Peru: Shopping Malls statt Krankenhäuser

Peru hat drastische Maßnahmen gegen das Coronavirus getroffen. Dennoch steigt die Zahl der Toten. Was läuft falsch?

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Zwei Polizisten mit Mundschutz sprechen zu einer Frau in Wollröcken und mit Zopf, die Brot verkauft. Offensichtlich verweisen die Polizisten die Frau.

Lima, 30. April 2020

Ich schreibe diese Zeilen aus meiner Wohnung in Lima, die ich seit nunmehr sechs Wochen nur zum Einkaufen im benachbarten Supermarkt verlasse. Seit dem 15. März leben wir alle in Peru im Ausnahmezustand. Schulen, Unis und alle Betriebe und Geschäfte, die nicht direkt der Lebensmittelversorgung dienen, sind geschlossen. Ab 18 Uhr abends und Sonntags ist totale Ausgangssperre. Anders als in Deutschland ist auch Spazieren gehen oder Sport treiben nicht erlaubt, auch nicht für Kinder.

Die peruanische Regierung hat damit sehr früh und entschlossen auf die ersten Covid-19-Fälle in Peru reagiert. Zusammen mit dem – gemessen an der Wirtschaftskraft – größten wirtschaftlichen Hilfspaket eines lateinamerikanischen Staates und dem drastischen Lockdown wollte Peru das Virus an der Ausbreitung hindern. Die peruanische Regierung unter Martín Vizcarra fuhr sozusagen das Gegenprogramm zu Brasilien und Mexiko, deren Präsidenten Jair Bolsonaro, beziehungsweise Andrés Manuel López Obrador immer wieder öffentlich an der Gefährlichkeit des Virus zweifelten.

Und dennoch scheint all das wenig gebracht zu haben. Peru hat nach den viel bevölkerungsreicheren Ländern Brasilien und Mexiko die meisten Infizierten und vor allem die meisten Todesfälle aufzuweisen. 943 Menschen sind laut offiziellen Angaben in Peru bisher an Covid 19 gestorben, fast 100 mehr als am Vortag (Stand 29.4.2020). Vergleiche mit Zahlen von Eingeäscherten lassen darauf schließen, dass viele Covid 19-Tote nicht als solche registriert wurden und ihre tatsächliche Zahl viel höher ist.

Von einem peruanischen Flatten the curve spricht nicht einmal mehr der Präsident in seiner täglichen Pressekonferenz. Dafür spricht der Gesundheitsminister über die prekäre Zahl von freien Intensivbetten (meist sind es 100 bis 150 Betten; Peru hat 32 Millionen Einwohner), und über den Bildschirm flimmern Leichen in Plastiksäcken in den Hinterhöfen der Spitäler. Tausende von Menschen fliehen aus der Hauptstadt Lima in ihre Heimatdörfer, weil ihnen das Geld ausgegangen ist. Neun Menschen sind während eines Gefängnisaufstandes in Lima gestorben (die Gefängnisse in Peru sind heillos überfüllt und damit ein gefährlicher Infektionsort).

Die Zahl der Infizierten und Toten steigt stetig an. Der Gipfel soll innerhalb der nächsten beiden Wochen erreicht werden, sagte er. Aber genau weiß das niemand.

Warum haben die Restriktionen so wenig gefruchtet?

Es gibt in Peru ein geflügeltes Wort: Peru sei ein Bettler, der auf einer goldenen Truhe sitze. Gemeint ist damit, dass andere, Fremde, die reichen Bodenschätze des Landes ausbeuten, während Peru selber arm bleibt.

In Anspielung daran lässt der Karikaturist Heduardo seine beiden Figuren folgenden Dialog führen: „Jahrelang waren wir an der Spitze des Wirtschaftswachstums in Lateinamerika, während unser Gesundheitssystem an letzter Stelle lag." Worauf der Andere antwortet: „Ja, unser Gesundheitssystem ist ein Bettler, der auf einem Bruttoinlandsprodukt aus Gold sitzt.“

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