Wiener Forschende züchten schlagende Mini-Herzen im Labor

WissenschaftlerInnen können im Labor sehr kleine Organe kultivieren. Sie dienen der Grundlagenforschung. Ein Team in Österreich hat nun das erste Herz mit vier Herzkammern gezüchtet und die ersten Herzschläge eines wachsenden Herzens beobachtet. Die WissenschaftlerInnen erforschen die Ursachen von Krankheiten.

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Schwer zu erklären: Diese wissenschaftliche Aufnahme zeigt die Herzkammern und das umgebende Herzgewebe. Die Zellen wurden dafür gefärbt.

Das Herz ist das erste Organ, das ein Embryo während der Schwangerschaft ausbildet. Der werdende Mensch misst nur etwa fünf Millimeter, da beginnt das Herz bereits zu schlagen. Die Wissenschaft kann diesen Meilenstein in der Entwicklung eines Kindes nun besser erforschen. Ein Team um Sasha Mendjan am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat im Labor das erste Miniaturherz gezüchtet. Das winzige, dreidimensionale Konstrukt verfügt über alle vier Herzkammern.

Doch ein Herz wäre kein Herz, wenn es nicht schlagen würde. Und es schlägt. „Tatsächlich breitete sich ein elektrisches Signal vom Vorhof in die linke und dann in die rechte Herzkammer aus – genau wie in der frühen fötalen Herzentwicklung bei Tieren“, erinnert sich Mendjan an die ersten Beobachtungen vor knapp zwei Jahren in Wien. „Diesen grundlegenden Prozess haben wir nun erstmals in einem menschlichen Herzmodell mit all seinen Kammern beobachtet“, sagt der 45-Jährige in einer Pressemitteilung zur Veröffentlichung der Ergebnisse im Fachmagazin Cell.

Organoide als kleine Modelle echter Organe

Die Mini-Herzen sind ein weiterer, wichtiger Erfolg in der Arbeit mit menschlichen Stammzellen. WissenschaftlerInnen weltweit können Gewebe von allen menschlichen Organen als Modell im Labor erzeugen. Diese Zellhaufen werden Organoide genannt. Einige Organoide bilden dabei nicht nur die Struktur ihrer Vorbilder, sondern entwickeln auch einen Teil ihrer Eigenschaften – so wie das Herz in Wien.

Diese Entwicklungen gehen zumeist auf die Arbeiten des Japaners Shinya Yamanaka zurück, der im Jahr 2012 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Er hat ein Verfahren entwickelt, mit denen gewöhnliche Zellen gezielt neu programmiert werden können. Lange Zeit war unbekannt, wie der natürliche Prozess abläuft, mit dem der menschliche Körper eine Zelle dazu bringt, sich wahlweise zu einer Haut-, Nerven- oder Herzzelle zu entwickeln und sich entsprechend zu verhalten. Yamanaka entdeckte 2005 eine Art Hormoncocktail, der die Zellentwicklung gezielt steuern und verändern kann.

Dieser Ansatz wurde weltweit von Tausenden Laboren aufgenommen und passend zu den einzelnen Zelltypen weiterentwickelt. An einigen Universitäten gehört die noch junge Technologie bereits zum praktischen Teil des Masterstudiums.

Blick auf eine Züchtung von Herzorganoiden in Wien. Auf viele winzigen Schalen nebeneinander sind die sich bildenden Mini-Herzen zu erkennen.
Die Forschergruppe in Wien bearbeitet bei der Herstellung der Herzorganoide meistens mehrere Zuchtversuche gleichzeitig. Das Foto zeigt die unterschiedlichen Ergebnisse, die Herzkammern sind cyan und grau gefärbt.

Recherche und Qualitätssicherung für diesen Beitrag wurden von der Riff freie Medien gGmbH aus Mitteln der Klaus Tschira Stiftung gefördert.

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