Über Simone Veil, Auschwitzüberlebende und Präsidentin des EU-Parlaments – und historische Porträts
Im History-Podcast Über Geschichte geht es um die französische Politikerin Simone Veil. Sie war Gesundheitsministerin, brachte das Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch durchs Parlament und wurde die erste Präsidentin des EU-Parlaments. Außerdem geht es um journalistische Porträts.
Die Europäerin
Als Simone Veil am 17. Juli 1979 in Straßburg ans Rednerpult tritt, weiß sie: Sie hat alles erreicht. Sie ist die erste Präsidentin des Europäischen Parlaments. Als erste Frau, als erste direkt Gewählte, als erste Jüdin, als erste Holocaustüberlebende.
Sie will kein Symbol sein, sondern die Präsidentin des gesamten Parlaments. Derer, die sie gewählt haben und derer, die sie nicht wollten. Es gibt immer Menschen, die sie ablehnen: die Rechtsextremen, die Antisemiten und die Antieuropäer. Hier aber, in Straßburg, wird sie von fast allen geehrt. Sie steht vor einem Saal mit Abgeordneten, die 260 Millionen Bürger vertreten. „Zum ersten Mal in der Geschichte Europas, die so oft von Spaltungen, Feindseligkeiten und gegenseitgier Vernichtungswut geprägt war, haben die Europäer zusammen ihre Abgeordneten in eine gemeinsame Versammlung gewählt.“ Ein Ereignis, sagt sie. Dass sie dieses Ereignis so deutlich verkörpert, braucht sie nicht dazu sagen. Die Menschen kennen inzwischen ihre Geschichte. 25 Jahre nach der Antrittsrede in Straßburg, als Simone Veil zum Holocaust-Gedenktag eine Rede im Deutschen Bundestag hält, wird Wolfgang Thierse ausführen, was sie vor dem Europa Parlament nicht sagen musste: Der Holocaust ist ein europäisches Ereignis, er ist Teil der kulturellen Identität, er hat uns geprägt und sich eingebrannt. Europa ist, mit seiner „konkreten Utopie des Friedens“ auch eine Folge des größten Horrors. Als Simone Veil, die das Brandmal von Auschwitz auf dem Arm trägt, 1979 als Europa-Präsidentin die Sitzung eröffnet, kann diese Utopie vom Europäischen Frieden fast nicht konkreter werden.
Simone Veil und ihre Kämpfe
Als Überlebende des größten Horrors des Jahrhunderts, war sie gleichzeitig die unmöglichste und die beste Figur, um die Versöhnung in Europa voranzutreiben. Sie, die jeden Grund hatte, Deutschland, dem Land der Täter und Frankreich, dem Land, in dem viele kollaboriert haben, für immer zu misstrauen, stand für die Versöhnung ein. Simone Veil sah Europa als einzige Chance, weitere Weltkriege zu verhindern. Die deutsch-französische Freundschaft, so ihre Ansicht, müsse Dreh- und Angelpunkt dieser europäischen Realität sein. Das war ihr lebenslanges Projekt. Sie kämpft für Europa, für eine Anerkennung der Schuld der Täter und für die Versöhnung der Menschen. In Brüssel, Straßburg und Luxemburg blieb sie nach der Präsidentschaft noch lange in verschiedenen Funktionen aktiv.
Über das Leben der Simone Veil hat Carola Dorner für P.M. History geschrieben. Der ganze Artikel ist hier zu bekommen. Im Podcast unterhalten sich Tobias Sauer und Carola Dorner über die moderne Heldin, über die Energie einer Frau, der alles genommen wurde und die doch alles gegeben hat für die deutsch-französische Versöhnung und für ein geeintes Europa.
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