- RiffReporter /
- Wissen /
Wissenschaftspolitik unter Trump: Deutsche Hochschulen beobachten US-Entwicklung mit Sorge
Deutscher Wissenschaftsvertreter in USA: „Im Hochschulsektor herrscht große Verunsicherung“
Christian Strowa vertritt den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in den USA und leitet dessen Büro in New York. Er beobachtet die aktuellen Entwicklungen unter der Regierung Trump mit Sorge

Die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump hat Hochschulen und Wissenschaft besonders in den Fokus genommen – mit Budgetkürzungen, ideologischen Prüfungen, Anfeindungen und Maulkörben. Christian Strowa vertritt seit Mitte 2024 den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in den USA und leitet dessen Büro in New York. Der DAAD ist nach eigenen Angaben die weltweit größte Förderorganisation für den internationalen Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern.
Wie reagieren US-amerikanischer Universitäten auf die Wissenschaftspolitik der neuen US-Regierung?
Im Hochschulsektor insgesamt herrscht große Verunsicherung. Das betrifft Fragen der staatlichen Hochschul- und Forschungsfinanzierung, Visafragen, themen- und fachspezifische Fragestellungen – insbesondere in der Klimaforschung und im Bereich DEI, also diversity, equity and inclusion – sowie Fragen der Zusammenarbeit mit internationalen Wissenschaftspartnern. Die Universitäten reagieren darauf, indem sie mehr Mittel in Anwälte und juristische Beratung investieren sowie in die Lobbyarbeit in DC. Dieses Geld wird anderswo fehlen.
Drohen den Universitäten Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit?
Das allermeiste, was durch die Regierung Trump bislang angeordnet wurde, steht auf keinem soliden juristischen Fundament und ist nicht durch den Kongress verabschiedet worden. Das System zu überfluten und damit zu lähmen ist ja eine ganz bewusste Taktik der neuen Regierung, die im „Project 2025“ bereits skizziert wurde. Wir merken aber, dass aufseiten der Demokraten und auch an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Widerstand koordinierter zu formen beginnt. Die Demokraten haben kürzlich den Bipartisan Scientific Integrity Act in den Kongress eingebracht. In von Demokraten regierten Staaten wie Kalifornien gibt es erste Initiativen, um auf Bundesstaatenebene den präsidialen Anordnungen etwas entgegenzusetzen.
Mit welcher weiteren Entwicklung rechnen Sie?
Die USA sind weiterhin ein Rechtsstaat mit checks and balances und einer demokratischen Opposition, die sich allerdings noch nicht ausreichend koordiniert hat. Das liegt unter anderem an der Taktik der Republikaner und auch daran, dass weder der ehemalige Präsident noch seine Vizepräsidentin eine Führungsrolle in der Opposition übernehmen können. Die Verunsicherung wird erst einmal wachsen, das sehen wir beispielsweise am Einfrieren der Budgets. Das haben kürzlich zwar Gerichte wieder gestoppt, doch die Ankündigung wirkt sich dennoch auf Auswahlverfahren, Konferenzteilnahmen und wissenschaftliche Kooperations- und Projektvorhaben aus - und auf ganze Behörden und Ministerien. Letztendlich wird es da in Kürze zu einem Showdown kommen, der entscheidend für die nächsten Jahre sein wird: Können die Gerichte Executive Orders dauerhaft stoppen oder nicht?
Sind deutsch-amerikanische Kooperationen von dem neuen Kurs in Washington betroffen oder bedroht?
Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht konkret beantworten. Die deutsch-amerikanische Wissenschafts- und Hochschulkooperation war bisher auf allen Ebenen sehr intensiv.
Können Deutschland und die EU mit einer wachsenden Zahl von Forschenden rechnen, die sich aus den USA auf Positionen hier bewerben?
Max-Planck-Präsident Patrick Cramer hat kürzlich in einem Interview genau das bestätigt. Das gemeinsam von DAAD, Deutscher Forschungsgemeinschaft und Alexander-von-Humboldt-Stiftung eingerichtete Netzwerk GAIN, das in Nordamerika lebende und forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland vernetzt, wird hier künftig sicher eine noch bedeutsamere Rolle spielen. Hinzu kommt die steigende Attraktivität eines Studiums in Deutschland angesichts der stetig steigenden Studiengebühren in den USA.
Könnte der deutsch-amerikanische Austausch Schaden nehmen?
Es ist wichtig, dass weiterhin junge Menschen aus Deutschland in die USA kommen und hier als Studierende und Nachwuchsforschende Erfahrungen sammeln und dass umgekehrt junge Menschen aus den USA Studien- und Forschungserfahrung in Deutschland sammeln. Wenn uns jetzt – überspitzt formuliert – eine ganze Generation junger Menschen mit Transatlantik-Kompetenz wegbrechen sollte, fehlen uns in 10 bis 15 Jahren zentrale Brückenbauer in Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur. Die Förderung des transatlantischen Wissenschaftsaustauschs und die Festigung und Ausweitung bestehender Wissenschaftskontakte auch und gerade auf subnationaler Ebene sind aktuell also bedeutender denn je.