Warum sind Antikörpertests wichtig und wie funktionieren sie?

Mit Antikörpertests lässt sich feststellen, wer bereits eine Infektion hinter sich hat. Doch die Tests für das neue Coronavirus sind noch nicht zuverlässig.

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Aufnahme eines Elektronenmikroskops des neuen Corona-Virus.

Bei RiffReporter berichten WissenschaftsjournalistInnen für Sie über die Pandemie

Kurzantwort:

Antikörpertests sind wichtig, um herauszufinden, wie viele Menschen schon mit dem neuen Coronavirus infiziert waren. Außerdem können sie einen Hinweis darauf geben, ob Menschen zumindest eine Zeitlang gegen das Virus geschützt sind. Ein Problem ist allerdings, dass die Tests, insbesondere die sogenannten Schnelltests, bislang nicht zuverlässig genug sind.

Erklärung:

Die Coronatests, die bisher zum Einsatz kommen, können nur eine aktive, aber keine durchgestandene Infektion nachweisen. Es ist weiterhin wichtig, sogenannte Antikörpertests durchzuführen, die erkennen können, ob Menschen schon eine Infektion durchlaufen haben. Denn manche Menschen sind trotz Krankheitssymptomen nicht getestet worden, andere haben gar nicht gespürt, dass sie krank waren. Zu wissen, ob eine Erkrankung stattgefunden hat, ist sowohl für Individuen wie auch für das Monitoring der Pandemie wichtig.

Der Hintergrund ist einfach: Wenn ein Mensch Antikörper für ein bestimmtes Virus ausgebildet hat, kennt sein Immunsystem den Erreger und kann gegen ihn angehen. Die Antikörper sind Proteine, die das Virus neutralisieren können. Menschen, die eine Infektion mit Sars-CoV-2 durchlaufen, entwickeln schon nach kurzer Zeit Antikörper zur Abwehr des Erregers. Zu den ersten Antikörpern, die das Immunsystem bildet, gehören Immunglobulin A (IgA) und Immunglobulin M (IgM). Sie sind bereits nach wenigen Tagen im Blut nachweisbar. Etwas später bildet der Körper das Immunglobulin G (IgG). Die IgG-Antikörper bleiben meist länger im Blut und sorgen im besten Fall für eine gewisse Immunität gegenüber dem Erreger.

Ob und wie lange Antikörper schützen, ist noch unklar

Allerdings ist nach einer Studie vom Center for Health Security der Johns-Hopkins-Universität vom 22. April derzeit überhaupt nicht klar, ob das bei Sars-CoV-2 wirklich zutrifft. Die Autoren bezweifeln, dass Menschen, die wenig oder gar keine Krankheitssymptome hatten, genügend Antikörper bilden, um gegen das Virus immun zu werden. Sie warnen, es gebe „nach wie vor erhebliche Lücken in unserem Verständnis von Sars-CoV-2 und Immunität, was die Interpretation serologischer Testergebnisse beeinflusst.“ Das Vorhandensein von Antikörpern sei nicht „unbedingt gleichwertig mit dem Schutz vor Sars-CoV-2.“ Es müsse sich noch zeigen, wie viel Antikörper nötig sei, um überhaupt einen Schutz zu bieten und wie lang die Immunität nach einer Ansteckung anhalte.

Diese Lücken schließen sich langsam. Eine Studie des Gesundheitsamts Lübeck hat Ende Juni gezeigt, dass knapp 30 Prozent aller 110 untersuchten Erkrankten in der Studie gar keine Antikörper bilden. Das geschieht sowohl bei allen möglichen Patienten, egal ob sie ganz leichte, mittlere der auch schwere Verläufe hatten. Alexander Mischnik, der Leiter des Gesundheitsamts Lübeck wird in der Pressemitteilung so zitiert: „Unsere Daten […] lassen eine länger anhaltende Immunität gegen COVID-19 nach der Infektion vermuten.“ Weitere ähnliche Studien laufen.

Weiterhin arbeiten Labore rund um die Welt an neuartigen Testverfahren und ihrer sogenannten Validierung, also der Überprüfung, ob die Tests zuverlässig sind.

Ziel ist es, die Bevölkerung ganzer Länder, also Hunderte Millionen Menschen, zu testen, um Aufschlüsse über die Dunkelziffer der Infizierten und die Intensität der Antikörperreaktion zu bekommen. Eine geradezu unüberschaubare Anzahl Hersteller aus dem In- und Ausland bieten bereits sogenannte Antikörper-Schnelltests an. Während diese Schnelltests nur ergeben, ob Antikörper vorliegen oder nicht, sind erst die sogenannten Elisa-Tests in der Lage, auch die Intensität der Immunreaktion zu bestimmen.

Bei allen Tests ist die entscheidende Frage, wie zuverlässig sie sind. Denn kein Test ist zu 100 Prozent zuverlässig, und eine größere Anzahl falscher Ergebnisse könnte dazu führen, dass Menschen sich in falscher Sicherheit wiegen, weil sie denken, immun zu sein, es aber nicht sind.

Forscher aus den USA haben in einer aktuellen Studie eine ganze Reihe sowohl von Elisa- als auch von Schnelltests für Covid-19 überprüft. Das Ergebnis (Stand Anfang Mai) war ernüchternd: Viele der untersuchten Schnelltests zeigten Ergebnisse, die ohne Übung nur schwer richtig zu deuten waren. Einige übersahen Menschen mit Antikörpern, waren also nicht spezifisch genug. Einige schlugen auch bei Proben Alarm, in denen sich gar keine Antikörper gegen das Sars-CoV-2 befanden.

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