Corona: Mediziner setzen auf neuartige Schnelltests, um Infektionen aufzuspüren

Derzeit vergeht vom Verdacht bis zur Diagnose von Covid-19 wertvolle Zeit. Mit Hochdruck arbeiten Forscher und Firmen an Verfahren, die sofort Ergebnisse liefern

vom Recherche-Kollektiv Corona:
7 Minuten
Das Bild zeigt runde Kugeln in einer biologischen Struktur. Die Kugeln sind Aufnahmen von Coronaviren, die Struktur das Gewebe des Körpers.

In diesem Beitrag erfahren Sie, welche verschiedenen Tests im Einsatz sind, um Infektionen aufzuspüren, wo ihre Stärken und Schwächen liegen und an welchen neuen Testverfahren Forscher arbeiten (Stand März 2020).

Patienten auf das SARS-Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) zu testen, kann zurzeit eine ganze Weile dauern. Eine Fachperson muss dem Patienten einen Abstrich tief aus dem Rachen nehmen, der wird in einem aufwändigen Verfahren aufgereinigt, sodass nur noch die Ribonukleinsäure RNA enthalten ist.

„Das ist ein mehrschrittiges Verfahren, das man nur zum Teil automatisieren kann“, sagt Professor Hendrik Streeck, Leiter des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn. „Das kann man nicht beschleunigen.“

Hinzu kommt, dass die Geräte, die diesen Test auf Basis der Polymerase Kettenreaktion (PCR) durchführen, in den medizinischen Laboren typischerweise 96 Proben auf einmal verarbeiten, also diese Zahl erst einmal zusammenkommen muss. Dann dauert die Analyse selbst noch einmal vier bis fünf Stunden. Inklusive Transport zum und vom Labor können momentan mehrere Tage vergehen. Zeit, in der Patientinnen und Patienten in Ungewissheit schweben – und weitere Menschen anstecken können.

Probe tief aus Rachen oder Nasenhöhle

„Natürlich wäre es toll, wenn wir schnellere Teste hätten“, sagt Dr. Daniela Huzly. Sie ist ärztliche Leiterin der Diagnostik am Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg. Vielerorts werden solche Forderungen laut. Dabei gilt es, zwei Ansätze zu unterscheiden: echte Schnelltests von Geräten, die genauso nach Gensequenzen von Viren suchen wie es die Labore in Kliniken bereits tun, dabei aber schneller Ergebnisse liefern.

Zur zweiten Gruppe gehört ein sogenannter Kartuschentest, wie ihn das Biotech-Unternehmen Qiagen anbietet. Das Gerät selbst hat die Firma schon längere Zeit im Angebot. Allein im Jahr 2019 hat Qiagen nach eigenen Angaben weltweit etwa 1000 der Maschinen verkauft. Jetzt haben Entwickler das bestehende Testkit um den Covid-19-Erreger erweitert.

Auch die Probe für diesen Test muss Fachpersonal entnehmen. Das Wattestäbchen mit dem Abstrich kommt in eine Kartusche, und die wird komplett im Gerät versenkt, „wie eine Videokassette in einem Videorekorder“, sagt Qiagen-Entwickler Dr. Markus Sprenger-Haussels. Für die Analyse braucht der Apparat etwa eine Stunde.

Ein Kartuschentest hat zwei Vorteile: Er sucht – genau wie die Anlagen in medizinischen Laboren – nach Gen-Sequenzen von Krankheitserregern, ist also sehr zuverlässig. Der zweite: „Wenn Patienten mit Fieber, Erkältungs- oder Grippesymptomen zum Arzt kommen, wird mit diesem Test nicht nur auf das eine neue Coronavirus getestet, sondern auch auf andere Erreger, die ähnliche Krankheitssymptome haben“, sagt Sprenger-Haussels.

„Die Schnelltests benötigen wir dringend“

Die Patientinnen und Patienten erfahren also, welcher Erreger hinter ihrer Krankheit steckt. Neben SARS-CoV-2 und verschiedenen Grippeviren weise der Test das Parainfluenza-, das Respiratory-Syncytial-Virus (RSV) und eine Reihe anderer Krankheitserreger nach.

Zurzeit evaluieren Ärzte in Laboren in Frankreich und China das Qiagen-Testkit für das neue Corona-Virus. Auch andere Hersteller wie Cepheit, Genmark oder Becton Dickinson bringen zurzeit ihre erweiterten Testkits zur Zulassung. Bei Qiagen rechnet man damit, sie in den nächsten Wochen zu erhalten. Die Firma Bosch hat geradezu einen Medien-Coup mit der Ankündigung gelandet, auch sie habe ihre Kartuschentestkit zur Erkennung des SARS-CoV-2 erweitert. Sogar in der Bundespressekonferenz fand die Meldung Erwähnung. Dabei gilt auch für diesen Test: Zwar geht die einzelne Analyse tatsächlich schneller – sie braucht laut Herstellerangaben maximal 2,5 Stunden –, aber ein Gerät schafft am Tag höchstens zehn Tests. Ein PCR-Test erledigt fast hundert in vier Stunden.

Das Bild zeigt eine Frau in medizinischer Schutzkleidungsamt Haube in einer sterilen Umgebung. Sie hält eine kleine Schachtel in der Hand, in der sich ein medizinischer Test befindet.
Wissenschaftler und Mitarbeiter biomedizinischer Firmen arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung neuer Testverfahren für das Coronavirus SARS-CoV2. Im Bild ist eine Mitarbeiterin der Firma Qiagen im Produktionsbereich für medizinische Diagnostika zu sehen.

Am 27. März 2020 wurde dieser Artikel um den Kartuschentest der Firma Bosch ergänzt.

Am 30. März 2020 wurde ein begrifflicher Fehler korrigiert.

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