physiker streben noch genauere Zeitmessungen an, etwa um Naturkonstanten zu überprüfen. Dafür sollen Atomkerne statt der Elektronenhülle als Taktgeber dienen, eine enorme technische Herausforderung, an der Physiker seit Jahrzehnten tüfteln. Jetzt sind US-Forscher diesem Ziel einen bedeutenden Schritt nähergekommen, wie sie im Wissenschaftsjournal Nature berichten.

Uhren werden umso präziser, je schneller sie ticken, da die Zeit feiner unterteilt wird. Atome „ticken“ viele Billionen Mal pro Sekunde, was sich im Licht einer bestimmten Frequenz äußert, das beim Übergang der Elektronenhülle von einem Energiezustand in einen anderen emittiert wird. Diese Frequenz bildet den Takt des atomaren „Tickens“. Atome haben außerdem den Vorteil, dass sie von der Natur alle gleich „hergestellt“ werden und sich normalerweise nicht verändern. Das macht Atomuhren sehr stabil.

Atomkernuhren: ein ferner Traum – mit einer Ausnahme

Manchen Physikern reicht das nicht. Sie streben nach einem noch schnelleren und stabileren Taktgeber: dem Atomkern. Dessen sehr energiereiche Zustände erzeugen Strahlung mit deutlich höheren Frequenzen als das Licht der Elektronenhülle, was das „Ticken“ hunderttausendmal schneller machen würde. Obendrein schirmt die Elektronenhülle den Kern wirksam gegen Umwelteinflüsse wie Magnetfelder ab und macht ihn so noch stabiler.