Faszination Oktopus: Wissenschaftler staunen, wie intelligent Einzelgänger sein können

Von der Gen-Aktivität bis zum Schlafrhythmus entdecken Forscher immer neue Ähnlichkeiten der Weichtiere mit den Säugetieren. Der größte Unterschied im Verhalten gibt aber Rätsel auf

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Eine orangfarbene Krake mit weit ausgebreiteten Armen vor blauem Hintergrund.

Die meiste Zeit schlafen die Oktopoden, die Biologen am Okinawa Institute of Science and Technology in Japan in Aquarien halten. Mit ihren Armen an den Glaswänden festgesaugt, hängen sie lange Zeit ruhig und still. Ihre Haut ist eintönig gelblich-beige. Doch etwa einmal pro Stunde ist für sechzig Sekunden alles anders: Dann laufen farbige Wellen über die Haut der Tiere, braune und dunkelgraue Flecken tauchen auf, fließen, verändern ihre Formen, verschwinden wieder. Es sind Farbmuster, wie die Tiere sie tagsüber einsetzen, um sich zu tarnen, Feinde zu warnen oder mit Artgenossen zu kommunizieren. Zugleich zucken die schlafenden Tiere mit ihren Muskeln und bewegen hinter geschlossenen Lidern ihre Augen. Was passiert, wenn die Tiere im Schlaf plötzlich ihre Farbe ändern? Träumen sie etwa, so wie wir es von Säugetieren kennen?

Forscher um Teamleiter Sam Reiter haben den Schlaf von Octopus laqueus untersucht. Praktischerweise sind diese Tiere von Natur aus nachtaktiv, schlafen also bei Tag – Nachtschichten mussten die Forscher somit nicht einlegen. Der Aufwand ihrer Studie war aber dennoch hoch, sollten doch die Gehirnströme der Tiere vermessen werden. Im Juni wurden die Ergebnisse im Fachjournal Nature publiziert: Oktopoden haben zwei sehr unterschiedliche Schlafphasen, eine ruhige und eine aktive. Und das erinnert tatsächlich stark an Säugetiere. Die ruhige Phase ähnelt demnach dem Tiefschlaf der Menschen, die aktive Phase den sogenannten REM-Phasen, in denen wir bei geschlossenen Lidern die Augäpfel bewegen und in denen Träume am häufigsten vorkommen.

Anzeichen für Alpträume?

Beim Menschen treten diese Phasen gegen Ende eines Schlafzyklus auf. Bei den Oktopoden beobachteten die Forscher dagegen einen stündlichen Rhythmus. Es gebe „eine Reihe von Ähnlichkeiten mit Wirbeltieren“, erklären sie. Man solle sich zwar davor hüten, die Ähnlichkeiten überzuinterpretieren, aber offenbar sei der Zwei-Phasen-Schlaf in der Evolution zweimal unabhängig voneinander entstanden. Neurobiologen von der Rockefeller University in New York sind etwas weniger zurückhaltend. In einem im Mai erschienen Preprint vermuten sie, dass die Tiere in der „aktiven Schlafphase“ träumen. Das scheint auch offensichtlich zu sein, denn ihr Studienobjekt beginnt mitten im Schlaf, sich zu winden und zu drehen, und es setzt Tinte frei, wie um einen imaginären Feind abzuwehren. „Könnten das Anzeichen von Alpträumen sein?“, fragen die Forscher.

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