Falsche Versprechen: Über das Geschäft mit unseriösen Gentests für Neugeborene

Das kostenlose Neugeborenen-Screening ist das erfolgreichste Früherkennungsprogramm in Deutschland. Trotzdem drängen ausländische Anbieter auf den Markt. Sie machen Eltern dubiose Versprechungen – und wittern ein gutes Geschäft mit der Sorge um die Gesundheit des jungen Babys.

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Die Füße eines Neugeborenen liegen in der Hand seiner Mutter. Eine Situation, die symbolisch für Geborgenheit und Sicherheit steht.  Manche Anbieter von Gentests wollen den Wunsch nach Sicherheit ausnutzen und machen unseriöse Angebote.

Das Angebot klingt seriös und interessant. Ein meist im Ausland beheimatetes Labor bietet für erst wenige Stunden oder Tage alte Babys einen besonderen Service. Ein Gentest mit dem Blut des Kindes soll Aufschluss über mögliche Erkrankungen geben. Die Formulierungen im Text sind vage, aber meist so gewählt, dass sie einen besonderen Schutz vorgaukeln. Solche Werbung erreicht derzeit viele Geburtskliniken. In den Krankenhäusern wird sie an Väter und Mütter weitergereicht und untereinander geteilt. Die jungen Eltern sollen sich am besten gleich für die Untersuchung entscheiden. Die Kosten zwischen 200 und 400 Euro sind moderat angesetzt und nicht zu hoch angesichts der Sorgen, die viele Eltern um die Gesundheit ihres Kindes haben. Doch es handelt sich um einen Etikettenschwindel.

Erfolg des bestehenden Neugeborenenscreenings

Das wachsende Angebot an Diagnostik bei Neugeborenen hat die deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) alarmiert. Die DGKJ warnt in einer Stellungnahme vor „den immensen Risiken, die mit kommerziellen Testangeboten verbunden sind“. Die Empörung der Ärzte und Ärztinnen ist groß, denn sie haben seit Ende der 1960er Jahre ein beispielhaftes Vorsorgesystem aufgebaut, das für Eltern und Kind kostenlos ist. Das von den Krankenkassen bezahlte Neugeborenenscreening ist die erfolgreichste und effektivste Präventionsmaßnahme im deutschen Gesundheitswesen. 99,5 Prozent der Neugeborenen nehmen teil. Mehr als 34 Millionen Menschen wurden in den vergangenen 55 Jahren als Baby untersucht. In mindestens 14.000 Fällen konnten schwere Erkrankungen frühzeitig behandelt oder sogar gänzlich verhindert werden. Sie hätten sonst zum frühen Kindestod oder zu schweren geistigen Behinderungen geführt.

„Der Zeitfaktor ist dabei absolut entscheidend“, sagt Georg F. Hoffmann, Sprecher der Screening-Kommission der DGKJ. Bei manchen Erkrankungen gehe es innerhalb weniger Stunden um das Überleben des Kindes. „Jede Verzögerung der Behandlung erhöht das Risiko schwerwiegender Schädigungen“, sagt Hoffmann, der als Professor an der Uniklinik Heidelberg arbeitet. Die DGKJ hat den eigenen Anspruch an die Wirksamkeit ihrer Vorsorgeuntersuchung und den Zugang zu medizinische Versorgung noch einmal erhöht. Im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), dem höchsten Gremium im Gesundheitswesen, stimmte sie sich mit anderen ExpertInnen und Behörden ab. Private Testlabore können dieses Niveau nicht einmal ansatzweise bieten.

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