Überlebenshilfe für Bienen: Blumensamen – aus dem Zigarettenautomaten
In Coburg lassen sich neuerdings Schachteln ziehen, deren Inhalt die Artenvielfalt von Insekten fördern soll. Summ-O-Mat nennt sich das umfunktionierte Gerät.
Früher befeuerte der Automat, der seit Ende Mai im nordbayerischen Coburg hängt, die Nikotinsucht von Feiernden. Damals hatte er als Zigarettenspender seinen Einsatz auf dem alljährlichen Samba-Festival. Doch jetzt mutierte der Automat zum „Summ-O-Mat“ – einem maschinellen Samenspender, der indirekt Bienen zum Tanzen und Summen verführen soll. Dabei müssen wir Menschen mithelfen: zwei Euro einwerfen, Wahltaste drücken und unten ein Päckchen mit Blumensamen entnehmen; dann hinein damit in die Erde und die Pflänzchen hegen.
Die Idee scheint zu fruchten. Nur zwei Tage nach seiner Einweihung war der Automat komplett leergekauft.
Es ist nicht der erste Ansatz, mittels origineller Geräte die Blüh-Vielfalt zu steigern. 2019 startete ein Dortmunder Handwerksmeister mit knallgelben Kaugummi-Automaten, von denen inzwischen laut bienenautomat.de bundesweit mehr als hundert hängen. Die dahinter stehenden Bienenretter und, jetzt neu in Coburg, Stefan Sauerteig als Klimaschutzbeauftragter des Stadtrates verfolgen die gleichen Ziele: Menschen zum Gärtnern zu animieren und für die Welt der Blumen, der Bienen sowie der großen biosphärischen Zusammenhänge zu faszinieren. Wenn dabei mehr Bienenvölker – und andere Insekten! – überleben, ist das umso besser.
Wichtig sind „regionale Mischungen“
Bleibt zu wünschen, dass das derzeitige Coburger Samensortiment, bestehend aus Erdbeeren, Minze und einer „Blühmischung“, den oberfränkischen Summern richtig guttun. Denn allzu beliebig darf wohl die Pflanzensaat nicht zusammengesetzt sein, um erfolgreich die Insektenvielfalt zu fördern. Nach Einschätzung des Naturschutzbunds (Nabu) läuft eine „Bienen-Förderung“ häufig ins Leere, sofern die ausgesäte Flora nicht regionalen Anforderungen entspricht. Oder sie gedeiht so gut, dass sie im Extremfall regionale Sorten verdrängt und damit die Pflanzenvielfalt beeinträchtigt.
Deswegen regt der Nabu dazu an, „regional erzeugte Sämereien sowie seltene alte Sorten“ zu beziehen und zu kultivieren. Coburgs Klimaschutzbeauftragter Stefan Sauerteig ist zuversichtlich, „das Angebot an Blüh- und Samenmischungen sowie die Anzahl der Automaten in den kommenden Jahren weiter ausbauen zu können“.Leser:innen seiner offiziellen Webseite macht er darauf aufmerksam, dass in unseren Supermärkten wohl zwei von drei Regalen leer wären, gäbe es keine Bienen mehr. Um das zu betonen, schlägt Sauerteig dramatischste Töne an:
Wenn die Stunde der letzten Biene geschlagen hat, dann schlägt auch die letzte Stunde der Menschheit.
Letztere kehrt in Coburg erst seit wenigen Tagen vom Corona-Lockdown sukzessive zurück in die Spur gewohnter Draußen-Aktivitäten. Stadt und Landkreis gehören zusammen mit dem benachbarten Südthüringen zu den Regionen, in denen die Covid-Inzidenzen noch bis Mitte Mai hartnäckig dreistellige Werte aufwiesen.
Das ist vorerst Vergangenheit. Trotzdem beschränkt sich Coburgs Internationales Samba-Festival dieses Jahr lediglich auf kleine Shows und Konzerte am zweiten Juli-Wochenende. Das große Samba-Schwirren fällt wohl aus. Aber im Kleinen sind vielleicht einige Tänzerinnen mehr unterwegs als in den letzten Jahren: Bienen, die anderen Sammlerinnen neue Nektarquellen anzeigen.