Tausende Stimmen gegen den Stillstand

Bundesweit fordern immer mehr Städter per Bürgerbegehren bessere Radwege

vom Recherche-Kollektiv Busy Streets:
6 Minuten
Eine mehrspurige Straße mit Stau. Ein Radfahrer schlängelt sich durch die Fahrzeuge.

Busy Streets – Auf neuen Wegen in die Stadt der Zukunft

Was für Autofahrer seit über 60 Jahren selbstverständlich ist, fordern nun auch immer mehr Radfahrer: Sie verlangen sichere, breite und zusammenhängende Wege durch ihre Stadt, auf denen sie einander überholen können, Stellplätze an Start- und Zielorten sowie Kreuzungen, die sie gefahrlos überqueren können und vieles mehr. In Darmstadt hat der Ingenieur David Grünewald mit seinem Team vom Radentscheid Darmstadt ein Bürgerbegehren gestartet, das mit seinem Sieben-Punkte-Plan diese Ziele zügig erreichen will.

Rund 3.400 Unterschriften brauchten die Aktivisten für das Bürgerbegehren, 11.200 haben sie im Mai der Stadt überreicht. Aber die grün-schwarze Koalition lehnte das Bürgervotum ab – nicht aus inhaltlichen, sondern aus formalen Gründen. Ihre Kritik: Mängel im Finanzierungsplan für den Bau und Umbau der Radinfrastruktur, den die Initiative ihrem Bürgerbegehren beifügen musste. Gegen diese Entscheidung hat Grünewald im September Klage eingereicht.

Darmstadt ist nur eine von rund zehn Städten, in der bereits Radentscheide laufen oder gerade vorbereitet werden. Mit dabei sind Hamburg, Frankfurt, Aachen, Stuttgart, München, Aachen, Kassel oder auch Bielefeld. Während Berlin auf Druck der Bürger nun zur Fahrradstadt umgebaut werden soll, hakt es zurzeit in Bamberg und Darmstadt bei der Umsetzung der Bürgerbegehren. Unterstützt werden die Aktivisten in allen Städten von den Initiatoren des Volksentscheids Fahrrad aus Berlin über ihren neuen Verein Changing Cities.

Die Berliner liefern den Initiativen die Vorlage für ihr Vorgehen. 2015 hatten sie mit einem Zehn-Punkte-Plan die Grundlage für ein sicheres und zusammenhängendes Radwegenetz in der Hauptstadt entwickelt. Innerhalb weniger Wochen sammelten sie kurz vor der Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses Unterschriften und erhielten 105.00 statt der 20.000 erforderlichen. Damit hatten sie die erste politische Hürde genommen und Radverkehr zum Wahlkampfthema in der Hauptstadt gemacht.

In den Koalitionsverhandlungen hat der rot-rot-grüne Senat für Berlin ein Mobilitätsgesetz beschlossen, das eigentlich ein Radgesetz ist. Es legt fest, dass Fahrräder und der öffentliche Nahverkehr zukünftig in der Verkehrsplanung oftmals Vorrang vor dem Autoverkehr erhalten. Dazu gehört, dass Unfallschwerpunkte entschärft werden, mehr und breitere Radwege gebaut und Falschparker regelmäßig kontrolliert werden. 51 Millionen Euro will Berlin ab 2019 jährlich in den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur investieren. Das Ziel steht fest: Berlin soll eine Fahrradstadt werden,


Mehrere Radfahrer fahren in Richtung Kamera auf einer gesicherten Spur. Auf dem Bürgersteig stehen weitere Menschen mit ihren Fahrrädern.
Sicher unterwegs: Auf Radwegen, die per Poller vom Autoverkehr getrennt sind, sind auch Kinder und Rentner sicher unterwegs.
Ein Gruppenportrait
Die Miglieder vom Volkentscheid Fahrad beim Auftakttreffen zum "Dialog Radverkehr" mit den Berliner Politikern, um das Radgesetz zu verhandeln. Evan Vosberg, Peter Feldkamp, Kerstin Stark, Heinrich Strössenreuther, Birgit Balzer, Denis Petri (von links)
Eine Fahrraddemonstration bei sonnigem Wetter. Mittendrin ein Mannschaftswagen der Polizei.
Immer wieder rief der Volksentscheid Fahrrad/Changing Cities in Berlin zu Demonstrationen auf
Auf einer Straße liegen Fahrräder. Dazwischen stehen Menschen mit Transparenten. Auf dem im Vordergrund steht "Radgesetz jetzt!"
Auch nach der erfolgreichen Unterschriftenaktion organisierte der Volksentscheid Fahrrad regelmäßige Demonstrationen und Mahnwachen.
Radfahrer fahren durch eine Allee, die nur für Radfahrer gekennzeichnet ist.
Wenn es nach den Radaktivisten geht, könnten Fahrradstrassen zukünftig so aussehen (Symbolbild).
Eine Szene in einer Fußgängerzone mit einem Stand des Radentscheids.
Am Anfang steht immer das Sammeln von Unterschriften wie hier in Darmstadt