Australien steht still – Das Land leidet am Coronavirus-Koma

Der Südhalbkugelkontinent hat kaum neue Covid-19-Erkrankungsfälle. Die Grenzen bleiben dicht, auch solche, die es eigentlich nicht gibt.

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Eine Australische Flagge weht über einem Shoppingcenter vor blauem Himmel.

Sie denken, Reisen in Europa ist derzeit kompliziert? Möglich. Aber Australien übertrifft viele coronaviröse Grenz-Scharaden. Raus und rein kommt ohnehin niemand, jedenfalls nicht ohne Notfall oder triftigen Grund. Aber selbst innerhalb des Kontinents darf man sich nur graduell bewegen. Obgleich es dort eigentlich keine Grenzen gibt. Und auch kaum Covid-19.

Bis voraussichtlich 2021 dürfen Australier nur in belegbaren Notsituationen ihr Land verlassen und werden anschließend auch nur ungern wieder reingelassen: Richtig teure Flüge, und zwei Wochen Hotel-Quarantäne nach Wiedereinreise, gewürzt mit nachhaltigem Misstrauen der Nachbarn. Für Nicht-Australier gilt: Sie dürfen nur einreisen wenn sie Verwandte ersten Grades im big brown land haben und einen plausiblen Grund, die auch sehen zu müssen. Gemeinsamer Urlaub gilt nicht als Grund.

Doch diese kontinentale Regelung ist noch logisch und eindeutig im Vergleich zum inneraustralischen Corona-Wirrwarr. Sie möchten von New South Wales (NSW) nach Victoria? Von Melbourne nach Sydney reisen, zwischen den Großstädten mit den landesweit höchsten Infektionszahlen pendeln? Das geht klar, kein Problem! Kompliziert wird es rundum.

Südaustralien etwa: Küsten und Wüsten um die Landeshauptstadt Adelaide sind nur für Bewohner aus dem Northern Territory, Tasmanien und Westaustralien offen. Wer von anderswo einreist, muss 14 Tage in Quarantäne.

ein gelber und grüner Text [AI]
Die Werbekampagne soll zum Urlauben im eigenen Bundesland motivieren - in diesem Fall in Westaustralien.

Das neue Lieblingsmotto der australischen Tourismusbehörde “Holiday here this year” greift angesichts der Isolationsphase nicht so richtig. Denn die Juliferien dauern nur zwei Wochen. Das einzig Praktische an der Tourismuskampagne: Sie war nach der katastrophalen Waldbrandsaison initiiert worden, um das Reisen im eigenen Land zu beleben. Sie musste also nicht erst erfunden, sondern nur aus der Schublade gezogen und abgestaubt werden. Neu ist jetzt allerdings das jeweilige Landeslogo statt der eher nationalen Ermutigung, Das klingt dann etwas holpriger in etwa so: „Holiday here – in Western Australia – this year, my dear, aber nur wenn Du eh schon da bist …“

Ausnahme für Backpacker – den Melonen zuliebe

Der Nordosten jubelte Anfang Juni: Queensland is open for Queenslanders, ein Slogan, der eigentlich nur nach ausführlicher Hirnwäsche oder zu starker Sonneneinstrahlung wirklich verständlich ist. Er bedeutet: Für alle anderen Australier ist Queensland tabu. Widerstrebend willkommen sind Backpacker aus Europa und anderen Ländern der Welt: Besitzer der ‘Work & Travel Visa’ dürfen einreisen: allerdings nur wenn sie Obst und Gemüse ernten wollen und keine Angst vor Einreiseformularen und Papierkram haben. Landwirte und Plantagenbesitzer helfen ihnen hoffentlich beim Ausfüllen, denn ohne die jugendlichen Kräfte aus dem Ausland werden Millionen von Melonen, Pfirsiche, Mangos und Avocados dieses Jahr auf den Feldern verrotten.

Das Nordterritorium – mit keinem einzigen Corona-Toten und insgesamt nur 29 Infektionsfällen nicht wirklich ein hotspot – möchte genau das offenbar noch länger bleiben: Noch mindestens vier Wochen darf kein anderer Australier zur Tagung nach Darwin, zum Campen in den Kakadu-Nationalpark oder zu sonstigen Attraktionen des Bundeslandes. Schade, in dem an den Küsten subtropischen und im Landesinneren extra-heißen Bundesland ist es eigentlich nur jetzt im Südhalbkugel-Winter auszuhalten.

Ein Aufkleber auf dem Fussboden vor einem Schwimmbad erklärt, dass man Distanz halten soll und wo genau man stehen soll.
Auf Schritt und Tritt wird erklärt, wo und wie man sich bewegen soll: Aufkleber im Schwimmbad.
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