Bonobo Kanzi: Ein Nachruf – und eine Reise durch 40 Jahre Forschung zur Sprache von Menschenaffen.

Kanzi verstand gesprochene Sätze, kommunizierte mit Symbolen, nutzte Werkzeuge – und stellte vieles infrage, was wir über Sprache, Intelligenz und unsere nächsten Verwandten zu wissen glaubten. Nun ist der wohl berühmteste Bonobo der Welt im Alter von 44 Jahren gestorben.

vom Recherche-Kollektiv Tierreporter:
8 Minuten
Ein Portraitfoto von Kanzi

Der 18. März 2025 begann wie ein ganz normaler Tag in Des Moines, Iowa: Nach dem Frühstück jagte Kanzi seinen Neffen Teco über das Gelände der „Ape Initiative“, wo er zusammen mit einigen anderen Bonobos lebte. Später zog er sich zur Fellpflege mit einer Artgenossin zurück – und schlief dabei ein. Ein Schlaf, von dem er nicht mehr erwachte. Kanzi litt seit Längerem an Herzproblemen, war aber nicht akut krank. Die genaue Todesursache soll jetzt eine Autopsie klären. „Kanzi hat uns so viel über uns selbst gelehrt“, heißt es auf der Gedenkseite der „Ape Initiative“: „Er wird allen fehlen, deren Leben er berührt hat.“ Wer war dieser Bonobo, der die Welt – zumindest ein Stück weit – verändert hat?

Als Kanzi am 28. Oktober 1980 zur Welt kam, erlebte die Sprachforschung mit Menschenaffen gerade einen Boom. Und so wurde der kleine Bonobo auch nicht im Kongo geboren, dem einzigen Land, in dem diese Art natürlicherweise vorkommt – sondern in den USA. Am Yerkes-Primatenzentrum in Atlanta arbeitete zu der Zeit Sue Savage-Rumbaugh mit Bonobos. Damals ging man davon aus, dass sich Menschenaffen schon aus anatomischen Gründen nicht artikulieren können wie ein Mensch. Deshalb gab es verschiedene Versuche, Gorillas, Orang-Utans, Bonobos oder Schimpansen eine Gebärdensprache beizubringen. Savage-Rumbaugh und ihr Team entschieden sich jedoch für einen anderen Weg: Statt der Zeichensprache benutzten sie eine Computertastatur mit sogenannten Lexigrammen. Das waren 256 bunte Symbole, die für einfache Worte standen. Das Forschungsteam bemühte sich, Kanzis Adoptivmutter Matata einfache Symbole beizubringen. Doch Matata war nicht besonders interessiert. Zusätzlich torpedierte Kanzi die Unterrichtsstunden: Er sprang abwechselnd auf seiner Mutter und Sue herum, spielte mit der Tastatur oder versuchte, Matata ihre Belohnung zu klauen. Niemand konnte damals ahnen, dass dieser kleine Bonobo einmal weltberühmt werden würde.Meistens ignorierte Kanzi den Unterricht mit den Symbolen. „Manchmal jedoch schien er von der Tastatur wie hypnotisiert zu sein“, erinnert sich Savage-Rumbaugh. „Er starrte die Symbole an, wenn sie aufleuchteten und versuchte, jedes einzelne davon zu greifen.“ So beschreibt es die Forscherin in ihrem Buch „Kanzi – der sprechende Schimpanse“. Im Alter von vierzehn Monaten drückte Kanzi gelegentlich einzelne Tasten und lief danach zum Futterautomat. Er hatte offenbar begriffen, dass es für die Arbeit mit der Tastatur Belohnungen gab. Doch er benutzte die Zeichen zunächst völlig willkürlich und spielerisch.

Eine Tafel mit über 100 farbigen Symbolen.
Mit solchen Symbolen, Lexigramme genannt, verständigte sich Kanzi. Am liebsten mochte er Weintrauben und Salat - und bat seine Betreuerïnnen, ihm die Leckerbissen zu holen.
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