Krebs ist eine Männerkrankheit – eine Tumorforscherin erklärt die Gründe

An Blasenkrebs erkranken Männer fast vier Mal so oft wie Frauen, auch die meisten anderen Tumoren treten bei ihnen öfter auf. Die Krebsforscherin Andrea Kindler-Röhrborn erklärt, welchen Einfluss das biologische Geschlecht dabei hat, weshalb sich die Zahlen beim Lungenkrebs zwischen den Geschlechtern zuletzt angenähert haben und warum der Faktor Gewicht unterschätzt wird.

vom Recherche-Kollektiv Der andere Körper:
8 Minuten
Das Foto zeigt einen Mann im mittleren Alter mit Stoppelbart und Stoppelglatze. Er trägt ein hellblaues Poloshirt und sitzt mit geschlossenen Augen zurückgelehnt auf einem Sessel. An seinem rechten Arm ist mit drei Pflastern ein Infusionsschlauch befestigt, der zu einem im Hintergrund sichtbaren Infusionsbeuteil führt.

Frau Kindler-Röhrborn, wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich mit Geschlechterunterschieden bei Krebserkrankungen zu beschäftigen?

Andrea Kindler-Röhrborn: Ich habe zu bestimmten Grundlagen der Krebsentstehung geforscht und in diesem Zusammenhang Ratten mit krebsauslösenden Substanzen behandelt. Dabei habe ich gemerkt, dass die männlichen Ratten viel häufiger und viel schneller Tumore entwickelt haben als die weiblichen. Mein erster Impuls war ehrlich gesagt, das unter den Tisch zu kehren.

Warum das?

Ich dachte: Oh nein, nicht noch mehr Faktoren, die ich bei der Auswertung berücksichtigen muss, es ist doch alles schon kompliziert genug. Aber am Ende stellte es sich als wissenschaftliche Goldgrube heraus. Obwohl ich für mein erstes Paper 2006 noch viel Kritik abbekommen habe. Es hieß: „Hat das überhaupt alles Hand und Fuß?“ Oder: „Wir wollen das mal nicht übertreiben.“ Ich war völlig platt, als ich dann gesehen habe, dass es bei Menschen ähnlich ist wie bei den Tieren: Wenn man alle Tumorfälle auf der Welt abseits der Fortpflanzungsorgane betrachtet, entstehen bei Männern beinahe doppelt so viele Tumoren wie bei Frauen, nämlich 1,7-mal so viele.

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