Achtung, Bisphenol A: Wie Sie die giftige Chemikalie in Lebensmitteln umgehen können
Viele schauen beim Einkaufen im Supermarkt gar nicht so genau hin – dabei lohnt sich meistens ein genauer Blick. So etwa bei Dosen. Ein simpler Code verrät Ihnen, ob giftige Chemikalien in Ihren Lebensmitteln stecken könnten. Eine Kolumne.
Vielleicht kochen Sie im Winter Ihre Tomatensoße – so wie ich – auch lieber mit konservierten Tomaten als mit den roten Früchten, die jetzt in den Supermärkten ausliegen, aber nach nichts schmecken. Auch viele Tomatensoße-Rezepte kommen nicht ohne die klassischen Dosentomaten aus. Kein Wunder! Die meisten Tomaten, die in den Konserven landen, sind von reichlich Sonne geküsst worden. Das sorgt für volle Aromen und diese machen – unabhängig von meinen und Ihren Kochkünsten – wirklich jede Soße besser.
Doch neben dem großartigen Geschmack kann noch etwas anderes aus den Dosen schnell auf Ihrem Teller landen: das Hormongift Bisphenol A, kurz: BPA. Wem das nicht behagt, der sollte wissen, was sich dahinter verbirgt und was Sie selbst tun können.
Was sich hinter dem Stoff Bisphenol A verbirgt
Die Chemikalie BPA gehört zu den weltweit am häufigsten verwendeten synthetischen Chemikalien. Die Industrie nutzt ihn, um Lebensmittelkontaktmaterialien aus Polycarbonat-Kunststoffen herzustellen und für Beschichtungen. BPA befindet sich zum Beispiel in Trink- und Sportflaschen, in Plastikdosen, in Haushaltsgeräten mit Kunststoffen wie Wasserkochern, in Mehrweg-Plastikgeschirr, und ebenso in Innenbeschichtungen von Konserven- und Getränkedosen.
Warum ich Dosen gänzlich von meiner Einkaufsliste gestrichen habe: Wir nehmen die Chemikalie vor allem über die Nahrung auf, Essen aus Konserven ist eine der Hauptquellen. Die Substanz kann aus der Dosenbeschichtung in das Lebensmittel übergehen. Wiederholte Tests von Verbraucherschützer:innen belegen dies. So hatte die Stiftung Warentest im April 2024 Lebensmittel-Konserven auf BPA untersucht, darunter Eintöpfe, Thunfisch, Kokos- und Kondensmilch sowie Gemüse. Das ernüchternde Ergebnis: 51 von 58 Produkten waren belastet.
Verhältnismäßig hohe BPA-Gehalte offenbarte der Test in Suppen und Eintöpfen. Zusätzliches Problem: Von ihnen isst man meist größere Portionen, nimmt damit bei belasteten Produkten also auch mehr BPA zu sich. Ökotest fand im Dezember 2024 die giftige Chemikalie sogar in Obstbrei-Gläschen für Babys.
In welchem Ausmaß die Chemikalie von der Verpackung in unsere Nahrung übergehen, hängt von Faktoren wie der Lagerdauer, -temperatur und Eigenschaften des Lebensmittels ab. BPA löst sich auch beim Erwärmen und Erhitzen aus Kunststoffen etwa über Mikrowellen-Plastikgeschirr. Hier können Sie als gesündere Alternative lieber auf Keramik oder Glas ausweichen.
Babybreie können Sie im Handumdrehen aus frischem Obst selbst machen – größere Portionen lassen sich gut einfrieren. Nicht unterschätzen sollten Eltern den Zuckergehalt in den Babygläschen im Handel. Denn auch wenn die Hersteller gerne damit werben, dass die Zutaten von Natur aus Zucker enthalten, kann ein Gläschen schon mal mehr acht Würfelzucker enthalten. Und auch Fruchtzucker, also Fruktose, ist kein besserer Zucker, weil er aus Früchten stammt. Das belegt die Wissenschaft eindrücklich. Zuviel Fruchtzucker trägt ebenfalls zu Übergewicht und Stoffwechselstörungen bei, kann Karies verursachen und – stärker als andere Zuckerarten – zu einer Fettleber führen.
Negative Auswirkungen für die Gesundheit: lieber nicht!
BPA sorgt schon seit Jahren für Schlagzeilen. 2023 hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zahlreiche neue Studien ausgewertet und kam zu dem Schluss, dass die Chemikalie bereits in sehr viel kleineren Mengen als bisher gedacht negativ auf die Gesundheit des Menschen wirken könnte. Sie legte die sogenannte tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) 20.000-mal niedriger als zuvor: auf 0,2 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hält diesen Wert jedoch für zu streng und empfiehlt einen TDI von 200 Nanogramm.
Ich finde: Sicherheit geht vor. Denn mit dem Stoff werden verschiede negative Folgen für die Gesundheit in Verbindung gebracht.
BPA kann das Hormonsystem stören und insbesondere in sensiblen Entwicklungsphasen von (ungeborenen) Kindern Schäden anrichten. Daher sollten auch Schwangere lieber auf Alternativen zu Plastik und Dosen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, setzen. Mögliche Folgen von BPA sind eine gestörte Geschlechtsentwicklung und Zeugungsunfähigkeit, es ist daher als reproduktionstoxisch der Kategorie 1b eingestuft. Außerdem kann Bisphenol A schädigend auf Leber, Niere und Brustdrüse wirken.
Und eine Studie aus den USA zeigte 2024, dass BPA die Empfindlichkeit gegenüber Insulin beeinträchtigen könnte. Das wiederum treibt den Blutzuckerspiegel in die Höhe und kann damit das Risiko erhöhen, an Typ-2-Diabetes zu erkranken.
Die Liste der schädlichen Auswirkungen wird nicht kürzer: BPA steht in Verdacht, das Immunsystem negativ zu beeinflussen. Das jüngste Verbot in der EU stützt sich eben genau auf eine wissenschaftliche Bewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, wonach Bisphenol A „potenziell schädliche Auswirkungen auf das Immunsystem“ haben kann.
Was sich für Verbraucher:innen jetzt ändert
BPA ist bereits seit 2011 EU-weit bereits für Säuglingsflaschen und ähnliche Erzeugnisse verboten.
Im Juni 2024 hatten die EU-Mitgliedsstaaten außerdem für ein Verbot des Stoffes in Lebensmittel-Verpackungen, die mit Lebensmitteln oder Getränken in Berührung kommen, gestimmt. Hersteller sollen demnach eine Übergangsfrist von 18 Monaten bekommen, um Bisphenol-freie Alternativen zu entwickeln. Laut einer Pressemitteilung der EU-Kommission gelten sehr begrenzte Ausnahmen.
Das Verbot umfasst auch andere Bisphenole, die reproduktions- und endokrinschädlich sind.
So erkennen Sie, welche Verpackung BPA-frei ist
Wer sichergehen will, dass kein Produkt mit BPA im Einkaufswagen landet, sollte in dieser Übergangszeit also genauer hinschauen. Auskunft über die Art des verwendeten Kunststoffs gibt der Recycling-Code Auskunft.
Dabei gelten die Recyclingcodes 2,4 und 5 als sicher, da sie BPA-frei sind (Polyethylen und Polypropylen). Verpackungsmaterial mit dem Recyclingcode 7 und nicht gekennzeichnete Kunststoffprodukte enthalten dagegen meist BPA – die sollten Sie sich also merken. Die Codes 1,3 und 6 stehen für Kunststoffe, die zwar kein Bisphenol A enthalten, aber unter Umständen andere hormonell wirksame Weichmacher.
Wem das zu umständlich ist oder wer grundsätzlich Plastik – aus Gründen! – reduzieren will, für den habe ich eine gute Nachricht. Es gibt Alternativen! Ich habe auf Ware in Glas umgestellt. Wer keine Zeit hat, seine Kichererbsen über Nacht einzuweichen oder eben eine schnelle Tomatensoße im Winter kochen möchte: greifen Sie beim Einkauf zum Glas.
Und lassen Sie den Kassenbon nach dem Bezahlvorgang lieber liegen. Zwar ist in Kassenbons BPA inzwischen verboten. Hier sind jedoch viele Hersteller auf Bisphenol S (BPS) und Bisphenol F (BPF) umgestiegen. Auch diese Bisphenole sind hormonell wirksam. Ich habe mir angewöhnt, weiße Papierbelege beim Einkauf abzulehnen. (In den blauen Kassenbons steckt keines der Bisphenole)
In diesem Sinne: lassen Sie es sich schmecken, am besten ohne giftige Chemikalien!
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