Jeden Tag eine Weltraum-Forscherin
Der Adventskalender der Weltraumreporter 2019
Ptolemäus, Kopernikus, Brahe, Herschel: Die Astronomie scheint für Jahrhunderte eine Disziplin männlicher Forscher gewesen zu sein. Sie zieren bis heute historische Abhandlungen, die Wissenschaftsgeschichte fokussiert sich auf sie.
Dabei spielten Frauen schon immer eine bedeutende Rolle in der Astronomie – und nicht selten arbeiteten sie partnerschaftlich mit jenen Forschern zusammen, die später Berühmtheit erlangten. Die Rolle der Forscherinnen wurde währenddessen kaum überliefert.
Die Weltraumreporter widmen sich daher all jenen Astronominnen und Astronautinnen, die entscheidend zu unserem heutigen Weltbild beitrugen. Unseren Adventskalender können Sie auch auf Instagram oder Twitter mitverfolgen.
Weiter unten finden Sie weitere Informationen zu den Forscherinnen.
1.12. Alexandrias Gelehrte
2.12. Ingenieurin von Aleppo
3.12. Muse der Sternenkunde
4.12. Astronomin von Danzig
5.12. Musikalische Astronomin
6.12. Astronomische Poetin
7.12. Autodidaktin mit Weltrang
8.12. Die erste Professorin
9.12. Ordnerin der Sterne
10.12. Die Astrofotografin
11.12. Distanzmessung im All
12.12. Die Sonnenforscherin
13.12. Die Sternenversteherin
14.12. Stoff der Sterne
15.12. Indianische Ingenieurin
16.12. Erste Astronomin Mexikos
17.12. Wie Elemente entstehen
18.12. Dunkle Materie
19.12. Heldin mit Weltraumkrankheit
20.12. Die Flugpionierin
21.12. Pulsare, kein Nobelpreis
22.12. Kometen und Asteroiden
23.12. Physikerin im All
24.12. Astronomie in Malaysia
Wir danken folgenden Twitter-Nutzern für den Hinweis auf einige nicht-westliche Namen in diesem Kalender: @_noujoum, @astro_neel, @astrodicticum, @emtiu, @JanneHolmen, @KaiNoeske, @nicospanoptikum, @markusnielbrock, @MarM_Official, @michaelaye, @minouette, @tomhecn, @totto_R, @TP_1024, @Vitus15792674
Antike und Mittelalter
Sie war eine der gelehrtesten Frau der Antike, und wohl die bekannteste. In ihrem Kulturkreis galten Frauen nicht viel, dennoch gelang es ihr ein unabhängiges Leben zu führen und sich in der praktisch rein männlichen Welt der Gelehrten zu etablieren.
Hypatia von Alexandria (etwa 355 bis 415) war Tochter von Theon, einem Mathematiker und Astronom, der für die bestmögliche Ausbildung seiner Tochter sorgte. Später lehrte sie selbst am Museion von Alexandria. Wie in der damaligen Zeit üblich, beschränkte sich Hypatia in ihrer Forschung und Lehrtätigkeit nicht allein auf ein einziges Fach wie die Astronomie, sondern widmete sich ebenfalls der Philosophie, Mathematik und Mechanik. Die von ihr verfassten Werke zu Geometrie, Algebra und Astronomie sind allerdings verloren gegangen.
In der für einige Zeit recht offenen und aufgeklärten Metropole kippte die Stimmung, als Kyrill, ein fanatischer Christ, 412 Bischof von Alexandria wurde. Im Frühjahr 415 n. Chr., kurz vor Ostern, wurde Hypatia von ihren Gegnern, christlichen Mönchen, auf offener Straße auf grausame Weise ermordet. (Autorin: Felicitas Mokler)
Sie trägt ihr Talent in ihrem Namen: Mariam Al-Astrolabiya (arabisch: مريم الأسطرلابي) baute im Aleppo des 10. Jahrhunderts astronomische Instrumente (Astrolabien). Auch ihr Vater hatte dieses Handwerk ausgeübt, doch Mariam soll das seit der Antike bekannte Gerät weiterentwickelt haben.
Das Astrolabium war für die Orientierung am Sternenhimmel, für Reisende und Seefahrer, unabdingbar: Werden am Rand des scheibenförmigen Instruments das aktuelle Datum und die lokale Uhrzeit eingestellt, lassen sich die Positionen der Sterne und daraus auch die Himmelsrichtungen ablesen oder im Gegenzug aus dem Ort der Gestirne Datum und Zeit. Bis heute verwenden viele Hobbyastronomen Sternenkarten, um sich am Himmel zu orientieren – eine vereinfachte Form eines Astrolabiums. (Autor: Karl Urban)
Die frühe Neuzeit
Nur der Nachname klingt vertraut: Sophie Brahe (1559–1643) war das jüngste Kind einer dänischen Adelsfamilie. Ihr dreizehn Jahre älterer Bruder Tycho wurde als einer der Wegbereiter von Johannes Kepler bekannt. Sophie war keine Ausbildung wie Tycho vergönnt: Ihr Bruder soll sie zwar in Gartenbaukunst und Chemie unterrichtet haben, Mathematik oder Astronomie für Mädchen soll er aber für zu schwierig gehalten haben.
Sophie umschiffte solche Hürden mit ihrer Neugier: Sie ließ sich lateinische Bücher übersetzen. Bald arbeitete sie intensiv mit ihrem Bruder auch in astronomischen Belangen zusammen. Sophie und Tycho beobachteten gemeinsam für einen Fixsternkatalog, den er später veröffentlichte. Sie beobachteten die erste Supernova der Neuzeit und entdeckten 1577 einen Kometen.
Sophie Brahe soll auch mehrere astronomische Schriften verfasst haben. Diese sind aber nicht erhalten geblieben. Welchen Anteil Sophie an Tychos Arbeit hatte, ist nicht mehr feststellbar. Doch Tycho Brahe glänzte mit seinen hochgenauen Beobachtungen, noch ganz ohne Teleskop. Seine Schwester muss seine Arbeitsweise verinnerlicht und sicher exzellent ergänzt haben. Das zeigt ein Gedicht von Tycho, das dieser in späteren Jahren über seine Schwester verfasste. Sophie wird darin von Urania verkörpert, der griechischen Muse der Sternenkunde. (Autor: Karl Urban)
Elisabetha Hevelius, geb. Koopmann, (1647–1693) gilt als eine der ersten Astronominnen. Als Tochter in einer Kaufmannsfamilie genoss sie wohl schon als Mädchen eine für ihrer Zeit unübliche Schulbildung. Denn später korrespondierte sie mit Gelehrten europaweit in einem gestochenen Latein, das sie schon früh erworben haben dürfte.
Schon als Kind hörte Elisabetha vom Wirken des Bürgermeisters Johannes Hevelius, der in Danzig in einem Gebäudekomplex eines der besten astronomischen Observatorien unterhielt. Darunter war ein Kepler-Teleskop mit einer Brennweite von 46 Metern. Als Kind muss sie ihn mehrfach besucht und von seinem nächtlichen Handwerk fasziniert gewesen sein. Mit 16 Jahren heiratete sie den mittlerweile verwittweten und 36 Jahre älteren Hevelius. Sie ging ihm von nun an zur Hand und unterstützte ihn bei der Vermessung von Sternen und des Mondes, die sie weitgehend mit Sextant, aber ohne Teleskop durchführten.
Als Johannes 1687 starb, war Elisabetha 40 Jahre alt und konnte die gemeinsame Arbeit fortsetzen. Sie vollendete und veröffentlichte posthum drei seiner Werke, darunter ein Buch mit 56 Sternkarten und ein Katalog mit 1564 Fixsternen. Da Elisabetha Kontakt mit vielen bedeutenden Astronomen unterhielt – darunter der Brite Edmond Halley – wurde ihre wissenschaftliche Leistung schon zu Lebzeiten anerkannt. (Autor: Karl Urban)
Als Tochter eines Militärmusikers wuchs Caroline Herschel (1750–1848) in einem musikalischen Haus auf. Gleichzeitig betrieb ihr Vater Astronomie. Als ihr zwölf Jahre älterer Bruder Wilhelm entschied, eine Stellung als Organist in England anzunehmen, folgte sie ihm und begann eine Karriere als Sängerin.
Das Leben der beiden ändert sich, als Wilhelm 1781 den Planeten Uranus entdeckte und daraufhin in die Dienste von König Georg III. trat. Auch dorthin folgte Caroline ihrem Bruder und wurde als dessen Gehilfin angestellt. Sie baute Teleskope und schliff dafür Spiegel. Schon bald wurde sie für ihre eigenen astronomischen Leistungen bekannt: Caroline Herschel entdeckte drei Gasnebel und acht Kometen. Auch nach dem Tod ihres Bruders arbeitete sie weiter als Forscherin. Selbst in hohem Alter war ihr Rat gefragt und bekannte Gelehrte wie Carl Friedrich Gauß gingen bei ihr ein uns aus. Im Alter von 97 Jahren verstarb Caroline Herschel als europaweit anerkannte Astronomin. (Autor: Karl Urban)
Sie gilt als eine der größten Universalgelehrten der späten Kaiserzeit Chinas: Wang Zhenyi oder 王贞仪 (1768–1797) wuchs mit ihren Großeltern und ihrem Vater auf. Ihr Großvater war als Bezirksgouverneur äußerst gebildet und soll 75 volle Bücherregale besessen haben. Er unterrichtete die junge Wang Zhenyi in Astronomie. Ihre Großmutter brachte ihr die Poesie näher. Ihr Vater, der selbst mehrere medizinische Werke verfasst hatte, unterrichtete sie in Medizin, Mathematik und Geografie.
Den für eine Frau ihrer Zeit unüblichen Zugang zur Bildung ergänzte Wang Zhenyi schon als junge Frau mit eigenen Studien. Sie verfasste Texte, in denen sie die Entstehung von Mond- und Sonnenfinsternissen erklärte, was sie auch durch Experimente illustriert haben soll. Sie studierte und erklärte anschaulich, warum die Punkte der Tagundnachtgleiche wandern. Außerdem schrieb sie Bücher über Division und Multiplikation, um damals als elitär angesehenes akademisches Wissen auch einfachen Menschen zugänglich zu machen. Und sie setzte sich dafür ein, Mädchen einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung zu geben.
Eine lange Wirkungszeit blieb Wang Zhenyi nicht vergönnt. Sie verstarb mit nur 29 Jahren an einer Krankheit. Neben ihren noch erhaltenen Schriften hinterließ sie mehrere Gedichte. (Autor: Karl Urban)
Obwohl sie aus einem angesehen Elternhaus stammte, wurde Mary Somerville (1780–1872) kaum eine nennenswerte Schulbildung zuteil. Ihre Mutter brachte ihr bei, aus der Bibel zu lesen. Die junge Mary trotzte dieser Benachteiligung. Sie brachte sich weitgehend selbst Griechisch und Latein bei.
Die Wissenschaft ließ sie nie los: Sie lernte französisch. Sie befasste sich mit sphärischer Trigonometrie und las die Principia, das Hauptwerk von Isaac Newton. Sie begann, mit Wissenschaftlern über mathematische Probleme zu korrespondieren. Der Mathematiker William Wallace empfahl ihr, sich mit Pierre-Simon Laplace zu beschäftigen, der Newtons Gedanken zur Gravitation weiterentwickelt hatte. Schließlich bat ein Bekannter Mary, die Mécanique Céleste von Laplace zu übersetzen, die als wichtigstes Werk seit Newtons Principia galt. Mary tat mehr als das: Sie erweiterte die ersten zwei Bände und übersetzte allzu mathematische Teile in verständliche Sprache. Die Übersetzung The Mechanism of the Heavens wurde ein Lehrbuch an Universitäten.
Mary hatte ein bewegtes Leben: Sie heiratete mehrmals, bekam mehrere Kinder, von denen einige in jungen Jahren sterben. Doch was sie antrieb, war die Wissenschaft. Sie beschäftigte sich – als Autodidaktin – mit den großen Problemen ihrer Zeit. Sie argumentierte für die Existenz eines achten Planeten (Neptun wird 1846 tatsächlich entdeckt). Sie verfasste mehrere Werke über Physik, Astronomie, Geografiie und über Molekulare und Mikroskopische Forschung. Sie wurde als erste Frau überhaupt in die Royal Astronomical Society aufgenommen, gemeinsam mit Caroline Herschel. Sie gilt zurecht als eine der wichtigsten Wissenschaftlerinnen des 19. Jahrhunderts. (Autor: Karl Urban)
Das 19. und frühe 20. Jahrhundert
Sie war nicht nur eine Pionierin als Astronomin, sondern auch in Sachen Gleichberechtigung: 1835 gründete Maria Mitchell (1818–1889) ihre eigene Schule, in der sie Kinder jeder Hautfarbe gemeinsam unterrichtete, und widersetzte sich damit den damaligen gesellschaftlichen Konventionen. Maria wuchs in einer Quaker-Familie in Nantucket auf. Ihr Vater, der als Amateurastronom selbst über ein Teleskop verfügte, erkannte bald ihre Talente und führte sie früh in die Beobachtungs- und Rechenkunst ein.
Bereits mit 14 Jahren kannte sich Maria Mitchell so gut mit der Bestimmung von Sternpositionen aus, dass ihr die Seeleute von Nantucket anvertrauen, ihre Instrumente zu eichen und wichtige Berechnungen für ihre Seeroute anzustellen.
Als Astronomin befasste sie sich hauptsächlich mit der Beobachtung von Planeten und Sonnenflecken. Im Jahr 1847 fand sie einen neuen Kometen und wurde damit auch international bekannt. Diese Entdeckung trug ihr eine Goldmedaille des dänischen Königs ein.
Wenig später wurde Maria Mitchell als erste Frau in die American Association of Arts and Sciences sowie in die American Association for the Advancement of Science gewählt. 1865 wurde sie als erstes Mitglied der Fakultät Professorin an dem neu gegründeten und heute sehr renommierten Vassar College, und bald auch die Direktorin des zugehörigen Observatoriums. Sie setzte sich gezielt für die Förderung von Frauen ein und verhandelte außerdem für ihr eigenes Geschlecht ein angemessenes Gehalt. (Autorin: Felicitas Mokler)
Sie unser Verständnis der Sterne geprägt, obwohl sie durch einen glücklichen Zufall zur Astronomie kam: Wiliamina Fleming (1857–1911) emigrierte mit 21 Jahren mit ihrem Mann von Schottland in die USA. SIe wird von ihrem Mann verlassen und sucht als alleinerziehende Mutter eine Anstellung. Der Direktor des Harvard College Observatory stellt sie zunächst als Hausangestellte ein.
Doch jener Direktor Edward Pickering braucht auch an seinem Observatorium händeringend Unterstützung: Nach der Fotografie waren erste Spektrografen erfunden worden, mit denen sich die erstmals chemische Zusammensetzung einzelner Sterne vermessen ließ. Wiliamana Fleming leitete von nun an eine Gruppe von Rechnerinnen, die Tag für Tag von Fotoplatten unter dem Vergrößerungsglas die Sternspektren vermaßen und aufzeichneten. In Folge entdeckte die Forscherinnengruppe die ersten veränderlichen Sterne sowie etliche zuvor unbekannte Gasnebel. Wiliamina analysierte im Laufe der Jahre mehr rund 10.000 Spektren – mehr als alle vor ihr.
Wiliamina Fleming entdeckte dabei den heute berühmten Pferdekopfnebel und dazu 58 weitere Gasnebel. Sie fand 310 variable Sterne, deren Helligkeit schwankte, 10 Novae, also akute Helligkeitsausbrüche einzelner Sterne. Dazu entdeckte sie den ersten weißen Zwerg überhaupt – ein Objekt, das später als Leiche eines leichten Sterns erkannt werden sollte. (Autor: Karl Urban)
Ihre Mutter zeigte der jungen Annie Jump Cannon (1863–1941) die Sternbilder und ermunterte sie später, das Studium der Mathematik, Chemie und Biologie aufzunehmen. Ihr Vater war wohlhabender Senator aus Delaware und unterstützte sie auf ihrem Weg. Bereits mit 17 Jahren wechselte Annie an das Wellesley College in Massachusetts – die erste Adresse akademischer Schulen für Frauen in den USA –, um hier Physik und Astronomie zu studieren.
Wenig bekannt ist: Annie war auch eine versierte Fotografin! 1892 bereiste sie Europa mit ihrer Kamera. Dokument ihrer Reise ist eine Broschüre mit Bildern Spaniens: "In the Footsteps of Columbus". Eine Weile war Annie Lehrerin; mit 33 Jahren wurde sie Assistentin von Edward C. Pickering am Harvard College Observatory, an dem sie bis an ihr Lebensende tätig war. Hier arbeitete sie daran, Sternspektren systematisch zu erfassen. Im Laufe ihres Lebens klassifizierte Annie eine unglaubliche Zahl von 350.000 Sternen. Ihr Chef lobte sie einmal mit den Worten: „Miss Cannon ist die einzige Person auf der Welt, die diese Arbeit so präzise und schnell erledigen kann.“
Nicht in Zahlen messbar ist Annies Engagement, mit dem sie zeitlebens Frauen zu Akzeptanz und Respekt in der wissenschaftlichen Gemeinschaft verhalf. Heute wird das Andenken Annie Jump Cannons oft auf den Merksatz zur Reihenfolge der Spektralklassen reduziert: „Oh, Be A Fine Girl – Kiss Me!“, eine Banalisierung, die ihrem Schaffen in keiner Weise gerecht wird. 1911 wurde sie zur Kuratorin für astronomische Fotografien in Harvard ernannt. 1914 wurde sie als Ehrenmitglied der Royal Astronomical Society aufgenommen und erhielt 1921 als eine der ersten Frauen die Ehrendoktorwürde einer europäischen Universität, den Ehrendoktor in Mathematik und Astronomie der Universität Groningen. Und als erste Frau überhaupt erhielt sie 1925 die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford. (Autor: Stefan Oldenburg)
Mit ihrer akribischen Arbeit an fotografischen Sternaufnahmen legte sie die Grundlage für die extragalaktische Entfernungsmessung. Während Henrietta Swan Leavitt (1868–1921) die Sterne systematisch nach Helligkeiten klassifizierte, entdeckte sie vier Novae (neue Sterne) und 2400 veränderliche Sterne, die Hälfte aller damals bekannten Exemplare dieses Sterntypus.
Bei der Auswertung von Fotoplatten der Magellanschen Wolken fiel ihr auf, dass die Helligkeit einer ganzen Reihe von Sternen nach einem bestimmten Muster variierte, ähnlich jenem des Sterns Delta Cephei. Die Schwankungsperiode war umso länger, je heller die Sterne strahlten. Damit hatte Henrietta Swan Leavitt die Periode-Helligkeits-Beziehung entdeckt.
Wenig später gelang es, die Entfernung ähnlicher Cepheidensterne innerhalb der Milchstraße zu bestimmen und ihre Helligkeit mittels der Parallaxenmethode zu eichen. Damit wurde klar: Die Cepheiden gehorchen einer einfachen Periode-Leuchtkraft-Beziehung. Seither steht den Astronominnen und Astronomen ein wichtiges Werkzeug zur Entfernungsbestimmung auch für Objekte außerhalb unserer Galaxis zur Verfügung – über Milliarden von Lichtjahren. (Autorin: Felicitas Mokler)
Bei einer Reise nach Indien gelangen ihr spektakuläre Aufnahmen der Sonnenkorona. Ihre Ausbildung erhielt Annie Maunder, geb. Russel (1868–1947) in Belfast und am Girton College in Cambridge, einem der damals neu für Frauen gegründeten Bildungseinrichtungen.
Die irische Astronomin arbeitete zunächst in einer kleiner Gruppe von “Lady Computers” am Royal Observatory in Greenwich; dort wertete sie Fotos von Sonnenflecken aus und führte selbst Beobachtungen und astronomische Rechnungen durch.
Als Annie Russell 1895 den verwittweten Edward Walter Maunder heiratete, der das Department für Fotografie und Spektroskopie in Greenwich leitete, musste sie ihren Job der damaligen Gesetzeslage entsprechend aufgeben. Dennoch forschte sie als unbezahlte Assistentin weiter und organisierte gemeinsam mit ihrem Ehemann Expeditionen zu Sonnenfinsternissen in der ganzen Welt. Bei einer Exkursion nach Indien im Jahr 1898 gelangen ihr außergewöhnliche Aufnahmen eines Massenauswurfs in der Atmosphäre der Sonne. Die Instrumente dafür hatte sie eigens dafür angefertigt.
Annie und Edward führten eine Partnerschaft auf Augenhöhe, auch auf beruflicher Ebene. Sie schrieben viele Veröffentlichungen gemeinsam; und Edward Maunder widmete Annie eines seiner Bücher: „My Wife, my Helper in this Book and in all things.“ Nach dessen Tod forschte Annie Maunder unermüdlich auf dem Gebiet der Sonnenflecken weiter.
1916 wurde sie als eine der ersten Frauen in die Royal Astronomical Society (RAS) aufgenommen. Seit 2016 vergibt die RAS eine Medaille in ihrem Namen für Verdienste um die Öffentlichkeitsarbeit in der Astronomie oder den Geowissenschaften. (Autorin: Felicitas Mokler)
Antonia Maury (1866–1952) ist nach Williamina Fleming (9.12.) und Annie Jump Cannon (10.12.) die dritte Forscherin aus dem Kreis des Harvard-Astronomen Edward C. Pickering, die wir im Rahmen des Adventskalenders der Weltraumreporter vorstellen. Auch Antonia Maury arbeitete an einer Klassifizierung der Sterne. Anders als ihre Kolleginnen war sie aber zudem stark an theoretischer Arbeit interessiert, was ein angespanntes Verhältnis mit ihrem Chef zur Folge hatte. Eine ihrer späteren Kolleginnen am Harvard College Observatory, Dorrit Hoffleit, sagte über Antonia Maury: „Sie war eine der originellsten Denkerinnen aller bei Pickering beschäftigten Frauen; aber anstatt ihre Versuche zu ermutigen, Beobachtungen zu interpretieren, war er nur irritiert von ihrer Unabhängigkeit und dem Verlassen der zugewiesenen und erwarteten Routinearbeit“.
Antonia Maury gab trotz vieler Karriereumwege nicht auf und arbeitete an verschiedenen Forschungseinrichtungen weiter an einer Klassifizierung der Sterne. Meilensteine ihrer Erfolge sind die Mitarbeit am 1897 veröffentlichten Henry-Draper-Katalog oder ihre Erkenntnis, rote Sterne – nach der sogenannten „c-Charakteristik“ – zu differenzieren. Sie hatte erkannt, dass es sich trotz ähnlicher Spektren um grundverschiedene Sterne handelt, um Zwergsterne und um Rote Riesen. Der dänische Astronom Ejnar Hertzsprung griff dies 1905 in seiner Klassifikation auf, und sagte: „Meiner Meinung nach ist die Trennung von Antonia Maury von den c- und ac-Sternen der wichtigste Fortschritt in der Sternenklassifizierung seit den Versuchen von Vogel und Secchi“.
Wer mit dem Fernrohr zum Mond blickt, kann im Nordosten einen kleinen, aber markanten Einschlagkrater erkennen, der nach Antonia Maury und ihrem Cousin Matthew Fontaine Maury, einem Astronom und Geologen, benannt ist. (Autor: Stefan Oldenburg)
Sie hat die Astronomie maßgeblich umgekrempelt: Cecilia Payne-Gaposchkin (1900–1979) beginnt sich für die Gestirne zu interessieren, als sie einen Vortrag von Arthur Eddington hört, der Einsteins Relativitätstheorie mit astronomischen Beobachtungen bewiesen hatte. Cecilia will von da an Astronomin werden – doch sie darf als Frau im England der 1920er Jahre keinen Abschluss machen. Sie emigriert deshalb in die USA und macht schließlich als erste Frau an einem College der Harvard-Universität eine Doktorarbeit.
Das Ergebnis ihrer Arbeit wird zunächst zurückgewiesen: Ihr gelingt es darin, die bereits bekannten spektralen Klassen verschiedener Sterne zu erklären. Diese hängen von der Temperatur und verschiedener Anregungszustände einzelner Elemente ab. Damit kann Cecilia zum ersten Mal zeigen, dass Sterne wie die Sonne hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium bestehen. Einer ihrer Gutachter ist der Astrophysiker Henry Norris Russell, der ihr Ergebnis ablehnt – denn man geht noch davon aus, dass die Sonne chemisch der Erde stark ähnelt. Wenige Jahre später kommt er auf anderem Weg aber zum gleichen Ergebnis.
Cecilia Payne-Gaposchkin bleibt ihr Leben lang in Harvard, muss sich aber zunächst mit kleineren wissenschaftlichen Jobs begnügen. Dennoch schreibt sie in dieser Zeit mehrere bis heute maßgebliche Studien und Bücher zur Sternentwicklung in der Milchstraße. Erst 1956 wird sie schließlich volle Professorin für Astronomie. (Autor: Karl Urban)
Moderne Astronomie und das Raumfahrtzeitalter
Sie ist die Urenkelin des Cherokee-Häuptlings John Ross und die erste bekannte Ingenieurin mit indianischen Wurzeln: Mary G. Ross (1908–2008) wächst in Tahlequah auf, der Hauptstadt der indianischen Cherokee-Gemeinschaft im US-Bundesstaat Oklahoma. Schon als Kind ist sie äußerst begabt und wird optimal gefördert. Dadurch hat sie mit 20 Jahren bereits einen Abschluss in Mathematik. Sie besucht ein College für Lehrer und soll dort alle astronomischen Kurse besucht haben, die es gab.
Durch den Krieg entfernt sich ihre Berufsplanung zunächst von den Sternen: Ab 1941 entwickelt sie bei Lockheed experimentelle Flugzeuge, die damals zu den schnellsten der Welt gehören. Nach dem Krieg gerät sie zusehends in die sich rasch entwickelnde Raumfahrt: Sie studiert weiterhin Mathematik und dazu Luftfahrt, Raketen- und Himmelsmechanik. In Folge entwickelt sie bei Lockheed erste Konzepte für interplanetare Reisen und bemannte wie unbemannte Orbitalflüge. Sie ist am Agenaprojekt beteiligt: Die Raketenstufe wurde beispielsweise für bemannten Gemini-Flüge der NASA eingesetzt und galt als wichtige Voraussetzung zum Bau der Mondrakete Saturn V. Im Jahr 1958 erreicht sie eine gewisse Berühmtheit, als sie in der Fernsehshow What’s my line auftritt und ihr Beruf erraten werden soll, was erst nach vielen Fragen gelingt. (Autor: Karl Urban)
Sie war die erste Frau, die einen Abschluss an der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Istanbul machte, betreut vom Einstein-Schüler Erwin Finlay-Freundlich. In Istanbul blieb die armenische Mathematikerin Paris Pişmiş (1911–1999) allerdings nicht. 1939 wurde sie als Assistenz-Astronomin am berühmten Harvard-College-Observatorium angestellt, das damals wie schon Jahrzehnte zuvor lediglich 50 Cent pro Stunde an Frauen zahlte.
Paris lernte in Harvard ihren späteren Mann kennen, mit dem sie schließlich nach Mexiko zog – und hier von nun an als erste professionell arbeitende Astronomin des Landes forschte. In ihrer Lehre bestärkte sie viele junge Mexikanerinnen, Astronominnen zu werden.
Sie setzte als eine der ersten fotografische Helligkeitsmessungen ein. Zeitlebens untersuchte sie die Eigenbewegung etlicher Galaxien, Sternentstehungsgebiete und die Struktur offener Sternhaufen und planetarischer Nebel. Der Pismis-Katalog ist bis heute nach ihrer Arbeit benannt, in dem sie Daten über 22 offene Sternenhaufen am südlichen Sternenhimmel zusammentrug. Und sie erkannte, dass zwei auffällige Erscheinungen am Himmel Kugelsternhaufen sind, die noch heute ihren Namen tragen: Pismis 25 (NGC 6380) und Pismis 26. (Autor: Karl Urban)
Dank ihrer Arbeit wissen wir, wie leichte chemische Elemente in den Sternen entstehen: Eleanor Margaret Burbidge, geb. Peachey (*1919) ist eine Begründerin der Theorie der Nukleosynthese der leichten Elemente in Sternen und wurde die erste Direktorin des Royal Greenwich Observatory. Auf den mit dieser Position traditionell verbundenen Ehrentitel des/der Astronomer Royal musste sie jedoch verzichten. Dieser wurde während ihrer Amtszeit einem Mann zugesprochen.
Die amerikanische Astronomin wuchs in England auf und begann ihre wissenschaftliche Karriere, in der sie verschiedene Führungspositionen innehatte, am Observatorium der University of London, wo sie 1950 und 1951 Direktorin war.
Als ihr Mann, der theoretische Astrophysiker George Burbidge, an das Mount Wilson Observatory ging, begleitete sie ihn und nahm zunächst eine einfache Forschungsstelle am California Institute of Technology an. Ein Carnegie-Stipendium, wie George Burbidge es erhalten hatte, war damals nicht für Frauen vorgesehen. Später wurde Margaret Burbidge Professorin für Astronomie an der University of California in San Diego. Für zwei Jahre setzte sie aus, um als Direktorin das Greenwich Observatory zu leiten. Eine ihr zugedachte Ehrung durch den Annie J. Canon Prize lehnte sie ab, da sich dieser ausschließlich an Frauen richtete und sie dies als eine weitere Form der Diskriminierung verstand.
Sie forschte über Quasare, analysierte Sternspektren und begründete, gemeinsam mit ihrem Mann, William Fowler sowie Fred Hoyle die Theorie der Entstehung chemischer Elemente durch Kernfusion in Sternen, die Nukleosynthese. (Autorin: Felicitas Mokler)
Als Kind beobachte sie nachts von ihrem Kinderzimmer aus ausgiebig den Sternenhimmel und musste von ihren Eltern ermahnt werden, doch auch zu schlafen. Bald begann Vera Cooper Rubin (1928–2016) ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie sich anhand der Sterne die Zeit ablesen lässt, und zeichnete bei Meteorschauern am nächsten Morgen aus dem Gedächtnis in Karten ein, wo am Himmel sie die Meteore nachts zuvor gesehen hatte.
Als heranwachsende junge Frau faszinierte sie alles, was im Universum besonders weit weg war und damit verbundene kosmologische Fragestellungen. Nach einem Bachelor am Vassar College im Bundesstaat New York wollte sie eigentlich in Princeton Astronomie studierten. Dort wurde sie jedoch abgelehnt, da im Graduiertenprogramm bis 1975 keine Frauen zugelassen waren.
Stattdessen studierte Vera Rubin Physik in Cornell. In dieser Zeit fiel ihr als einer der ersten auf, dass manche Galaxien sich abweichend vom Hubble-Fluss, also der Expansionsbewegung des Universums, bewegen. In ihrer späteren Doktorarbeit, die sie an der Georgetown University unter George Gamow anfertigte, schlug sie vor, dass die Galaxien im Universum nicht zufällig verteilt sind, sondern in Clustern vorkommen. Ein Hypothese, die erst Jahre später hoffähig wurde.
Später untersuchte Vera Rubin das Rotationsverhalten von Galaxien. Dabei fand sie heraus, dass Galaxien viel schneller rotieren, als sie es aufgrund ihrer sichtbaren Masse eigentlich sollten. Um nicht auseinander zu fliegen, müssten sie mindestens zehn mal mehr Masse enthalten, als wir an Materie von ihnen beobachten können. Das ließ sich nur durch die so genannte Dunkle Materie erklären. In den 1970er Jahren galten Vera Rubins Forschungen als stärkstes Indiz für die Existenz der Dunkle Materie. Ihre Arbeiten waren so grundlegend, dass einige namhafte Forscherinnen und Forscher sie als nobelpreiswürdig einstuften. Im Herbst 2019 erhielt James Peebles den Physiknobelpreis für Entdeckungen rund um die dunkle Materie. Da war Vera Rubin aber bereits seit beinahe drei Jahren verstorben. (Autorin: Felicitas Mokler)
Warum flog nach Walentina Tereschkowa (*1937) 19 Jahre keine Frau ins All? Tereschkowa kreiste im Juni 1963 an Bord des Raumschiffs Wostok-6 drei Tage lang um die Erde. Diese Premiere wurde der Öffentlichkeit im In- und Ausland bis zum Ende der Sowjetunion als ein Riesenerfolg dargestellt.
Erst Jahrzehnte nach ihrem Raumflug offenbarte die Veröffentlichung der Tagebücher des einstigen Chefs der Kosmonauten-Ausbildung, Nikolai Kamanin, weshalb nach Walentina Tereschkowa so lange keine russische Frau mehr flog: Der Flug der ersten Kosmonautin verlief alles andere als glatt. Die 26-Jährige litt während ihrer 48 Runden um die Erde unter den Folgen der Schwerelosigkeit, ließ das Kontrollzentrum darüber aber im Unklaren. Durch permanenten Schwindel und Übelkeit ignorierte sie viele Aufgaben oder erledigte sie nicht wie vom Flugplan gefordert.
Besonders die Landephase verlief kritisch, weil Walentina Tereschkowa in der Endphase der Landung jede Kommunikation mit der schweißgebadeten Crew im Kontrollzentrum unterließ. Der Chefkonstrukteur des Raketenprogramms, Sergei Koroljow, fluchte nach der Landung: „Nie wieder wird ein Weib in den Kosmos fliegen, nicht zu meinen Lebzeiten!“. Man verzieh „der ersten Frau im All“, feierte sie gebührend, dekorierte sie mit reichlich Orden. Doch eine zweite Frau flog erst 1982 ins All; mit Swetlana Sawizkaja war es wiederum eine Russin. (Autor: Stefan Oldenburg)
Sie steht für eine US-Raumfahrt, die ganz anders hätte ablaufen können: Mary Wallace “Wally” Funk (*1939) interessierte sich von Kindesbeinen an fürs Fliegen. Mit neun Jahren nahm sie ihre erste Flugstunde. Sie war äußerst sportlich und vertrat die USA sogar bei Wintersport-Wettkämpfen. Mit 19 Jahren hatte sie eine Pilotenlizenz. Und das Raumfahrtzeitalter brach eben erst an.
Wally versuchte es: 1961 wurde sie Mitglied der Mercury 13. In diesem privat finanzierten Programm wurden 13 Frauen genauso trainiert wie die ersten männlichen Astronauten des Mercury-Programms. Obwohl sie zu jung für das Programm war, sprachen ihre immensen Flugerfahrungen für sie und so durfte sie mit 21 Jahren als jüngstes Mitglied dabei sein. In etlichen der körperlichen Tests schnitt sie besser ab als der Testpilot John Glenn, der erste Amerikaner im Orbit. Doch kein Mitglied der Mercury 13 flog jemals ins All.
Wally Funk erkämpfte sich eine Karriere als Pilotin und Lehrerin für Testpiloten. Doch als die NASA schließlich Piloten für das Space Shuttle suchte, war es für sie leider zu spät. Erst 1995 steuerte NASA-Astronautin Eileen Collins als erste Frau das Shuttle. (Autor: Karl Urban)
Als die junge Astronomin Jocelyn Bell (*1943) im Sommer 1967 einen neuen Stapel Datenbögen unter die Lupe nimmt, sticht ihr ein ungewöhnliches Signal kurzer Radiopulse ins Auge, die sich mit großer Genauigkeit wiederholen. Ein halbes Jahr und viele Diskussionen und Beobachtungen später ist klar: Die 24-Jährige hat mit ihrem Zufallsfund keine Außerirdischen, sondern eine neue Klasse von Sternen entdeckt, deren Existenz Theoretiker bereits in den 1930er-Jahren vorhergesagt hatten: Neutronensterne. Gefunden war der erste Pulsar, gesucht waren Quasare, jene punktförmigen Radioquellen, die erst wenige Jahre zuvor entdeckt worden waren, und die sie für ihre Dissertation genauer kartieren wollte. Für diesen Zweck baute Jocelyn Bell zwei Jahre lang an einer monumentalen Antennenanlage, die sich über eine Fläche von zweieinhalb Fußballfeldern erstreckte.
Das Nobelkomitee würdigte die Entdeckung der Neutronensterne (Pulsare sind junge, schnell rotierende Neutronensterne) mit dem Nobelpreis für Physik im Jahre 1974. Allerdings ging die Entdeckerin selbst leer aus; ihr Doktorvater Antony Hewish teilte sich die Ehrung mit dem Radioastronomen Martin Ryle. Jocelyn Bell Burnell sah diese Entscheidung der Jury, anders als einige Kritiker, gelassen. Ein Jahr nach der Preisvergabe sagte sie: „Es […] würde es die Bedeutung des Nobelpreises herabsetzen, wenn er Forschungsstudenten vergeben würde, abgesehen von wirklich herausragenden Fällen, und dieser war in meinen Augen keiner.“
Jocelyn Bell Burnell hat seither viele andere Auszeichnungen erhalten und wurde die erste weibliche Präsidentin des „Institute of Physics“ und der „Royal Society of Edinburgh“. Erst jüngst war sie in den Medien präsent, weil sie das Preisgeld für den „Special Fundamental Physics Prize“, den sie 2018 erhielt, vollständig für die Vergabe von Stipendien an Physikerinnen und Physiker gespendet hat. Immerhin satte 3 Millionen Euro. Ein ausführlicher Artikel über Jocelyn Bell Burnell findet sich bei den Weltraumreportern. (Autor: Stefan Oldenburg)
Sie ist bei weitem nicht die einzige: Von vielen äußerst erfolgreichen Astrophysikerinnen der ehemaligen Sowjetunion hat es nur Swetlana Gerassimeno (*1945) zu internationaler Berühmtheit geschafft: Die gebürtige Tadschikin studierte bis 1968 an der Universität Kiew und brach ein Jahr später gemeinsam mit iIhrem Kollegen Klym Tschurjumow zu einer Forschungsreise nach Kasachstan auf. Sie beobachteten von dort den bereits bekannten Kometen 32P/Comas Solá. Erst nach ihrer Rückkehr entdeckte Tschurjumow einen unbekannten Lichtfleck auf einer Fotoplatte, den beide gemeinsam später noch auf weiteren Platten fanden: ein zuvor unbekannter Komet, der schließlich den Namen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko erhielt.
Viele sowjetische Astrophysikerinnen taten sich mit derartigen Entdeckungen hervor: Allein Lyudmila Zhuravleva entdeckte am Krim-Observatorium 213 Asteroiden und steht damit an 63. Stelle der erfolgreichsten Asteroidenentdecker überhaupt. Aber auch Tamara Smirnova (135 Asteroiden) oder Ljudmyla Karatschkina (131 Asteroiden) sollten hier erwähnt werden.
Doch nur den Namen Gerassimenko kennt vermutlich heute jedes Kind: Den von ihr entdeckten Kometen umkreiste ab August 2014 die ESA-Raumsonde Rosetta. Auf Einladung verfolgten im Oktober 2014 Swetlana Gerassimeno und Klym Tschurjumow vom Kölner Kontrollzentrum aus, wie Philae schließlich als erster Lander überhaupt auf ihrem Kometen aufsetzte. (Autor: Karl Urban)
In der anbrechenden Shuttle-Ära waren nicht mehr ausschließlich Kampfpiloten gefragt, wie noch während des Mondprogramms. Ingenieure und Naturwissenschaftler wurden gesucht. Sally Ride (1951–2012) setzte sich als Physikerin gegen 8000 Bewerber durch. Dann flog sie 1983 als erste Amerikanerin ins All, auf der siebten Mission des Space Shuttles.
Sie flog insgesamt zweimal. Während sie auf den dritten Einsatz trainierte, verunglückte 1986 die Challenger. Sally Ride wirkte in der untersuchenden Rogers-Kommission mit – als einzige Frau. Auch als 17 Jahre später die Columbia beim Wiedereintritt verglühte, war ihr kritischer Geist gefragt. Als einzige Person saß sie in beiden Kommissionen: „Ich höre hier ein kleines Echo“, sagte sie zwei Monate nach dem Columbia-Unglück von 2003, als sie fragwürdige Fehlentscheidungen des NASA-Managements erkannte, die sich bei beiden Unglücken ähnelten.
Sally arbeitete weiter als Physikerin und wurde 1989 Professorin an der University of California in San Diego, wo sie über freie Elektronenlaser forschte. Auch die Zukunft der NASA gestaltete sie mit: Im Ride-Bericht wurden 1987 wichtige Projekte der kommenden Jahrzehnte vorgeschlagen. Der Bericht bewirkte etwa grünes Licht für die Raumsonde Cassini-Huygens ins Saturnsystem.
Vor allem der Kampf gegen Stereotype kennzeichnete ihren Lebensweg. Sie setzte sich dafür ein, Jungen und Mädchen gleichermaßen für Raumfahrtthemen zu begeistern. Sie war überzeugt, dass die Tatsache, dass weniger Frauen technische Berufe ergreifen, kaum mit fehlendem Interesse zusammenhänge. Erst gesellschaftliche Normen bewirkten, dass sich die heranwachsenden Mädchen in einem solchen Umfeld unwohl fühlten. Sally Ride hat geholfen, das zu ändern. (Autor: Karl Urban)
Dank ihr wurde Malaysia ein weltraumbegeistertes Land: Als malaysische Gaststudentin war Mazlan Othman (*1951) die erste Frau, die an der neuseeländischen Universität Otago in Dunedin 1981 eine Doktorarbeit in Physik abschloss. Sie kehrte als erste Astrophysikerin Malaysias zurück. Sie schuf einen Lehrplan für Universitäten und machte die Astronomie in ihrem Land bekannter. Im Auftrag des Premierministers baute Mazlan Othman Anfang der 1990er Jahre zwei Planetarien auf. Als Gründungsdirektorin einer malaysischen Forschungsorganisation für den Weltraum entwickelte sie ein Programm für Kleinsatelliten. Dank ihres Engagements startete 2000 der erste malaysische Satellit Tiung-SAT mit einer russischen Rakete ins All.
Die Arbeit von Mazlan Othman hatte sich bis dahin international herumgesprochen – und sie machte Karriere: Zwischen 1999 und 2002 leitete sie das United Nations Office for Outer Space Affairs (UNOOSA), bevor sie wiederum als Direktorin zur neu gegründeten malaysischen Raumfahrtagentur wechselte. Dank ihrer Führung startete 2007 der erste malaysische Astronaut Sheikh Muszaphar Shukor ins All zur Internationalen Raumstation. Mazlan Othman kehrte nach einer zweiten Amtszeit als UNOOSA-Direktorin nach Malaysia zurück. Sie leitet seit 2017 die asiatisch-pazifische Abteilung des International Council for Science. Und sie kämpft weiter dafür, dass Entwicklungsländer ihre Chancen in der Raumfahrt nutzen. (Autor: Karl Urban)